11 - Die Helden des Westens
seine Hüften und hing an seiner linken Seite herab. In dieser Schärpe steckten ein Bowiemesser und zwei mit Silber ausgelegte Pistolen. Quer vor sich auf den Knien hielt er eine schwere, doppelläufige Kentuckybüchse, und vorn zu beiden Seiten des Sattels waren nach mexikanischer Weise Schutzleder angebracht, um die Beine zu bedecken und vor Pfeilschüssen oder Lanzenstößen zu bewahren.
Sein Gesicht war von der Sonne tief gebräunt und trotz seiner Jugend von Wind und Wetter gegerbt. Von der linken Seite der Stirn ging ihm eine blutrote, zwei Finger breite Wulst quer bis auf das rechte Auge herab. Das gab ihm ein äußerst kriegerisches Aussehen. Überhaupt machte er keineswegs den Eindruck eines jungen, unerwachsenen und unerfahrenen Menschen. Die schwere Büchse so leicht in der Hand, als ob sie ein Federkiel sei, das dunkle Auge groß und voll auf die beiden gerichtet, saß er stolz und fest wie ein Alter auf dem Pferd, welches sich unter ihm nicht bewegen zu können schien.
„Good day, my boy!“ grüßte Frank. „Bist du in dieser Gegend bekannt?“
„Very well“, antwortete er, indem er ein leises, ironisches Lächeln sehen ließ, wohl darüber, daß der Frager ihn du genannt hatte.
„Kennst du Helmers Home?“
„Ay!“
„Wie lange reitet man noch bis hin?“
„Je langsamer, desto länger.“
„Zounds! Du scheinst sehr kurz angebunden zu sein, mein Junge!“
„Weil ich kein Mormonenpfarrer bin.“
„Ach so! Dann entschuldige! Du zürnst mir wohl, daß ich dich du genannt habe?“
„Fällt mir nicht ein! Mit der Anrede mag es ein jeder halten, wie er will, nur muß er sich dann auch die meinige gefallen lassen.“
„Schön! So sind wir also einig. Du gefällst mir sehr. Hier ist meine Hand. Nenne mich auch du, und antworte mir nun aber, wie es sich schickt und gehört. Ich bin hier fremd und muß nach Helmers Home. Hoffentlich zeigst du mir nicht einen falschen Weg.“
Er reichte dem Jüngling die Hand hinüber. Dieser drückte sie ihm, überflog Frack und Amazonenhut mit einem lächelnden Blick und antwortete:
„Ein Schuft, wer andere in die Irre führt! Ich habe es an mir erfahren! Ich reite soeben nach Helmers Home. Wenn ihr mir folgen wollt, so kommt!“
Er setzte sein Pferd wieder in Bewegung, und die beiden folgten ihm, vom Bach abbiegend, so daß der Ritt nunmehr nach Süd gerichtet war.
„Wir wären dem Wasser gefolgt“, bemerkte Frank.
„Es hätte euch auch zu dem alten Helmers geführt“, antwortete der Knabe, „aber in einem sehr weiten Bogen. Anstatt in drei Viertelstunden wäret ihr in zwei Stunden bei ihm angekommen.“
„So ist es ja sehr gut, daß wir dich getroffen haben. Kennst du den Besitzer dieses Settlements?“
„Sogar sehr gut.“
„Was ist er für ein Mann?“
Die beiden Reiter hatten ihren jungen Wegweiser in die Mitte genommen. Er warf einen forschenden Blick auf sie und antwortete:
„Wenn ihr kein gutes Gewissen habt, so geht nicht zu ihm, sondern kehrt lieber um.“
„Warum?“
„Er hat ein sehr scharfes Auge für jede Schuftigkeit und hält sehr streng auf ein reines Haus.“
„Das gefällt mir von dem Mann. Wir haben also nichts von ihm zu fürchten?“
„Wenn ihr brave Kerls seid, nein. Dann ist er ganz im Gegenteil euch zu jedem Dienst erbötig.“
„Ich höre, daß er einen Store führt?“
„Ja, aber nicht um des Gewinnes halber, sondern nur um den Westmännern, welche bei ihm verkehren, gefällig zu sein. Er führt in seinem Laden alles, was ein Jäger braucht, und er verkauft es zum billigstmöglichen Preis. Aber einer, der ihm nicht gefällt, wird für teures Geld nichts von ihm erhalten.“
„So ist er ein Original?“
„Nein, aber er bemüht sich auf alle Weise, jenes Gelichter von sich fernzuhalten, welches den Westen unsicher macht. Ich brauche ihn Euch gar nicht zu beschreiben. Ihr werdet ihn schon kennenlernen. Nur eins will ich noch von ihm sagen, was Ihr freilich nicht verstehen und worüber ihr sogar wohl lachen werdet: Er ist ein Deutscher von echtem Schrot und Korn. Damit ist alles gesagt.“
Frank stand in den Bügeln und rief:
„Was? Das soll ich nicht verstehen? Darüber soll ich sogar lachen? Was fällt dir ein! Ich freue mich sogar königlich darüber, hier am Rande des Llano estacado einen Landsmann zu finden.“
Das Gesicht des Führers war ein sehr ernstes; selbst sein zweimaliges Lächeln war so gewesen, als ob er wirklich zu lachen gar nicht verstehe. Jetzt blickte er mit milden,
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