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11 - Menschheitsdämmerung

11 - Menschheitsdämmerung

Titel: 11 - Menschheitsdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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sich nicht wieder ins Gedächtnis rufen, doch wie von selbst drängten sie wieder in sein Bewusstsein.
    Feuer. Eine Landschaft aus Lava, aus kochendem Stein. Vernichtende Hitze. Höllenglut.
    » Meinst du, sie muss hier stehen bleiben, bis der Komet kommt?«, fragte Camazotz seinen Partner.
    Dieser gab sich wortkarg. »Möglich.«
    »Lange dauert es nicht mehr. Nur noch ein paar Woch-«
    Plötzlich gab die Maschine ein lautes Summen von sich. Und dann verstummte sie. Die Bewegung ihrer Bestandteile wurde langsamer, träger.
    Mit großen Augen glotzten die Indios sich an. »Was ist passiert?«, fragte Ixbalanqué.
    »Woher soll ich das wissen?«
    Ixbalanqué raufte sein weißblond gefärbtes Haar. »Der Herr wird uns strafen!«
    »Warum sollte er? Wir haben doch nichts getan!«
    »Da! Der … Armreif!«
    Camazotz sah auf sein Gelenk und war erschüttert. Die drei schmalen, parallel verlaufenden Einzelringe verschoben sich gegenläufig. Der Pfeil, den die Einkerbungen gebildet hatten, wenn der Indio den Reif Richtung Petersplatz richtete, wollte sich nicht mehr einstellen.
    Da bemerkte er, dass die Maschine doch noch arbeitete; allerdings gab sie nur noch ein leises Surren von sich.
    Und dann fiel ihm noch etwas Merkwürdiges auf: Kein Sturmgetöse, kein Donnergrollen, kein Regenprasseln übertönte mehr das Geräusch der Weltuntergangsmaschine.
    »Was sollen wir denn jetzt tun?«, fragte Ixbalanqué.
    Plötzlich ertönte doch ein Donnerschlag, der Camazotz zusammenzucken ließ. Als vereinzelt weitere folgten, erkannte er, worum es sich handelte: Ein paar Unentwegte hatten sich auf die Straße getraut und begrüßten das neue Jahr mit Böllern und Raketen.
    Man schrieb das Jahr 2012. Das Jahr der Apokalypse. Das Jahr, in dem die Gerechten ins Paradies einziehen würden.
    Und ausgerechnet jetzt hatte die Maschine versagt!
    »Ruf im Hauptquartier an«, befahl Camazotz.
    Während Ixbalanqué das Handy aus der Tasche kramte, zittrig eine Nummer tippte und anschließend aufgeregt und zusammenhanglos einen Lagebericht erstattete, drehte Camazotz sich mit ausgestrecktem Arm langsam im Kreis.
    Und tatsächlich, die Segmente des Armreifs verschoben sich so, dass sie den Pfeil neu ausbildeten. Allerdings wies er nicht mehr in die gleiche Richtung wie zuvor.
    Aber was bedeutete das?
    War die Energie beim Petersplatz aufgebraucht? Mussten sie eine neue Quelle aufsuchen?
    Probehalber streckte er die Finger nach der Maschine aus. Wartete auf die Bilder. Doch selbst als er sie berührte, empfand er bestenfalls ein Gefühl der Unruhe.
    Ixbalanqué beendete das Gespräch. »Der Weiße Herr hält sich nicht bei unseren Brüdern auf.«
    »Was tun wir also?«
    »Wir kehren zurück und warten auf Anweisungen.«
    Camazotz stimmte zu. Auch wenn er wusste, dass sie für den Ausfall der Maschine nicht verantwortlich waren, hoffte er, dass der Mann in Weiß es genauso sah. Er wollte nicht gestraft werden, so wie Pauahtun!
    Während er sich hinter das Lenkrad setzte und den Motor anließ, stiegen ihm wieder die schrecklichen Bilder einer glutflüssigen, brodelnden Welt in den Sinn, die die summende Kugel ihm gesandt hatte. Diesmal entsprangen sie nur seiner Erinnerung, aber das machte sie nicht weniger schlimm.
    ***
    Etwa zur gleichen Zeit
    Professor Otto Bevers ließ den Blick durch den Kontrollraum wandern. Draußen vor den Fenstern herrschte tiefste Nacht, die ihnen den Eindruck vermittelte, sie würden hundert Meter unter der Erdoberfläche stecken, wie das Herz der Anlage, das sie von hier aus steuerten. Dennoch fühlte er sich frei. Bei seinen Forschungen, bei seinen Experimenten.
    Die runden, in einem technisierten Raum wie dem Kontrollzentrum von CERN beinahe schon altertümlich wirkenden Zeigeruhren verrieten ihm, dass das Jahr 2011 in zehn Minuten der Vergangenheit angehören würde.
    Genau um 0 Uhr durfte er mit seinem Team eine außerplanmäßig angesetzte Versuchsreihe mit dem ATLAS-Detektor starten.
    Seine Kollegen, die lieber mit ihren Familien das neue Jahr willkommen geheißen hätten, mochten das Wort durfte als sarkastische Umschreibung von musste verstehen, doch auf Otto Bevers traf das nicht zu.
    Zum einen wartete seine Frau seit über zehn Jahren nicht mehr auf ihn. Seit sie sich nach zwanzigjähriger Ehe von ihm hatte scheiden lassen, weil sie glaubte, gegen seine Geliebte niemals bestehen zu können: die Physik. Zum anderen wusste er nicht, wie viele Chancen die Forschung noch erhalten würde, das Higgs-Boson

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