Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1094 - Der Mann aus Haiti

Titel: 1094 - Der Mann aus Haiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
an ihren Schenkeln herabrann.
    Das ist der Fruchtblasensprung, von dem Doktor McMahon gesprochen hat! dachte sie voller Panik. Dabei hatte ich bisher nur Vorwehen. Wieso platzt die Fruchtblase schon bei der ersten Eröffnungswehe?
    Der Schmerz verebbte allmählich, doch der Schreck über den überraschend frühen Fruchtblasensprung blieb.
    Eartha tippte ANTWORT SPEICHERN BIS AUF ABRUF! in ihren Terminal, dann berührte sie den Sensor, der die Verbindung zu McMahon herstellte.
    „Praxis Doktor McMahon!" sagte eine Computerstimme, dann leuchtete der Visiohonschirm auf, und das Abbild von Schwester Bea wurde sichtbar.
    „Hallo, Bella!" sagte Bea. „Wie weit sind wir denn?"
    „Eben war der Fruchtblasensprung!" stieß Eartha keuchend hervor, denn soeben fiel die Schmerzwelle der nächsten Wehe über sie her.
    „Immer mit der Ruhe, Kindchen!" erwiderte Bea beschwichtigend. „Es ist deine erste Geburt. Du hast noch ein paar Stunden Zeit."
    Eartha antwortete nicht gleich, denn Schmerz und Angst hielten sie in ihrem Bann, und sie merkte, wie ihr der Schweiß aus allen Poren ihres Körpers drang.
    „Wann war die erste Eröffnungswehe?" erkundigte sich Bea mit gerunzelter Stirn.
    „Vor höchstens einer Minute", sagte Eartha. „Kannst du dem Doc nicht sagen, er soll mal vorbeischauen, Bea?"
    „Glen macht gerade Hausbesuche. Er kommt nicht vor einer Stunde zurück. Möchtest du nicht doch in die Klinik? Ich könnte das schnell regeln."
    „Nein, Eric soll zu Hause geboren werden, nicht unter lauter Maschinen."
    Sie öffnete den Mund und preßte dann die Lippen aufeinander, als die nächste Wehe kam.
    „Schreien!" forderte Schwester Bea sie auf. „Du darfst noch nicht mitpressen. Die Eröffnungswehen mußt du passiv über dich ergehen lassen."
    Eartha schrie, bis der Schmerz nachließ.
    „So ist es gut", erklärte Bea. „Ich versuche, Glen unterwegs zu erreichen, damit er bei dir vorbeischaut und eventuell eine Schwester von der Frauenklinik anfordert, die bei dir bleibt, bis es soweit ist. Du legst dich am besten solange ins Bett!"
    „Aber der Doc hat gesagt..."
    „Ich weiß. Man soll während der Eröffnungswehen hin und her gehen. Aber bei dir braucht man nichts zu beschleunigen. Leg dich hin, aber ruf sofort wieder an, sobald du die Wehen als Preßwehen erkennst! Vorher sollte zwar eine kurze Ruhepause eintreten, aber ich weiß nicht, ob das bei dir auch so sein wird. Wahrscheinlich bist du eine der wenigen Glücklichen, bei denen die Geburt so schnell und glatt wie's Brezelbacken geht."
    Eartha lachte, hörte aber sofort wieder auf damit, als die nächste Wehe kam.
    Bea schaute nun doch besorgt drein.
    „Hinlegen, Bella!" sagte sie bestimmt. „Glen wird bald vorbeikommen. Ich mache ihm Dampf."
    Eartha wartete, bis die Schmerzen abgeklungen waren, dann schaltete sie das Visiphon aus, schlurfte ins Schlafzimmer und legte sich auf ihr breites Bett.
    Vom Nachttisch her verstrahlte der Blaue Kristall sein geheimnisvolles Leuchten. Sie hatte ihn dorthin gelegt, um einen erneuten Diebstahl und die Wiederholung jenes schrecklichen Ereignisses zu verhindern, für das sie ihn verantwortlich machte, obwohl es keine Anhaltspunkte dafür gab, daß er die Diebe in den Freitod getrieben haben könnte.
    Daran, daß die Wehen plötzlich einen anderen Charakter annahmen als bisher, erkannte Eartha, daß die Preßwehen der Austreibungsperiode eingesetzt hatten.
    Unwillkürlich preßte sie mit und vermied es, zu schreien.
    Als die erste Wehe vorbei war, atmete sie keuchend, dann rutschte sie in sitzende Haltung, wobei sie sich mit dem Rücken an das Kopfende des Bettes lehnte. Doktor McMahon war vergessen. Für Eartha existierten nur noch sie und das Kind, und sie wußte auch nicht mehr, daß sie erst vor knapp zehn Minuten mit Schwester Bea gesprochen hatte und daß die Eröffnungszeit mindestens einige Stunden dauern sollte.
    Bei der nächsten Preßwehe beherzigte sie alles, was McMahon ihr wieder und wieder erklärt hatte. Sie schloß den Mund, hielt den Atem an, beugte den Kopf nach vorn, zog die Beine an, bis ihre Knie den Leib berührten, und preßte bewußt mit.
    Auf ihrem Gesicht vermischten sich die Tränen des Schmerzes mit Schweiß, das Universum wurde zeitlos, und die Umwelt verschwamm zu vagen Erinnerungsfetzen.
    Manchmal tauchten Szenen, die sie mit Hirt erlebt hatte, vor ihrem geistigen Auge auf, manchmal waren es Szenen aus ihrer Prospektorenzeit.
    Dann wurde sie durch einen brutalen Schmerz in die Realität

Weitere Kostenlose Bücher