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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinter Euch?“
    „Ritt?“ antwortete der Mann, indem er fast den halben Inhalt des Glases hinuntergoß. „Habt Ihr keine Augen? Oder vielmehr, habt Ihr zu viele Augen, so daß Ihr seht, was gar nicht vorhanden ist. Wer reitet, muß doch ein Pferd haben?“
    „Gewiß.“
    „Nun, wo ist denn das meinige?“
    „Jedenfalls da, wo Ihr es gelassen habt.“
    „Válgame Dios! Ich werde doch mein Pferd nicht dreißig Meilen weit zurücklassen, um bei Euch einen Brandy zu trinken, der nicht für den Teufel taugt!“
    „Laßt ihn im Glase, wenn er Euch nicht schmeckt! Übrigens besinne ich mich nicht, von dreißig Meilen gesprochen zu haben. So wie Ihr hier vor mir sitzt, seid Ihr ein Mann, der jedenfalls ein Pferd hat. Wo es steht, das ist nicht meine Sache, sondern die Eurige.“
    „Das denke ich auch. Ihr habt Euch überhaupt um mich nicht zu bekümmern. Verstanden!“
    „Wollt Ihr mir das Recht bestreiten, mich um diejenigen zu bekümmern, welche hier auf meiner einsamen Farm einkehren?“
    „Fürchtet Ihr Euch etwa vor mir?“
    „Pah! Ich möchte denjenigen Menschen sehen, vor welchem John Helmers sich fürchtet!“
    „Das ist mir lieb, denn ich möchte Euch nun fragen, ob ich in Eurem Haus für diese Nacht ein Lager bekommen kann.“
    Er warf bei diesen Worten einen lauernden Blick auf Helmers. Dieser antwortete:
    „Für Euch ist kein Platz vorhanden.“
    „Caracho! Warum nicht?“
    „Weil Ihr selbst gesagt habt, daß ich mich nicht um Euch zu bekümmern habe.“
    „Aber ich kann doch nicht noch in der Nacht bis zu Eurem nächsten Nachbarn laufen, bei welchem ich erst morgen mittag ankommen würde!“
    „So schlaft im Freien! Der Abend ist mild, die Erde weich und der Himmel die vornehmste Bettdecke, welche es nur geben kann.“
    „So weist Ihr mich wirklich fort?“
    „Ja, Señor, wer mein Gast sein will, muß sich einer größeren Höflichkeit befleißigen, als Ihr uns gezeigt habt.“
    „Soll ich Euch etwa, um in irgendeinem Winkel schlafen zu dürfen, zur Begleitung der Gitarre oder Mandoline ansingen? Doch, ganz wie Ihr wollt! Ich brauche Eure Gastfreundschaft nicht und finde überall einen Platz, an welchem ich vor dem Einschlafen darüber nachdenken kann, wie ich mit Euch reden werde, wenn wir uns einmal anderswo begegnen sollten.“
    „Da vergeßt aber nicht, bei dieser Gelegenheit auch mit an das zu denken, was ich Euch darauf antworten würde!“
    „Soll das eine Drohung sein, Señor?“
    Der Fremde erhob sich bei diesen Worten und richtete seine hohe, breite Gestalt gebieterisch dem Wirte gegenüber auf.
    „O nein“, lächelte dieser furchtlos. „Solange ich nicht zum Gegenteil gezwungen werde, bin ich ein sehr friedlicher Mann.“
    „Das will ich Euch auch geraten haben. Ihr wohnt hier beinahe am Rande des Llano des Todes. Da erfordert die Vorsicht, daß Ihr mit den Leuten möglichst Frieden haltet, sonst könnte der Geist des Llano estacado einmal ganz unerwartet den Weg zu Euch finden.“
    „Kennt Ihr ihn etwa?“
    „Habe ihn noch nicht gesehen. Aber man weiß ja, daß er am liebsten aufgeblasenen Leuten erscheint, um sie in das Jenseits zu befördern.“
    „Ich will Euch nicht widersprechen. Vielleicht sind alle diejenigen, welche man, vom ‚Geiste‘ durch einen Schuß in die Stirn getötet, in dem Llano gefunden hat, einst aufgeblasene Wichte gewesen. Aber eigentümlich ist es doch, daß diese Kerls alle Räuber und Mörder gewesen sind.“
    „Meint Ihr?“ fragte der Mann in höhnischem Ton. „Könnt Ihr das beweisen?“
    „So leidlich. Man hat ohne eine einzige Ausnahme bei diesen Leuten stets Gegenstände gefunden, welche früher solchen gehörten, die in dem Llano ermordet und ausgeraubt worden waren. Das ist doch Beweis genug.“
    „Wenn das so ist, so will ich Euch freundschaftlich warnen: Macht ja nicht einmal hier auf Eurer abgelegenen Farm einen Menschen kalt, sonst könntet Ihr auch einmal mit einem Loch in der Stirn gefunden werden.“
    „Señor!“ fuhr Helmers auf. „Sagt noch ein solches Wort, so schlage ich Euch nieder. Ich bin kein Mörder, sondern ein ehrlicher Mann. Viel eher könnte man denjenigen einer solchen Tat für fähig halten, der sein Pferd versteckt, um die Meinung zu erwecken, daß man es nicht mit einem Bravo, sondern mit einem armen, ungefährlichen Mann zu tun habe.“
    „Gilt das etwa mir?“ zischte der Fremde.
    „Wenn Ihr es Euch annehmen wollt, so habe ich nichts dagegen. Ihr seid heut bereits der zweite, der mir vorlügt, kein

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