11 - Die Helden des Westens
freundlichen Augen zu Frank herüber und fragte:
„Wie? Ein Deutscher bist du? Ist's wahr?“
„Jawohl! Natürlich! Siehst du mir denn das nicht sofort an?“
„Nein. Du sprichst das Englische nicht wie ein Deutscher und hast ganz genau das Aussehen eines Yankee-Onkels, welcher von seinen sämtlichen Neffen zum Fenster hinausgeworfen worden ist.“
„Heavens! Was fällt dir ein! Ich bin ein Deutscher durch und durch, und wer das nicht glaubt, dem renne ich die Flinte durch den Leib!“
„Dazu genügt das Messer auch. Aber wenn es so ist, so wird der alte Helmers sich freuen, denn er stammt auch von drüben herüber und hält gar große Stücke auf sein Vaterland und seine Muttersprache.“
„Das glaube ich! Ein Deutscher kann beide nie vergessen. Nun freue ich mich doppelt, nach Helmers Home zu kommen. Eigentlich konnte ich mir denken, daß er ein Deutscher ist. Ein Yankee hätte sein Settlement Helmers Range oder so ähnlich genannt; aber Helmers Home, dieses Namens wird sich nur ein Deutscher bedienen. Wohnst du in seiner Nähe?“
„Nein! Ich habe weder eine Range noch eine Home als mein Eigentum. Ich bin wie der Vogel in der Luft oder wie das Tier im Wald.“
„Also ein armer Teufel?“
„Ja!“
„Trotz deiner Jugend! Hast du keine Eltern?“
„Keinen einzigen Verwandten.“
„Aber einen Namen besitzt du!“
„Ja freilich. Man nennt mich Bloody-Fox.“
„Bloody-Fox? Das deutet auf ein blutiges Ereignis.“
„Ja, meine Eltern wurden mit der ganzen Familie und der sämtlichen Gesellschaft ermordet, drin im Llano estacado; nur ich allein bin übriggeblieben. Man fand mich mit klaffendem Schädel. Ich war ungefähr acht Jahre alt.“
„Herrgott! Dann bist du wirklich das, was ich sagte, ein armer Teufel. Man überfiel euch, um euch auszurauben?“
„Ja, natürlich.“
„So rettetest du nichts als das Leben, deinen Namen und die schreckliche Erinnerung!“
„Nicht einmal das. Helmers fand mich im Kaktus liegen, nahm mich auf das Pferd und brachte mich heim zu sich. Ich habe monatelang im Fieber gelegen, und als ich erwachte, wußte ich nichts mehr, gar nichts mehr. Ich hatte selbst meinen Namen vergessen, und ich kann mich selbst heute noch nicht auf denselben besinnen. Nur der Augenblick des Überfalls ist mir klar im Gedächtnis geblieben. Ich wäre glücklicher, wenn auch das mir entschwunden wäre, denn dann würde nicht das heiße Verlangen nach Rache mich wieder durch die schreckliche Wüste peitschen.“
„Und warum hat man dir den Namen Bloody-Fox gegeben?“
„Weil ich über und über mit Blut bedeckt gewesen bin und während meiner Fieberphantasien oft den Namen Fuchs genannt habe. Man hat daraus schließen zu müssen geglaubt, daß er der meinige sei.“
„So wären deine Eltern also Deutsche gewesen?“
„Jedenfalls. Denn ich verstand, als ich wieder zu mir kam, kein englisches und auch kein deutsches Wort. Ich konnte mich überhaupt gar keiner Sprache bedienen. Aber während ich das Englische eben langsam lernte, wie einer, der es noch nicht kann, wurde mir das Deutsche so schnell, ja so plötzlich geläufig, daß ich es unbedingt schon vorher gesprochen haben mußte. Helmers ist mir wie ein Vater gewesen. Er wohnte damals noch nicht in seinem jetzigen Settlement. Aber es hat mich nicht bei ihm gelitten. Ich habe hinaus gemußt in die Wildnis wie der Falke, dem die Geier die Alten zerrissen haben, und der nun um die blutige Stätte kreisen muß, bis es ihm gelingt, auf die Mörder zu stoßen. Sein scharfes Auge muß und wird sie entdecken. Mögen sie hundertmal stärker sein als er, und mag er sein Leben geben müssen, er wird es gern verlieren, denn sein Tod wird auch der ihrige sein!“
Er knirschte hörbar mit den Zähnen und nahm sein Pferd so scharf in die Zügel, daß es hoch empor stieg.
„So hast du die Schmarre auf der Stirn von damals her?“ fragte Frank.
„Ja“, antwortete er finster. „Doch, sprechen wir nicht weiter davon! Es regt mich zu sehr auf, und dann müßt ihr gewärtig sein, ich stürme von euch fort und lasse euch allein nach Helmers Home reiten.“
„Ja, sprechen wir lieber von dem Besitzer desselben. Was ist er denn drüben im alten Lande gewesen?“
„Forstbeamter. Ich glaube, Oberförster.“
„Wie – wa – wa – was!“ rief Frank. „Ich auch!“
Bloody-Fox machte eine Bewegung der Überraschung, betrachtete sich den Sprecher abermals genau und sagte dann:
„Du auch? Das ist ja ein höchst erfreuliches
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