11 - Die Helden des Westens
Versäumnis nachholen können. Weil er aber den Ort, den er erreichen will, nahe gewußt hat, so hat er geglaubt, diese Strecke trotz der Müdigkeit seines Pferdes heute noch zurücklegen zu können.“
„Höre, mein alter Jemmy, das, was du sagst, klingt nicht so uneben. Ich gebe dir abermals recht.“
„Dieses Lob ist ganz überflüssig. Wer fast dreißig Jahre lang in der Savanne herumgestolpert ist, der kann wohl auch einmal auf einen klugen Gedanken kommen. Freilich sind wir nun fast auch nicht klüger als vorher. Welches ist der Ort, nach welchem dieser Indianer gewollt hat? Das möchten wir natürlich wissen. Der Mann ist jedenfalls ein Bote. Er hat es jedenfalls sehr notwendig gehabt; seine Angelegenheit war von großer Wichtigkeit. Ein Indsman ist aller Wahrscheinlichkeit nur der Bote zwischen Indianern, und so möchte ich fast behaupten, daß sich Rothäute hier in der Nähe befinden.“
Der lange Davy stieß einen leisen Pfiff zwischen den Zähnen hervor und ließ seinen Blick nachdenklich rundum schweifen.
„Fatal, höchst fatal!“ brummte er. „Der Kerl kommt also von Indianern und geht zu Indianern. Wir befinden uns also zwischen ihnen und wissen nicht, wo sie stecken. Also können wir sehr leicht auf eine Horde stoßen und unsere Skalps zum Jahrmarkt tragen.“
„Das müssen wir freilich befürchten. Es gibt aber doch ein sehr leichtes Mittel, uns Gewißheit zu verschaffen.“
„Du meinst, indem wir dieser Fährte folgen?“
„Ja.“
„Richtig! Dann wissen wir, daß sie sich vor uns befinden, und sie haben keine Ahnung von uns; wir befinden uns also im Vorteil. Es ist also meine Meinung, daß wir dem Indsman nachreiten, zumal seine Fährte gar nicht bedeutend von unserer bisherigen Richtung abweicht. Aber neugierig bin ich doch, zu welchem Stamm er gehören mag.“
„Ich ebenso. Erraten läßt es sich nicht. Da oben im nördlichen Montana gibt es die Schwarzfuß-, Pigan- und Blutindianer. Die kommen nicht herüber. Am Knie des Missouri lagern die Riccavees, welche ebensowenig hier etwas zu suchen haben. Die Sioux? Hm! Hast du etwa gehört, daß sie in neuerer Zeit den Tomahawk des Krieges ausgegraben haben?“
„Nein.“
„So wollen wir uns jetzt den Kopf nicht zerbrechen; aber vorsichtig müssen wir sein. Hinter uns haben wir die Nord-Platte, wie du von unserm letzten Streifzug dich erinnern wirst. Wir befinden uns jetzt in einer Gegend, welche uns sehr bekannt ist, und wenn wir nicht geradezu Dummheiten machen, so kann uns nichts geschehen. Komm!“
Sie stiegen wieder auf und folgten der Fährte, diese genau im Auge behaltend und dabei doch auch scharf nach vorn und den Seiten ausschauend, um ja irgend etwas Feindseliges sofort zu bemerken.
Es verging wohl eine Stunde, und die Sonne sank immer tiefer. Der Wind erhob sich immer mehr, und die Hitze des Tages ließ schnell nach. Bald bemerkten sie, daß der Indianer nur noch im Schritt geritten war. An einer unebenen Stelle schien sein Pferd vor Übermüdung gestolpert und in die Knie gesunken zu sein. Jemmy stieg sofort ab und untersuchte die Stelle.
„Ja, es ist ein Indsman“, sagte er. „Er ist abgesprungen. Sein Mokassin ist mit Stachelschweinsborsten verziert gewesen. Hier liegt eine abgebrochene Spitze davon. Und hier – ah, der Kerl muß noch sehr jung sein.“
„Warum?“ fragte der Lange, welcher auf seinem Tier sitzengeblieben war.
„Die Stelle ist sandig, und sein Fuß hat sich ganz genau abgezeichnet. Wenn ich nicht annehmen soll, daß es eine Squaw gewesen ist, so …“
„Unsinn! Eine Frau kommt nicht allein hierher.“
„So ist er ein junger Mensch, wahrscheinlich höchstens achtzehn Jahre alt.“
„So, so! Das klingt gefährlich. Es gibt Stämme, bei denen gerade diese jungen Kerls als Kundschafter benutzt werden. Sehen wir uns also vor!“
Sie ritten wieder weiter. Während sie bisher durch die richtige Blumenprärie gekommen waren, tauchte jetzt hier und da ein Gebüsch auf, erst vereinzelt, dann in zusammenstehenden Gruppen. In der Ferne schien es Bäume zu geben.
Dann kamen sie an eine Stelle, an welcher der Reiter für kurze Zeit abgestiegen war, um seinem Pferd eine freilich nur kurze Ruhe zu gönnen; dann war er zu Fuß weitergeschritten, das Tier am Zügel führend.
Die vorliegenden Büsche hemmten jetzt zuweilen die Aussicht so, daß Vorsicht doppelt nötig wurde. Davy ritt voran, und Jemmy folgte. Auf einmal sagte der letztere: „Du, Langer, es ist ein Rappe gewesen.“
„So!
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