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1098 - Das brennende Gesicht

1098 - Das brennende Gesicht

Titel: 1098 - Das brennende Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fest, als er sie nach außen gedrückt hatte. Sein Gesicht blieb regungslos. Er zog die dicken Schuhe aus. Dann entledigte er sich auch seiner Kleidung und tat dies rein automatisch. Sein Gesicht blieb dabei ausdruckslos. Er wirkte wie jemand, der mit den Gedanken ganz woanders war.
    Durst hatte er nicht mehr. Das Brennen war geblieben. Er legt sich hin und ließ das Fenster offen. Nur den Vorhang hatte er vor die Scheibe gezogen.
    Ole Gatz konnte nicht schlafen. Er schaute zur Decke, die farblich Ähnlichkeit mit dem Himmel draußen aufwies. Seine Gedanken drehten sich um den Blackout. Er glaubte seinen Freund Jan Michels jetzt. Da fehlte ihm ein Stück Zeit. Und in dieser Spanne war er auf das Biikenfeuer zugelaufen, das sich einfach von selbst entzündet hatte.
    Wirklich von selbst?
    Ole war inzwischen skeptisch geworden. Nein, nicht bei dieser Kälte. Das war technisch unmöglich. Da mußte es einfach eine andere Erklärung geben.
    Die gab es.
    Es war das Gesicht!
    Ein schreckliches. Eine Fratze. Uralt. Etwas, das es eigentlich nicht geben konnte und durfte. Das aus irgendwelchen Tiefen hervorgekommen war, um das Holz zu entzünden. Ein unheimlicher und unheilvoller Spuk, der den Menschen Furcht einjagte und sie leider auch verändern konnte.
    Ole schluckte. Je länger er über seine Erlebnisse nachdachte, desto stärker spürte er die Aufregung. Er würde in dieser Nacht nicht mehr schlafen können. Morgen war der große Tag. Da fand das Biikenbrennen statt, und Ole fürchtete sich davor. Er konnte sich vorstellen, daß all die Feuer manipuliert waren. Daß plötzlich die Gesichter von toten Seeleuten, die sich damals in früheren Zeiten beim Auslaufen auf die Kraft der Biiken verlassen hatten und getäuscht worden waren, denn das Meer hatte sie verschlungen.
    Nun kehrten sie als Geister zurück. Grausam und schlimm. Sie wollten Rache nehmen. Sie wollten töten, verbrennen, warum auch immer. Menschen vernichten, die mit ihnen niemals zuvor etwas zu tun gehabt hatten. Leute wie Jan und mich, dachte Ole.
    Er schwitzte.
    Nein, das stimmte nicht. Ole glaubte nur, zu schwitzen. Tatsächlich war es etwas anderes. Er glühte und spürte die Glut und die Hitze in seinem Innern wie ein Feuer ohne Flammen. Diesmal kehrte der Durst nicht zurück, obwohl das Brennen blieb. Es hatte den gesamten Körper übernommen. Sogar an den Füßen spürte er die Hitze. Sie strich über die Zehen hinweg wie von einem Pinsel geführt.
    Er setzte sich hin.
    Sein Herz schlug schneller. Der Kopf glühte. Ole preßte die Hände gegen die Wangen, und jetzt spürte er die verdammte Wärme direkt. Er traute sich nicht, den schmalen Schrank zu öffnen, um in den Spiegel zu schauen, der innen hing.
    Panik und Angst erfaßten ihn. Er konnte keine Erklärung finden, aber er ging davon aus, daß etwas anderes in ihm steckte. Eine fremde Kraft, mit der er nichts anfangen konnte.
    Vielleicht sogar Feuer…
    »Nein, nein, nein!« Er hatte das Gefühl zu schreien, obwohl er die Worte nur geflüstert hatte. Aus seinen Augen flossen Tränen. Er hatte es nicht gewollt und glaubte, daß sie sich erwärmten, als sie an seinen Wangen entlangliefen.
    Ole schwankte. Wie ein Häufchen Elend saß er auf seinem Bett und wußte nicht, was er tun sollte. Im Zimmer fühlte er sich wie in einem Gefängnis. Etwas Fremdes steckte in ihm, und er war nicht in der Lage, dagegen anzukämpfen.
    Irgendwann stand er auf. Das Brennen hatte nicht nachgelassen.
    Im Gesicht empfand er es als besonders schlimm. Verzweifelt dachte er darüber nach, wie er sich von diesem Zustand befreien konnte.
    Er war nur ein Mensch. In diesen schlimmen Minuten kam es ihm besonders stark zu Bewußtsein.
    Nur ein Mensch…
    Er stand auf. Im Zimmer konnte er nicht bleiben. Er empfand es einfach als zu warm. Die Hitze schien sich hier gestaut zu haben.
    Seine Kleidung lag auf dem Stuhl. Hastig zog er sich an. Er wollte nach draußen, in die Kälte. Versuchen, sich abzukühlen, weglaufen, zum Watt hin. Mit Schnee einreiben, schreien, fluchen beten.
    Nahezu wütend riß er die Schranktür auf. Der Spiegel war lang und wenig breit. Er malte sich darin ab – und er sah sein Gesicht.
    Ole schrie nicht. Der Schreck hatte ihn stumm werden lassen. Er war es, den er sah, aber er sah aus wie jemand, der kurz davor stand, in Flammen aufzugehen. Sein Gesicht war rot angelaufen, als hätte das Feuer schon eine Spur hinterlassen. Er sah keine Flammen und spürte nur die Hitze in seinem Innern. Er brannte dort. Er

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