11 - Nie sollst Du vergessen
hätten wir bereits entschieden.«
»Ja, stimmt schon, aber ich habe noch mal nachgedacht ...«
»Und?« Er schien argwöhnisch.
»Na ja, ich denke, meine Wohnung wird sich leichter verkaufen lassen. Sie ist modern, von Grund auf renoviert, das Haus ist elegant und steht in einem guten Wohnviertel. Meiner Ansicht nach würde ich genug dafür bekommen, um die Anzahlung auf ein Haus zu leisten. Das heißt, wir müssten nicht warten, bis wir beide Wohnungen verkauft haben, um uns was Gemeinsames anzuschaffen.«
»Aber wir hatten doch alles schon entschieden«, wandte Richard ein. »Wir haben den Makler bestellt -«
»Na, den können wir doch wieder abbestellen. Wir brauchen nur zu sagen, dass wir es uns anders überlegt haben. Komm, Schatz, seien wir doch mal ehrlich. Deine Wohnung ist museumsreif. Und der Pachtvertrag läuft keine fünfzig Jahre mehr. Das Haus selbst ist nicht schlecht - wenn es den Eigentümern mal einfallen würde, es herzurichten -, aber die Wohnung zu verkaufen, das wird bestimmt Monate dauern. Bei meiner hingegen ... Du musst doch einsehen, wie anders alles sein könnte.«
Die Ampel schaltete um, und sie fuhren weiter. Richard sprach erst wieder, als sie in die Kensington Church Street einbogen, dieses Paradies der Antiquitätensammler. »Ja, du hast Recht, es könnte Monate dauern, meine Wohnung zu verkaufen«, sagte er.
»Aber ist das denn ein Problem? Du wirst dir doch in den nächsten sechs Monaten bestimmt keinen Umzug antun wollen!«
»Aber -«
»Jill, das wäre Wahnsinn in deinem Zustand. Es wäre nicht nur eine Tortur, sondern vielleicht auch gefährlich.« An der Karmeliterkirche vorbei, lenkte er den Wagen durch das Gewühl von Taxis und Bussen in Richtung South Kensington und bog nach einiger Zeit in die Cornwall Gardens ein. »Bist du nervös, Schatz? Du sprichst fast nie über die Entbindung. Und ich hatte die ganze Zeit den Kopf voll - erst Gideon und jetzt diese ... diese andere Geschichte -, ich konnte mich gar nicht richtig um dich kümmern. Glaub mir, ich weiß das.«
»Richard, ich verstehe doch, dass du dich um Gideon sorgst. Ich wollte wirklich nicht den Eindruck erwecken -«
»Hör zu, Schatz, ich liebe dich, ich freue mich auf unser Kind und auf ein Leben zusammen mit dir. Und wenn du möchtest, dass ich jetzt, so kurz vor dem Termin, mehr bei dir in Shepherd's Bush bin, dann brauchst du es nur zu sagen.«
»Du bist doch sowieso schon jede Nacht da. Mehr kann ich wirklich nicht verlangen.«
Er manövrierte den Wagen rückwärts in eine Parklücke, etwa dreißig Meter von Braemar Mansions entfernt, schaltete den Motor aus und wandte sich ihr zu. »Du kannst alles von mir verlangen, Jill. Und wenn du deine Wohnung gern vor meiner verkaufen möchtest, ist mir das auch recht. Aber wir ziehen auf keinen Fall um, bevor das Kind da ist und du dich von den Strapazen der Entbindung gründlich erholt hast. Ich bin ziemlich sicher, dass deine Mutter mit mir einer Meinung ist.«
Dagegen konnte Jill nichts vorbringen. Sie wusste, ihre Mutter würde überhaupt kein Verständnis aufbringen, wenn es ihr - Jill - einfiele, einen Umzug in Angriff zu nehmen, bevor sie sich nicht mindestens drei Monate von der Entbindung erholt hatte.
»Eine Geburt strengt den Körper an, Kind«, würde sie sagen.
»Verwöhn dich ein bisschen, Jill. Später hast du dazu vielleicht keine Möglichkeit mehr.«
»Also?«, fragte Richard und schaute sie liebevoll lächelnd an.
»Was sagst du?«
»Du bist immer so fürchterlich logisch und vernünftig. Wie kann ich da widersprechen? Was du gesagt hast, ist natürlich vollkommen richtig.«
Er neigte sich zu ihr und küsste sie. »Du kannst sogar mit Grazie verlieren. Und wenn ich mich nicht irre« - er wies mit einer Kopfbewegung zu dem Gebäude im edwardianischen Stil, als er um den Wagen herumkam und ihr heraushalf - »ist unser Makler auf die Minute pünktlich. Ein gutes Omen, finde ich.«
Hoffentlich, dachte Jill mit einem Blick auf den hoch gewachsenen blonden Mann, der gerade die Vortreppe zum Haus hinaufging und klingelte, nachdem er kurz das Klingelbrett studiert hatte.
»Ich nehme an, Sie suchen uns«, rief Richard im Näherkommen.
Der Mann drehte sich herum. »Mr. Davies?«
»Richtig.«
»Thomas Lynley. New Scotland Yard.«
Lynley hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die Reaktionen zu beobachten, wenn er sich Leuten vorstellte, die ihn nicht erwartet hatten, und so hielt er es auch jetzt, als der Mann und die Frau einen Moment am
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