11 - Nie sollst Du vergessen
Fuß der Treppe vor dem ziemlich heruntergekommenen Haus am westlichen Ende der Cornwall Gardens stehen blieben.
Die Frau machte den Eindruck, als wäre sie normalerweise recht zierlich, im Moment allerdings wirkte sie wegen ihrer weit fortgeschrittenen Schwangerschaft plump und schwerfällig. Ihre Fesseln waren stark angeschwollen und zogen die Aufmerksamkeit auf ihre Füße, die unverhältnismäßig groß waren. Sie bewegte sich leicht schwankend, als hätte sie Mühe, das Gleichgewicht zu halten.
Davies ging ein wenig nach vorn gebeugt, offenbar die Auswirkung eines Leidens, das mit den Jahren schlimmer zu werden drohte. Sein Haar, früher vielleicht blond oder rotblond, es war schwer zu sagen, war zu einem faden Grau ausgeblichen, und er trug es glatt aus der Stirn gestrichen und versuchte nicht zu verbergen, wie dünn es geworden war.
Beide, sowohl Davies als auch die Frau, waren sichtlich erstaunt, als sie hörten, wen sie vor sich hatten, die Frau vielleicht noch etwas mehr als der Mann. Sie sah Davies an und sagte: »Richard? Scotland Yard?«, als brauchte sie entweder seinen Schutz oder verstünde nicht, was die Polizei von ihnen wollte.
Davies sagte: »Handelt es sich -?« unterbrach sich aber sofort, da er vielleicht einsah, dass sich mit der Polizei nicht gut zwischen Tür und Angel verhandeln ließ. »Kommen Sie herein«, sagte er stattdessen. »Wir hatten eigentlich einen Immobilienmakler erwartet. Deshalb sind wir etwas überrascht. Das ist übrigens Mrs. Foster, meine zukünftige Frau.«
Sie schien um die Dreißig zu sein - nicht hübsch, aber mit einem klaren Gesicht und schönem, dunkelbraunem Haar, das sie halblang trug -, und Lynley hatte zunächst geglaubt, sie wäre eine Tochter oder vielleicht eine Nichte Richard Davies'. Er nickte ihr grüßend zu und bemerkte dabei, wie verkrampft ihre Hand Davies' Arm festhielt.
Davies ging ihnen voraus in seine Wohnung im ersten Stock des Hauses. Das Wohnzimmer führte zur Straße, ein etwas düsterer Raum mit einem Fenster, vor dem die Läden geschlossen waren. Davies ging hin, um sie zu öffnen, und sagte dabei zu seiner Lebensgefährtin: »Setz dich, Schatz, und leg die Füße hoch«, und zu Lynley: »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Tee? Kaffee? Wir erwarten, wie gesagt, jeden Moment einen Makler. Da bleibt uns leider nicht viel Zeit.«
Lynley versicherte ihnen, dass er sie nicht lange aufhalten würde, und nahm dankend eine Tasse Tee an, um Zeit zu gewinnen, sich in dem überladenen Wohnzimmer genauer umzusehen. Die meisten Möbel stammten aus der Vorkriegszeit, den Wandschmuck bildeten Amateurfotografien, meist Aufnahmen im Freien sowie eine Sammlung Spazierstöcke, die kreisförmig angeordnet über dem Kamin aufgehängt waren wie die Waffensammlungen in alten schottischen Burgen. Überall standen Fotos des berühmten Sohns, Illustrierte und Zeitungen lagen stapelweise herum, ein Arsenal von Souvenirs, die alle an die Karriere des Sohns erinnerten, zierte Tische und Borde.
»Richard hat ein bisschen was von einem Hamster«, bemerkte Jill Foster zu Lynley und ließ sich vorsichtig in einen Sessel sinken, aus dem an zahlreichen durchgewetzten Stellen das Rosshaar spross. »Sie sollten die anderen Zimmer sehen.«
Lynley nahm eine Fotografie des Geigers, die ihn als Kind zeigte, zur Hand. Der Junge stand stramm wie ein kleiner Soldat, das Instrument in der Hand, und blickte zu Yehudi Menuhin auf, der seinerseits, ebenfalls mit der Geige in der Hand, wohlwollend lächelnd zu ihm hinabblickte. »Gideon Davies«, sagte Lynley.
»The one andonly«, sagte Jill Foster.
Lynley warf ihr einen Blick zu. Sie lächelte, vielleicht um ihren Worten die Schärfe zu nehmen. »Richards ganze Freude und der Mittelpunkt seines Lebens«, fügte sie hinzu. »Es ist verständlich, aber manchmal ein wenig strapaziös.«
»Das kann ich mir vorstellen. Wie lange kennen Sie Mr. Davies schon?«
Sie stemmte sich stöhnend aus dem Sessel - »O nein, so geht das nicht« - und suchte sich einen Platz auf dem Sofa, wo sie die Beine hochlegte und ein Kissen unter ihre Füße schob. »Mein Gott«, sagte sie. »Noch zwei Wochen. Das wird eine Erlösung.« Sie schob sich ein zweites Kissen, so abgewetzt wie die Möbel, in den Rücken. »Wir kennen uns seit drei Jahren.«
»Und er freut sich auf das Kind?«
»Wo doch die meisten Männer seines Alters sich auf Enkelkinder freuen«, meinte Jill. »Aber ja, er freut sich. Trotz seines Alters.«
Lynley lächelte. »Meine Frau ist
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