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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Sie ja selbst. Ich könnte ab und zu was mit ihm unternehmen. So kommt er mit jemandem zusammen, der keine krummen Touren macht. Mit einem Mann, der den geraden Weg geht, Mrs. Edwards«, fügte Nkata hastig hinzu. »Ein Junge in seinem Alter, der braucht doch so ein Vorbild.«
    »Wollen Sie sagen, dass sie selbst so 'n Vorbild gehabt haben?«
    »Richtig, ja, und ich würde das gern weitergeben.«
    Sie lachte geringschätzig. »Heben Sie sich's für Ihre eigenen Kinder auf, Mann.«
    »Sicher, wenn ich mal welche hab. Dann geb ich's an sie weiter. Aber bis dahin ...« Er seufzte. »Schauen Sie, Mrs. Edwards, es ist so: Wenn ich frei hab, würd ich die Zeit gern mit ihm verbringen.«
    »Und was wollen Sie dann tun?«
    »Weiß ich noch nicht.«
    »Er braucht Sie nicht.«
    »Ich sag ja nicht, dass er mich braucht«, erwiderte Nkata. »Aber er braucht jemanden. Einen Mann. Das sieht man doch. Und meiner Meinung nach -«
    »Ihre Meinung interessiert mich nicht.« Sie drückte auf den Knopf der Fernbedienung, und der Ton wurde wieder lauter. Sie stellte ihn noch etwas lauter, damit Nkata auch wirklich kapierte.
    Er sah zum Schlafzimmer hinüber. Vielleicht würde der Junge aufwachen, ins Wohnzimmer kommen und mit seinem erfreuten Lächeln bestätigen, dass alles, was Winston Nkata gesagt hatte, stimmte. Aber die Schlafzimmertür blieb geschlossen.
    Nkata sagte: »Haben Sie meine Karte noch?«
    Yasmin hielt den Blick auf den Bildschirm gerichtet und antwortete nicht.
    Nkata nahm eine zweite Visitenkarte heraus und legte sie auf den Couchtisch vor ihr. »Rufen Sie mich an, wenn Sie sich's anders überlegen«, sagte er. »Sie können mich auch anpiepsen. Jederzeit.«
    Als sie stumm blieb, ging er und schloss die Tür leise hinter sich.
    Er war schon unten auf dem Parkplatz und sprang über Pfützen hinweg zur Straße, als ihm Mr. Houghton einfiel, bei dem er sich doch noch entschuldigen wollte. Er kehrte um und sah am Haus empor.
    Yasmin Edwards stand am Fenster. Sie beobachtete ihn. Und sie hielt etwas in der Hand, von dem er sehr wünschte, es möge die Karte sein, die er ihr dagelassen hatte.

30
    Gideon ging jetzt langsamer. Zuerst war er gerannt: die Grünanlagen von Cornwall Gardens entlang und quer über die schmale, nasse Fahrbahn der Gloucester Road. Er stürzte sich in die Queen's Gate Gardens, lief dann weiter an den alten Hotels vorbei in Richtung Park. Und dann schwenkte er plötzlich völlig blind nach rechts ab und rannte am Royal College of Music vorbei. Er merkte erst, wo er war, als er eine kleine Steigung hinaufgekeucht war und unvermittelt vor der strahlend erleuchteten Royal Albert Hall stand, aus deren weit geöffneten Türen sich gerade Ströme von Konzertbesuchern ins Freie ergossen.
    Mit einem Schlag war ihm die Ironie bewusst geworden, und er hatte aufgehört zu laufen. Ja, er hatte stolpernd angehalten und war heftig atmend im prasselnden Regen stehen geblieben, merkte nicht einmal, dass sein Jackett schwer von Nässe auf seine Schultern drückte und die durchweichten Hosenbeine ihm kalt an den Waden klebten. Hier war das großartigste Konzerthaus des Landes, das begehrteste Forum für jeden, der sein Talent beweisen wollte. Hier war Gideon Davies als neunjähriges Wunderkind zum ersten Mal aufgetreten, behütet von seinem Vater und Raphael Robson, und alle drei hatten sie nichts heißer gewünscht, als dem Namen Davies einen festen Platz am Firmament der klassischen Musik zu erobern. Wie passend, dass seine letzte Flucht aus Braemar Mansions - vor seinem Vater, vor den Worten seines Vaters und dem, was sie bedeuteten und nicht bedeuteten - ihn hierher geführt hatte, zu diesem Haus, das die Triebfeder all dessen verkörperte, was geschehen war: mit Sonia, mit Katja Wolff, mit seiner Mutter, mit allen. Und wie passend auch, dass das Publikum, die andere Verkörperung jener Triebfeder, nicht einmal wusste, dass er hier war.
    Von der anderen Straßenseite aus beobachtete Gideon, wie die Konzertbesucher ihre Schirme aufspannten. Er konnte die Bewegungen ihrer Lippen sehen, aber ihr aufgeregtes Geschnatter, diese allzu vertrauten Geräusche gieriger Kulturkonsumenten, die für den Moment gesättigt waren, das Geschwätz eben jener Leute, deren Beifall er immer gesucht hatte, konnte er nicht hören. Vielmehr hallten die Worte seines Vaters wie eine Beschwörungsformel in seinem Kopf: Um Gottes willen, ich habe es getan, ich habe es getan, ich habe es getan. Glaube mir, was ich sage, ich sage, ich sage. Sie

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