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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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zugegebenermaßen, da ich sie immer nur in ihrer Lederkluft oder ihrem Jeansoverall erlebe -, ist sie überhaupt nicht dick. Und wenn andere sie vielleicht ein wenig pummelig finden - ich gehöre nicht zu ihnen! -, dann kommt das vermutlich daher, weil sie ein rundes Gesicht hat. Mit einem runden Gesicht wirkt man leicht etwas mollig, nicht wahr? Aber damit kann ich sie nicht trösten. »Wir leben in spindeldürren Zeiten«, sagt sie. »Du hast Glück, dass du von Natur aus so mager bist.«
    Ich habe ihr nie gesagt, welchen Preis ich für diesen mageren Körper bezahlt habe, den sie offenbar bewundert. Stattdessen pflege ich zu sagen: »Frauen sind viel zu stark auf ihr Gewicht fixiert. Du siehst doch gut aus.«
    Als ich ihr wieder einmal damit komme, meint sie: »Wenn ich so gut aussehe, könntest du ja mal mit mir ausgehen, oder?«
    Und so fängt es an. Wir sehen uns häufiger, gehen hin und wieder miteinander aus. Aber ich würde nicht sagen, dass wir »miteinander gehen«. Ich mag diesen Ausdruck nicht, er klingt so pubertär, aber selbst wenn diese Abneigung nicht wäre, würde ich ihn nicht gebrauchen, um die Beziehung zwischen uns zu beschreiben.
    Was für eine Beziehung haben Sie denn zu Libby Neal?, fragen Sie.
    Sie meinen: Schlafen Sie mit ihr, Gideon? Hat sie es endlich geschafft, das Eis in Ihren Adern zu schmelzen?
    Das kommt darauf an, was Sie meinen, wenn Sie fragen, ob ich mit ihr schlafe, Dr. Rose. Das ist auch so ein Ausdruck, den ich eigentlich nicht mag. Warum sprechen wir von »schlafen«, wenn doch schlafen das Letzte ist, was wir im Sinn haben, wenn wir mit einem Partner ins Bett steigen.
    Aber ja, man könnte sagen, wir schlafen miteinander. Hin und wieder. Damit meine ich allerdings nur, dass wir zusammen in einem Bett schlafen. Sonst passiert gar nichts. Für mehr sind wir beide noch nicht reif.
    Und wie kam es dazu?, fragen Sie.
    Ach, das war eine ganz natürliche Entwicklung. Eines Abends hat sie nach einem besonders anstrengenden Probentag vor einem Konzert im Barbican für mich gekocht. Ich bin danach auf ihrem Bett eingeschlafen, auf das wir uns gesetzt hatten, um uns eine Platte anzuhören. Sie hat mich zugedeckt und ist mit unter die Decke gekrochen, und so sind wir bis zum nächsten Morgen geblieben. Seitdem schlafen wir hin und wieder zusammen. Ich denke, es hat für uns beide etwas Tröstliches.
    Es gibt Ihnen Geborgenheit, sagen Sie.
    Insofern es gut tut, sie neben mir zu haben, ja, es vermittelt mir ein Gefühl von Geborgenheit.
    Sie sagen, dass in Ihrer Kindheit etwas gefehlt hat, Gideon. Wenn alle sich nur für Ihre künstlerische Entwicklung und Ihre Leistungen auf der Geige interessiert haben, kann man sich vorstellen, dass tiefe kindliche Bedürfnisse, die Sie hatten, unbeachtet und ungestillt blieben.
    Dr. Rose, ich muss darauf bestehen, dass Sie akzeptieren, was ich Ihnen sage: Ich hatte gute Eltern. Ich habe Ihnen ja schon berichtet, dass mein Vater Tag und Nacht gearbeitet hat, um für die Familie zu sorgen. Als sich zeigte, dass ich das Potenzial, die Begabung und den Wunsch hatte ein - nun, sagen wir, das zu werden, das ich heute bin -, hat auch meine Mutter sich Arbeit gesucht, um zur Deckung der immensen Kosten beizutragen. Ich habe meine Eltern deshalb vielleicht nicht so viel gesehen, wie es unter normalen Umständen möglich gewesen wäre, aber ich hatte Raphael, der jeden Tag Stunden mit mir verbrachte, und ich hatte Sarah-Jane.
    Wer ist Sarah-Jane?
    Sarah-Jane Beckett. Ich weiß nicht recht, als was ich sie bezeichnen soll. Gouvernante ist ein zu altmodischer Ausdruck, und Sarah-Jane wäre einem ganz schön über den Mund gefahren, wenn man sie so genannt hätte. Sagen wir einfach, sie war meine Lehrerin. Wie ich bereits früher bemerkte, bin ich nie zur Schule gegangen. Regelmäßiger Schulbesuch hätte sich mit meinen täglichen Musikstunden nicht vereinbaren lassen. Darum wurde Sarah-Jane engagiert. Sie sollte mich in den normalen Schulfächern unterrichten. Wenn ich nicht mit Raphael arbeitete, dann mit ihr. Sie lebte jahrelang bei uns im Haus. Sie muss gekommen sein, als ich fünf oder sechs Jahre alt war - sobald meinen Eltern klar wurde, dass eine Erziehung nach traditionellem Muster für mich nicht infrage kam -, und sie blieb bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr. Da war meine Schulbildung abgeschlossen, und meine vielen Termine - Auftritte, Plattenaufnahmen, Proben, Übungsstunden - ließen weitere Studien nicht zu. Aber bis dahin hatte ich täglich

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