11 - Nie sollst Du vergessen
sicher werde ich ihm nicht einfach einen Zettel hinlegen und abfahren.« Sie sprach in einem schneidenden Ton, dem Ton, den sie beim BBC einsetzte, genau die Nuance, die notwendig war, um den Leuten Beine zu machen. Wenn sie ihren schneidenden Ton anschlug, widersprach ihr keiner.
Und auch ihre Mutter widersprach ihr jetzt nicht. Sie richtete nur resigniert ihren Blick auf das elfenbeinfarbene Hochzeitskleid, das in der durchsichtigen Plastikhülle an der Tür hing, und sagte: »Nie hätte ich gedacht, dass es so kommen würde.«
»Es ist doch alles gut, Mama«, behauptete sie.
Aber als ihre Mutter gegangen war, stürmten die Gedanken auf sie ein, diese boshaften Gefährten der Einsamkeit. Sie drängten sie, die Worte ihrer Mutter sorgfältig abzuwägen, und damit war sie schon bei ihrer Beziehung zu Richard.
Es hatte nichts zu bedeuten, dass er derjenige gewesen war, der den Wunsch geäußert hatte, zu warten. Es war eine ganz logische Entscheidung gewesen. Und sie hatten sie gemeinsam getroffen. Was spielte es schon für eine Rolle, dass er die treibende Kraft gewesen war? Hinter seinen Überlegungen hatte gesunde Vernunft gestanden. Sie hatte ihm eröffnet, dass sie schwanger war, und er war voller Freude über die Neuigkeit gewesen, so glücklich wie sie selbst. »Wir heiraten«, hatte er gesagt. »Sag mir, dass wir heiraten werden.« Und sie hatte gelacht beim Anblick seines Gesichts, das so sehr dem eines kleinen Jungen ähnelte, der fürchtete, enttäuscht zu werden. »Natürlich heiraten wir«, hatte sie gesagt, und er hatte sie in die Arme genommen und ins Schlafzimmer geführt.
Nach der Liebe blieben sie ineinander verschlungen liegen, und er sprach von ihrer Hochzeit. Sie befand sich in diesem Zustand seliger Mattigkeit nach dem Orgasmus, in dem alles möglich und alles einleuchtend scheint. Als er daher sagte, er wolle eine richtige große Hochzeit für sie und nicht eine Trauung im Schnellverfahren, murmelte sie schläfrig: »Ja. Ja. Eine richtige große Hochzeit, Schatz.« Und er fügte hinzu: »Mit einem tollen Hochzeitskleid für dich. Mit Blumen und Brautjungfern. In der Kirche. Mit einem Fotografen. Einem Empfang. Ich möchte richtig feiern, Jill.«
Was natürlich nicht möglich war, wenn sie die gesamte Planung in den sieben Monaten vor der Geburt des Kindes erledigen mussten. Und selbst wenn sie das schafften, würde sie sich bis dahin beim besten Willen nicht mehr in ein elegantes Hochzeitskleid hineinquetschen können. Es war viel praktischer, zu warten.
Tatsächlich, erkannte Jill jetzt beim Nachdenken, hatte Richard sie mit sicherer Hand diesen Weg entlang geführt, und als er am Ende ihrer langen Aufzählung all der Dinge, die für so eine große Hochzeit noch erledigt werden mussten, gesagt hatte: »Ich hatte ja keine Ahnung, dass das so viel Zeit beansprucht ... Wirst du denn die Hochzeit überhaupt noch genießen können, Jill, wenn dein Zustand schon so weit fortgeschritten ist?«, war sie bereits bestens präpariert für seine nachfolgenden Überlegungen.
»Das soll doch vor allem dein Tag sein. Und du bist so zart ...« Er legte wie zum Nachdruck seine Hand auf ihren Bauch, der noch flach und straff war, das aber bald nicht mehr sein würde. »Meinst du, wir sollten warten?«, fragte er.
Warum nicht, hatte sie gedacht. Sie hatte siebenunddreißig Jahre auf ihren Hochzeitstag gewartet, da spielten ein paar zusätzliche Monate weiß Gott keine Rolle.
Aber das war zu einer Zeit gewesen, als noch nicht Gideons Schwierigkeiten alles andere aus Richards Sinnen und Trachten verdrängt hatten und bevor mit Gideons Schwierigkeiten plötzlich Eugenie auf der Bildfläche erschienen war.
Jill war jetzt klar, dass Richards Zerstreutheit nach der Panne in der Wigmore Hall noch eine andere Quelle gehabt hatte, als das Versagen seines Sohnes an diesem Abend. Und als sie dies mit seinem Widerstreben, zu heiraten, in Zusammenhang brachte, stieg eine Beklemmung in ihr auf wie Nebel, der sich lautlos über ahnungslose Ufer legt.
Sie gab ihrer Mutter die Schuld daran. Dora Foster freute sich auf ihr erstes Enkelkind, mit dem Vater jedoch, den Jill sich für ihr erstes Kind ausgesucht hatte, war sie nicht einverstanden, wenn sie auch klug genug war, das nicht direkt zu sagen. Aber sie konnte es natürlich nicht lassen, ihrer Missbilligung indirekt Ausdruck zu geben, und was eignete sich dazu besser, als Jills Glauben an Richards Ehrlichkeit zu erschüttern? Wobei Jill natürlich keineswegs in
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