11 - Die Helden des Westens
Einzelreihe folgten, ihre Waffen auf einen Haufen zusammenlegten und dann still zurücktraten. Damit erklärten sie ohne alle Worte, daß sie es für unmöglich hielten, sich selbst durch den tapfersten Widerstand zu retten.
Die Beredsamkeit Old Shatterhands und Winnetous hatte diesen Sieg errungen. Die Sioux standen mit gebeugten Häuptern und betrübten Mienen da. Der Schlag war plötzlich und so gewaltig über sie gekommen, daß sie sich von ihm betäubt fühlten.
Jetzt nun trat Jemmy hervor und erzählte Old Shatterhand von seiner Rede und ihrer Wirkung. Der Deutsche drückte ihm dankbar die Hand. Er war hoch erfreut darüber und rief den Ogellallah zu:
„Die Krieger der Sioux haben uns ihre Waffen übergeben, weil ich ihnen versprach, daß ihr Leben geschont werden solle. Die Bleichgesichter, Schoschonen und Upsaroka wollen ihnen noch mehr schenken als nur das Leben. Der ‚Schwere Mokassin‘ ist tot und mit ihm die beiden Krieger, welche sich an Wohkadeh und dem Sohn des Bärenjägers vergriffen. Das mag genug sein. Die Krieger der Ogellallah mögen ihre Waffen zurücknehmen; ihre Pferde werden wir ihnen suchen helfen. Es soll Friede sein zwischen ihnen und uns. Wir wollen dort am Grab der Häuptlinge mit ihnen der Toten gedenken, welche vor Sonnen von meiner Hand gefallen sind. Das Beil des Krieges mag zwischen ihnen und uns vergraben werden. Dann verlassen wir den Fluß des Feuerloches, um zurückzureiten nach ihren Jagdgründen, wo sie erzählen können von guten Menschen, welche es verschmähen, ihre Feinde zu töten, und von dem großen Manitou der Weißen, dessen Gebot es ist, daß seine Kinder sogar ihre Feinde lieben sollen!“
Die Sioux waren ganz starr vor Erstaunen über die glückliche Wendung ihres Schicksals. Sie getrauten sich kaum, daran zu glauben; als sie aber ihre Waffen zurückerhielten, stürmten sie voller Dankbarkeit auf den berühmten Jäger zu.
Auch der Medizinmann gab sich bald zufrieden, als er erfuhr, daß alle geraubten Medizinen noch vorhanden seien. Sie wurden den Upsaroka zurückgegeben.
Die Pferde hatten sich nicht weit entfernt. Es war leicht, sie einzufangen. Dann wurden die beiden von Old Shatterhand erschossenen Sioux herbeigeholt und in der Nähe der Häuptlinge begraben.
Der Tag wurde mit ernsten Leichenfeierlichkeiten verbracht, und dann verließen die Leute das ungesunde Tal, um den gesünderen Wald aufzusuchen, in welchem man sich von den gehabten Anstrengungen erholen wollte.
Als dann am Abend die Lagerfeuer brannten und Freunde und Feinde versöhnt beieinander saßen, um sich befriedigt über die erlebten Abenteuer zu unterhalten, sagte Frank zu Jemmy:
„Das Beste von unserem Drama is der Schluß. Vergeben und vergessen. Ich bin mein Lebtage keen großer Freund von Mord und Totschlag gewesen, denn ‚was du nich willst, daß man dir tu, das trau ooch keenem andern zu und laß den armen Wurm in Ruh, denn er fühlt's grade so wie du!‘ Wir haben gesiegt; wir haben den Göttern gezeigt, daß wir Helden sind, und nun bleibt nur noch eens zu tun. Wollen Sie?“
„Ja, was denn?“
„Was sich liebt, das neckt sich. Wir haben uns schtets nur deshalb gekampelt, weil wir uns eegentlich von Herzen gut sind. Wollen uns also unsere Liebe geschtehen und Brüderschaft miteinander machen. Da, schlag ein, alter Schwede! Topp?“
„Ja, topp, topp und zum drittenmal topp!“
„Schön! Jetzt bin ich befriedigt und weeß, daß der Heemritt ohne Schtörung unserer sympathetischen Disharmonie schtattfinden wird. Endlich, endlich is er in Erfüllung gegangen, der schöne Versch aus der Freude, schöner Götterfunken:
Deine Zauber binden wieder,
Was der Unverschtand geteelt;
Frank und Jemmy sind nun Brüder;
Unsre Feindschaft ist geheelt!“
ZWEITER TEIL
Der Geist des Llano estacado
ERSTES KAPITEL
Bloody-Fox
Zwei Männer kamen am Wasser dahergeritten, ein Weißer und ein Neger. Der erstere war sehr eigentümlich gekleidet. Er trug indianische Schuhe und Lederhosen, dazu einen einst dunkelblau gewesenen, jetzt aber sehr verschossenen Frack, mit Patten, hohen Achselpuffen und blank geputzten Messingknöpfen. Die langen Schöße hingen flügelartig rechts und links an den Seiten des Pferdes hernieder. Auf dem Kopf saß ein riesiger, schwarzer Amazonenhut, welchen eine gelb gefärbte, unechte Straußenfeder schmückte. Bewaffnet war der kleine, schmächtige Mann mit einer Doppelbüchse, welche ihm über die Schulter hing, mit einem Messer und zwei Revolvern, die er im
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