1102 - Der letzte Mirvaner
noch vor einigen Minuten gegangen, denn das Gras hat sich noch nicht wieder aufgerichtet."
„Also doch!" sagte Gucky nur und dachte an die vagen Impulse, die er aufgefangen hatte.
Er ahnte nicht, wie sehr er sich irrte.
*
Sie standen auf der kleinen Lichtung und lauschten.
Rechts war ein faul schimmernder Tümpel, in dem sich nichts regte. Allmählich erst kam Ras der Unterschied zu einem echten Dschungel zu Bewußtsein: Die Insekten fehlten! Überhaupt fehlte die Fauna. Außer ihnen schien es hier kein lebendes Wesen zu geben.
Aber da waren die Spuren. Er blickte wieder zu ihnen hin.
Ein Pfad kreuzte dort den ihren, und auf ihm war der Unbekannte von rechts kommend nach links weitergegangen, ohne einen Schritt in ihre Richtung zu tun. Man hatte sie demnach noch nicht bemerkt.
Hinter ihnen stieß Wech-Wech-Frogrout einen spitzen Schrei aus.
Sowohl Ras als auch der Mausbiber wirbelten herum und sahen, wie etwas Schlangenartiges den Körper der Sopkalaride regelrecht einzuwickeln begann, um sie dann in die Büsche zu zerren.
Aber es war keine Schlange, es war eine Pflanze.
Gucky zog das Vibratormesser aus dem Gürtel, aktivierte es und schob Jainchuchuman hastig zur Seite, der ihm wie ein Felsklotz im Weg stand. Er griff zu und erwischte das rechte Hinterbein der Unglücklichen mit der linken Hand und versuchte, sie festzuhalten. Aber die räuberische Pflanze besaß ungemeine Kräfte und wollte ihre Beute nicht freigeben.
Gucky mußte vorsichtig sein, um Wech-Wech-Frogrout nicht zu verletzen. Trotz des verrückten Zerrerei suchte er sich in aller Ruhe die richtige Stelle der mehrfachen Umschnürung aus, ehe er das Messer ansetzte.
Der pflanzliche Schlangenkörper wurde glatt durchschnitten. Dicker grüner Saft tropfte nach unten und wurde sofort vom Boden aufgesaugt. Hier war jede Art von Dünger und Nahrung recht.
Die Schlingen lockerten sich, die Sopkalaride war wieder frei.
Der übrige Teil der Pflanze verschwand zwischen den Büschen. „Danke", sagte Wech-Wech-Frogrout zu Guckys Überraschung.
Er nickte ihr freundlich zu und begann zu ahnen, daß sie das seltene Wort nicht zum letztenmal ausgesprochen hatte. „Dicht zusammenbleiben!" ermahnte sie Ras und ging bis zum Querpfad, um die Spur näher zu betrachten. „Seltsam! Hier scheint jemand mit einem kleinen Panzer durch den Wald gefahren zu sein. Die Spuren stammen von Raupenketten."
Jainchuchuman sah endlich eine Chance, sich auch einmal nützlich zu machen. „Es gibt Armadamonteure mit Raupenketten aus Plastik", teilte er mit.
Ras sah auf. „Ich dachte, die kümmern sich grundsätzlich nicht um die HAY-SERKEIL. Die Spur ist frisch, wie ich schon sagte."
„Das verstehe ich allerdings auch nicht", gab der Zence zu.
Ras richtete sich wieder auf. „Wir folgen der alten Richtung", entschied er. „Gucky, übernimm die Nachhut, damit du jederzeit eingreifen kannst, wenn wieder so ein Ding einen von uns einfangen will."
„Auf mich hat niemand Appetit, meinst du wohl?" knurrte der Mausbiber und gehorchte. Das gelöste Telefonkabel rollte sich auf.
Wenn Jainchuchuman, der nun vor ihm daherwatschelte, zu langsam ging oder gar stehenbleiben wollte, schob er ihn sachte telekinetisch weiter, ohne daß es auffiel. Aber so kamen sie wenigstens voran, und der Urwald schien unendlich zu sein, obwohl er höchstens eine Fläche von eintausendfünfhundert mal fünfhundert Metern bedecken konnte.
Groß genug jedenfalls für jede Art von Überraschung.
*
Sie blieben gute hundert Meter unbehelligt, was bei den vier Personen unterschiedliche Reaktionen hervorrief. Während die beiden Armadisten zuversichtlicher wurden und Anzeichen erneuter Entdeckerfreude verrieten, wurden Ras und Gucky mit jedem Schritt mißtrauischer.
Irgendwo mußte die Gefahr auf sie lauern, die niemanden bisher wieder aus der HAYSERKEIL hinausgelassen hatte. Sie spürten fast, daß etwas auf sie wartete - etwas Unheimliches und Unfaßbares.
Ras blieb stehen, als er das Geräusch hörte, das sich langsam aus unbestimmter Richtung näherte. Es schien von rechts vorn zu kommen, wahrscheinlich von einem der in regelmäßigen Abständen zum großen Teil überwucherten Querpfade. „Ein Armadamonteur", behauptete Jainchuchuman, als er die offensichtliche Ratlosigkeit des Afrikaners erkannte. „Vielleicht derselbe, dessen Spur wir sahen."
„Wenn sie wirklich die Aufgabe hätten, den Wald zu pflegen, müßte der aber ganz anders aussehen", fand der Mausbiber. „Sind
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