11 - Die Helden des Westens
erretten!“
Er wollte eiligst fort, hin zu den Pferden.
„Halt!“ befahl ihm Old Shatterhand. „Du bleibst! Du darfst zu der ersten Dummheit nicht noch eine zweite fügen, welche noch größer sein würde.“
„Aber Masser Bob doch müssen retten sein lieb gut Massa Martin!“ rief der treue Schwarze. „Masser Bob schlagen tot all ganz Sioux-Ogellallah!“
„Ja, so wie du zum Beispiel auch den Bären totschlugst, als du vor Angst auf die Birke klettertest.“
„Ogellallah sein kein Bär. Masser Bob sich nicht fürchten vor Ogellallah!“
Er streckte seine großen Fäuste drohend aus und machte eine Miene, als ob er gleich zehn Ogellallah verschlingen wolle.
„Nun gut, ich will es einmal mit dir versuchen, weil du deinen jungen Herrn so liebst. Mache dich bereit, in wenigen Minuten mit uns zu reiten!“
Und zu Winnetou, bei welchem jetzt der Häuptling der Upsarokas und der Häuptling der Schoschonen mit Moh-aw, seinem Sohne, standen, fuhr er fort:
„Mein Bruder wird den Ritt fortsetzen und mich am K'un-tui-temba, dem ‚Maule der Hölle‘, erwarten. Mit mir aber werden reiten die fünfzehn Krieger der Upsarokas mit ihrem Häuptling und Moh-aw mit fünfzehn Kriegern der Schoschonen. Wir müssen diesen fünf vorwitzigen Menschen augenblicklich folgen, um sie zu retten, wenn sie sich in Gefahr befinden. Wann wir dem Häuptling der Apachen folgen werden, das weiß ich nicht. Auch kann ich nicht vorher bestimmen, von welcher Seite ich nach dem ‚Maule der Hölle‘ kommen werde. Mein Bruder mag nach beiden Seiten Männer senden, welche aufzupassen haben, denn es ist nun möglich, daß die Sioux eher am Grabe der Häuptlinge sind als ich mit meinen Kriegern.“
Nur wenige Minuten später galoppierte Old Shatterhand mit seinen Begleitern in derselben Richtung fort, in welcher die fünf Unvorsichtigen gestern abend das Lager verlassen hatten. Ob, wo, wann und unter welchen Umständen er sie einholen werde, das konnte er freilich nicht wissen.
Sie hatten natürlich einen weiten Vorsprung vor ihm. Der Ritt war zwar wegen der Nacht und ihrer Unbekanntschaft mit dem Terrain nur langsam vorwärts gegangen, aber dennoch lag bei Anbruch des Tages der Yellowstonesee bereits in bedeutender Entfernung hinter ihnen, und nun konnten sie die Pferde besser ausgreifen lassen.
Jemmy und Davy fühlten sich heute ganz in ihrem Element. Sie waren diejenigen, auf welche sich die drei anderen verlassen mußten, während in letzter Zeit nur wenig nach ihren Meinungen gefragt worden war. Und wenn sie die Gegend, in welcher sie sich befanden, auch gar nicht kannten, so verließen sie sich auf ihre Erfahrung und Gewandtheit und waren völlig überzeugt, daß ihr Rekognitionsritt einen guten Ausgang finden würde.
Zu sehen gab es, als es hell geworden war, genug, ja mehr, als für den Zweck ihres Rittes eigentlich nützlich war. Die Szenerie des Flusses und seiner Ufer war eine so außerordentlich interessante, daß es keinem von ihnen gelang, die Ausrufe der Bewunderung, welche ihnen über die Lippen wollten, zurückzuhalten.
Das Tal des Flusses war zunächst ziemlich breit und bot zu beiden Seiten reiche Abwechslung. Bald stiegen die Höhen allmählich herab zu den Ufern, und bald strebten sie steil an zum Himmel empor; aber mochte die Formation sein, welche sie wollte, allüberall machten sich die Wirkungen unterirdischer Gewalten geltend.
Vor wer weiß wie vielen Menschheitsaltern ist diese Gebirgsregion ein See gewesen, welcher einen Flächenraum von vielen tausend Quadratmeilen gehabt hat. Dann begannen unter seinen Wassern vulkanische Mächte ihre Tätigkeit. Es hob sich der Boden; er spaltete sich, und aus diesen Spalten schoß glühende Lava hervor, welche im kühlen Wasser des Sees zu Basalt erstarrte. Es öffneten sich ungeheure Krater; heißes Gestein wurde aus ihnen emporgetrieben und verband sich mit anderen Mineralien zu verschiedenartigen Konglomeraten, um den Boden zu bilden, auf welchem die zahlreichen heißen Mineralquellen ihre Niederschläge ablagern konnten. Dann hob eine gewaltige Ansammlung unterirdischer Gase mit unmeßbarer Gewalt den ganzen Boden dieses Sees empor, so daß seine Wasser abfließen mußten. Sie rissen tiefe Rinnen in die Erde. Loses Erdreich und weiches Gestein wurden fortgespült. Kälte und Wärme, Sturm und Regen halfen mit, alles, was nicht Widerstand zu leisten vermochte, zu zerstören, zu entfernen, und nur die harten, erstarrten Lavasäulen hielten aus.
So grub sich das
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