1099 - Der Werwolf und die Tänzerin
verwandelt. Gut ging es ihr noch immer nicht, aber sie würde sich erholen. Allein die Tatsache, daß sie versagt hatte und dieses Versagen ausgleichen mußte, gab ihr einen neuen Kraftstoß. So leicht würde sie es dem Werwolf und der Tänzerin nicht machen.
Ihre größte Sorge galt John Sinclair. Er hatte den Werwolf jagen wollen. Jane befürchtete, daß es ihm nicht gelungen und die Bestie schließlich stärker gewesen war.
Die Vorstellung, John Sinclair tot in den Kulissen oder auf der Bühne liegen zu sehen, bereitete ihr neue Angstzustände. Kalte und warme Schauer flossen über ihren Körper. Zugleich kämpften in ihr Wut und Hilflosigkeit. Auf nichts konnte sie sich mehr verlassen.
Die Zeit wurde ihr lang. Jane blieb nicht mehr sitzen. Sie kämpfte sich vom Hocker hoch, fand auch das Gleichgewicht und ging die ersten Schritte. Es klappte recht gut, auch wenn sie sich an der Kante des Garderobentisches festhalten mußte. Ihre Knie waren weich, die Füße schleiften über den Boden hinweg und das Spiegelbild sah sie noch immer verschwommen.
Für Jane stand fest, daß sie nicht aufgeben würde. Die Bestie und auch die Tänzerin mußten gejagt und gefunden werden. Sie hatten bestimmt Spuren hinterlassen, und auch der Auftraggeber würde ihr helfen müssen. Schließlich stammte er aus der eigenen Familie. Es war George Bishop, Madeleines Vater. Er hatte wissen wollen, mit wem sich seine Tochter herumtrieb, und er hatte Jane auch einige Informationen gegeben.
Später, nicht jetzt, obwohl die Zeit drängte. Aber sie mußte es zurückstellen. Zunächst war nur wichtig, daß sie lebte und auch John noch am Leben war.
Wann endlich traf Suko ein?
Sie schaute einige Male auf die Uhr. Mit jeder Minute, die verging, stieg ihre Nervosität, und sie atmete auf, als sie Geräusche hörte. Sie hatte Suko geraten, durch den Seiteneingang in das Gebäude zu gehen, und das hatte er auch getan. Er erschien nicht allein. Vier Uniformierte waren bei ihm.
Schon als er in der Tür stand, sah er mit einem Blick, daß es Jane Collins alles andere als gut ging.
Er wollte etwas für sie tun. Bevor er sie ansprechen konnte, winkte Jane mit beiden Händen ab.
»Bitte, sucht zuerst nach John. Wenn er hier ist, dann im Theater.«
Sukos Augen erhielten einen starren Blick. »Moment mal, Jane, glaubst du, daß er…«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Aber ich habe Angst um ihn. Es kann ihm etwas passiert sein, muß aber nicht.«
Der Inspektor wandte sich an seine vier Helfer. »Durchsucht das Theater. Seht zu, daß ihr Licht bekommt. Sagt mir Bescheid, wenn ihr ihn gefunden habt. Ihr findet mich zunächst hier.«
Die Kollegen brauchten nichts weiter zu hören. Sie wußten, daß es auf sie ankam und verschwanden.
Suko ging auf Jane zu, die sich gegen den Garderobentisch gelehnt hatte und dem Spiegel den Rücken zuwandte, als könnte sie ihren eigenen Anblick nicht ertragen.
»Was ist denn überhaupt passiert?«
»Wir sind reingelegt worden.«
»Das denke ich auch. Ging das so einfach?«
»Wie du siehst.« Jane fiel Suko in die Arme. »Ich kann nur hoffen, daß die Bestie ihn nicht getötet hat.«
»Es geht um einen Werwolf, wie du am Telefon schon kurz erwähnt hast.«
»Um ihn und um eine Frau, die Tänzerin ist.«
»Ich glaube, jetzt wäre es an der Zeit, wenn du mit genaueren Informationen herausrückst, Jane.«
»Klar.«
»Und wie geht es dir persönlich?«
Sie lächelte etwas verbissen. »Wenn ich ehrlich sein soll, ging es mir schon schlechter.«
»Aber auch besser.«
»Stimmt.«
Suko erfuhr jetzt die Einzelheiten und hörte gespannt zu. Janes Auftraggeber hieß George Bishop, ein recht vermögender Mann, der seine Tochter überwachen ließ. Jane hatte den Job angenommen, weil er erstens leicht aussah und zweitens gut bezahlt wurde. Später hatte sie ihre Meinung geändert und auch John Sinclair mit einbezogen.
»Dann wußtest du nicht von Beginn an, in welcher Gesellschaft sich diese Madeleine befand?«
»Nein, das habe ich nicht gewußt.«
»Wie bist du darauf gekommen?«
»Ich habe sie beobachtet.«
»Wo?«
Jane strich über ihre Stirn. »Hier im Theater. Ich war nicht zum erstenmal hier. Ich habe den Schatten gesehen. Ich habe ihn gehört, aber den echten Werwolf nicht gesehen. Sie kam am späten Abend hierher und übte.«
»Hast du ihn denn jetzt gesehen?«
»Nein. John wollte ihn suchen. Er muß ihn gefunden haben. Was dann passierte…«, Jane hob die Schultern, »entzieht sich leider
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