11 - Nie sollst Du vergessen
das weiß ich. Aber Richard macht sich Sorgen.« »Wie vielen Kindern ich auf die Welt geholfen habe -« »Das weiß er doch.«
»Dann -«
»Es geht doch nicht darum, dass er dich für inkompetent hält. Aber es sei etwas anderes, sagt er, wenn es um das eigene Fleisch und Blut geht. Er behauptet, kein Arzt würde sein eigenes Kind operieren. Er wäre nicht fähig, objektiv zu bleiben, wenn es zu einer Krise käme. Einem Notfall. Du weißt schon.«
»Bei einem Notfall fahren wir ins Krankenhaus. Mit dem Auto zehn Minuten.«
»Das habe ich ihm auch gesagt. Darauf hat er erklärt, in zehn Minuten könne alles Mögliche geschehen.«
»Gar nichts wird geschehen. Deine ganze Schwangerschaft war wie aus dem Bilderbuch.«
»Ja, aber Richard -«
»Richard ist nicht mit dir verheiratet«, fiel Dora Foster ihrer Tochter mit Entschiedenheit ins Wort. »Er hätte dich heiraten können, aber er hat's nicht getan. Folglich hat er keinerlei Recht, bei dieser Entscheidung mitzureden. Hast du ihn darauf mal hingewiesen?«
Jill seufzte. »Mama ...«
»Nichts Mama!«
»Es spielt doch überhaupt keine Rolle, dass wir noch nicht verheiratet sind. Wie werden heiraten - mit allem Drum und Dran, Kirche und Pfarrer und großem Empfang. Was brauchst du denn noch?«
»Es geht nicht darum, was ich brauche«, erklärte Dora. »Es geht darum, was du verdient hast. Und erzähl mir jetzt bloß nicht, das wäre deine Idee gewesen. Ich weiß genau, dass das Blödsinn ist. Du hattest deine Hochzeit seit deinem zehnten Lebensjahr geplant, von den Blumen bis zur Hochzeitstorte, und soweit ich mich erinnere, war von einem Baby im Voraus nie die Rede.«
Jill wollte sich auf diese Diskussion nicht einlassen. »Die Zeiten ändern sich, Mama«, sagte sie.
»Aber du änderst dich nicht. Ja, ja, ich weiß, heutzutage sucht man sich als Frau einen Partner und keinen Ehemann. Einen Partner! Als hätte man vor, ins Babyproduktionsgeschäft einzusteigen. Und wenn sie ihre Babys dann haben, führen sie sie ohne das geringste bisschen Schamgefühl in der Öffentlichkeit vor. Ich weiß, dass das ständig passiert. Aber du bist keine Schauspielerin oder Rocksängerin, Jill. Du hast immer genau gewusst, was du willst, und hast nie etwas getan, nur weil es gerade in war.«
Jill seufzte. Ihre Mutter kannte sie besser als jeder andere, und was sie da sagte, traf zu. Aber damit eine Beziehung gelingen konnte, musste man eben Kompromisse schließen, und zu einem Kind wünschte sie sich eine glückliche Ehe, die sie sich wohl kaum erhoffen konnte, wenn sie Richard unter Druck setzte.
»Aber es ist nun mal so, wie es ist«, sagte sie. »Und es ist zu spät, um jetzt noch etwas zu ändern. Ich watschle bestimmt nicht mit diesem Bauch zum Altar.«
»Und weil es so ist«, sagte ihre Mutter, »bist du völlig frei in deiner Entscheidung und kannst allein bestimmen, wo und wie dein Kind zur Welt kommen soll. Und wenn es Richard nicht passt, kannst du ihn ja darauf hinweisen, dass er selbst es vorgezogen hat, nicht auf die konventionelle Art vor der Ankunft des Kindes zu heiraten, und dir daher keine Vorschriften zu machen hat, solange ihr nicht verheiratet seid. So, und jetzt -« ihre Mutter trat zu ihr an den Tisch, wo ein Karton mit Hochzeitseinladungen auf den Versand wartete - »holen wir deinen Koffer und bringen dich heim nach Wiltshire. Du kannst ihm einen Zettel hinlegen. Oder du kannst ihn anrufen. Soll ich dir das Telefon holen?«
»Heute Abend fahre ich nicht mehr nach Wiltshire«, sagte Jill.
»Ich möchte erst mit Richard sprechen. Ich werde ihn noch einmal fragen -«
»Fragen? Willst du ihn fragen, ob du bitte dein Kind auf die Welt bringen darfst?«
»Catherine ist auch sein Kind.«
»Na und? Du bist diejenige, die das Kind zur Welt bringt! Jill, das ist doch überhaupt nicht deine Art. Du hast immer gewusst, was du willst, aber jetzt benimmst du dich, als hättest du plötzlich Angst, du könntest etwas tun, was ihn von dir wegtreibt. Das ist absurd, Kind. Er kann sich glücklich preisen, dich zu haben. In seinem Alter kann er froh sein, überhaupt -«
»Mama!« Sie hatten sich vor langer Zeit geeinigt, dieses Thema unberührt zu lassen - Richards Alter und die Tatsache, dass er zwei Jahre älter war als Jills Vater und fünf Jahre älter als ihre Mutter. »Du hast ganz Recht, ich weiß, was ich will. Und ich will mit Richard reden, wenn er nach Hause kommt. Ich werde nicht nach Wiltshire fahren, ohne mit ihm gesprochen zu haben, und ganz
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