11 - Die Helden des Westens
Sir?“
„Nein.“
„Nun, zu Euch hat er doch jedenfalls mehr Vertrauen, als zu mir. Wenn er gegen Euch schweigt, so wird er gegen mich nicht mitteilsamer sein.“
„Mir scheint, Ihr sucht eine direkte Antwort zu umgehen?“
„Fällt mir nicht ein!“
„Er hält sich seit gestern von mir und Winnetou zurück, und Ihr reitet stets mit ihm. Ich habe geglaubt, daraus folgern zu müssen, daß er Euch zu seinem Vertrauten gemacht hat.“
„Ich sage Euch, daß Ihr Euch da sehr irrt, obwohl Ihr sonst ein außerordentlich scharfsinniger Mann seid.“
„Also hat er Euch wirklich nichts mitgeteilt, woraus zu folgern wäre, daß er etwas beabsichtigt, was ich nicht billigen könnte?“
„Alle Teufel! Ihr stellt da ja ein wirkliches Examen mit mir an. Bedenkt, Sir, daß ich kein Schulknabe bin! Wenn mir jemand über seine Familienverhältnisse und Herzensangelegenheiten eine Mitteilung macht, so bin ich nicht berechtigt, einem anderen darüber Rede zu stehen.“
„Gut, Master Jemmy! Das, was Ihr jetzt sagtet, war zwar eine Grobheit, hat aber seine Richtigkeit. Ich will also nicht weiter in Euch dringen und genau so tun, als ob ich nichts bemerkt hätte. Geschieht aber etwas, was einen von uns in Schaden bringt, so weise ich alle Verantwortlichkeit von mir ab. Wir sind fertig.“
Er wendete sich ab und ging, nicht nach dem Lager hin, sondern nach der entgegengesetzten Seite. Er hatte sich über Jemmy geärgert und wollte seinen Unmut durch einen kurzen Gang zur Ruhe bringen.
Der Dicke schlenderte langsam nach seinem Feuer hin und brummte dabei leise vor sich hin:
„Ein verteufelt scharfes Auge hat dieser Mann! Wer konnte meinen, daß er etwas gemerkt habe. Recht hat er, vollständig recht, und ich wollte, ich hätte ihm alles sagen können; aber ich habe mein Wort gegeben, zu schweigen, und darf es nicht brechen. Besser wäre es, ich hätte mich mit dieser Sache gar nicht abgegeben. Aber der kleine Bärenjäger wußte so schön zu bitten, und da ist mir altem, dickem Waschbären das Herz mit dem Verstand davongelaufen. Na, hoffentlich nimmt die Angelegenheit ein gutes Ende!“
Als Old Shatterhand sich vorhin vom Feuer entfernt hatte, war von den Zurückbleibenden ein leises Gespräch über denselben Gegenstand geführt worden.
„O weh!“ hatte der lange Davy dem Sohne des Bärenjägers zugeflüstert. „Da geht Shatterhand fort! Wohin?“
„Wer weiß es!“
„Ich bin es vielleicht, der es weiß. Mir scheint, er hat gar nicht geschlafen. Wenn einer in dieser Weise aufsteht, so ist er nicht aus dem Schlaf erwacht. Er hat uns wohl gar beobachtet.“
„Warum sollte er das? Wir haben ihm ja keine Veranlassung zum Mißtrauen gegeben.“
„Hm! Ich freilich nicht, aber Ihr. Ich habe mich sehr wohl gehütet, viel mit Euch zu reden, wenn ich wußte, daß er es bemerken könne. So auch vorhin. Jemmy aber hält sich so unausgesetzt zu Euch, daß ein jeder annehmen muß, daß Ihr irgendeine Heimlichkeit mit ihm habt. Auch Old Shatterhand ist es wohl aufgefallen. Nun ist er dem Jemmy nach und wird sehen, daß dieser unsere Pferde anpflockt, damit wir sie nachher, wenn wir uns fortschleichen wollen, nicht lange Zeit zu suchen brauchen. Wenn er das wirklich sieht, so ist unsere Absicht mehr als halb verraten!“
„Ich werde sie dennoch ausführen!“
„Ich habe Euch gewarnt und warne Euch auch noch jetzt!“
„Aber bedenkt doch, mein lieber Davy, daß es mir ganz unmöglich ist, noch volle drei Tage zu warten! Ich sterbe vor Sorge um den Vater.“
„Old Shatterhand hat Euch aber doch erklärt, daß die Gefangenen noch leben müssen!“
„Er kann sich sehr leicht irren.“
„So können wir es auch nicht ändern.“
„Aber ich habe Gewißheit und kann mich danach richten. Wünscht Ihr etwa, daß ich Euch Euer Wort zurückgebe?“
„Besser für mich wäre es vielleicht.“
„Das sagt Ihr, dem ich ein so großes Vertrauen geschenkt habe“, bemerkte Martin in vorwurfsvollem Ton. „Habt Ihr denn vergessen, daß Ihr und Jemmy die ersten wart, welche mir ihre Hilfe anboten. Nun aber kann ich mich nicht mehr auf euch verlassen.“
„Zounds! Das ist ein Vorwurf, den ich nicht auf mir sitzen lassen darf. Ich habe mich von meiner Zuneigung zu Euch hinreißen lassen, Euch das Versprechen zu geben, und Ihr sollt mir nicht nachsagen, daß ich es nicht halte. Ich reite also mit; aber ich mache eine Bedingung!“
„Laßt hören! Ich erfülle sie, wenn es mir möglich ist.“
„Wir belauschen die
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