1102 - Der letzte Mirvaner
Abwehrsperre baute sich automatisch auf, aber er wußte auch, daß er sie nicht ewig halten konnte.
Ras atmete ein paarmal kräftig durch, ehe er den Helm abnahm. Die Luft war gut temperiert und nicht so warm wie erwartet. Sie enthielt viel Sauerstoff, was bei dieser Umgebung nicht verwunderlich sein konnte.
Also auch Chlorophyll! Der Urwald erzeugte Sauerstoff mit Hilfe der künstlichen Sonnen.
Und wieder nahm Gucky einen Impuls auf, doch diesmal kam er von Wech-Wech-Frogrout.
Sie dachte an etwas, das sie bisher allem Anschein nach zu erwähnen vergessen hatte, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Der Mausbiber beschloß, bei nächster Gelegenheit darauf zurückzukommen. Das Stichwort hatte er: Hydroponiker!
Er öffnete ebenfalls seinen Helm, ließ ihn nach hinten klappen und befestigte ihn dort, damit er bei plötzlichen Bewegungen nicht behinderte. Der Zence und die Sopkalaride folgten zögernd seinem Beispiel.
Sie blieben vorerst noch stehen, als warteten sie, ohne es bewußt aufzunehmen, auf ein entscheidendes Ereignis, das vielleicht die Gefahr signalisierte, denen alle anderen bisher zum Opfer gefallen waren. Aber es geschah nichts. Noch nicht.
So wild und undurchdringlich der Dschungel im ersten Augenblick auch gewirkt haben mochte, schon deshalb, weil man alles andere als ihn zu sehen erwartet hatte, so veränderte sich dieser erste Eindruck ganz allmählich und machte einem anderen Platz.
Ras sprach es aus: „Eine richtige Urlandschaft - es gibt sogar Sumpftümpel auf den Lichtungen. Es regnet hier also gelegentlich. Vielleicht ist der Boden nicht tief genug, um alles Wasser aufzunehmen. 'Aber das ist es nicht, was mir auffällt. Es sind die fast zugewachsenen und überwucherten Wege, die in den Wald hineinführen. Vor uns, keine zehn Meter von hier, beginnt einer, kaum noch als Weg oder Pfad zu erkennen, aber zweifellos von intelligenten Wesen einst angelegt.
Er hat keine Windungen. Er führt gerade in den Dschungel hinein, auch wenn er schon nach wenigen Metern zu enden scheint."
Und zum zweitenmal fing Gucky den Begriff „Hydroponiker" auf. Er kam diesmal jedoch von Jainchuchuman. „Ehe wir uns hier näher umsehen", sagte der Mausbiber, auch um Ras zu informieren möchte ich wissen, was es mit diesen Hydroponikern auf sich hat, die du bei irgendeiner Gelegenheit während des Herflugs erwähntest, Jainchuchuman. Wer und was sind sie?"
Der Zence war so überrascht, daß er sich selbst nicht mehr sicher war, ob er den Begriff erwähnt hatte oder nicht. Er sah Wech-Wech-Frogrout an, die eine bejahende Geste machte.
Sie berichteten abwechselnd.
So wie die HAYSERKEIL seit vielen Generationen ein schier unlösbares Geheimnis geblieben war, so existierte im Zusammenhang mit dem Wrack noch ein zweites großes Rätsel. Es betraf die verschollenen Mirvaner.
Sie mußten ein großes und intelligentes Volk gewesen sein, stark mit der Natur verbunden, ohne die sie nicht leben zu können glaubten. Also nahmen sie die Natur ihrer Heimatwelten damals, vor Millionen Jahren, mit auf die lange Reise.
Das war der Beginn der Legende, die sich nach ihrem spurlosen Verschwinden verbreitete, denn es gab im Universum kein intelligentes Lebewesen, das nicht versucht hätte, auf jede Frage eine erklärende Antwort zu finden. War das nicht möglich, wurden Legenden die Antwort.
Ihr zufolge befanden sich in sämtlichen Schiffen der Mirvaner große Räume mit hydroponischen Gärten und Landschaften, die von ihnen gehegt und gepflegt wurden. Später entwickelten sie dann auch Roboter, die diese Arbeit übernahmen - so wurde erzählt.
Die größte aller Gartenanlagen mußte sich in der HAYSERKEIL befinden, denn sie war zugleich auch das größte Schiff der mirvanischen Flotte.
Doch dann, so berichtete die Legende, begingen die Mirvaner den verhängnisvollen Fehlenden ein von der Natur abhängiges Volk machen konnte: Sie vergewaltigten eben diese Natur, die ihr ganzes Sein bedeutete, besonders in der Leere des unendlichen Weltraumes.
Es begann ganz harmlos mit hydroponischen Experimenten, die noch keine unmittelbare Bedrohung darstellten. Die Pflanzen gediehen besser als je zuvor, ihr Wuchs ging schneller vonstatten, und sie vermehrten sich fast unkontrollierbar.
In der zweiten Phase der Experimente gingen die Hydroponiker, wie nun die Mirvaner auch genannt wurden, einen Schritt weiter. Zuerst kamen willkürliche Kreuzungen der einzelnen Vegetationsarten, und schließlich, als auch das nicht mehr befriedigte,
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