1107 - Die Mutation
als wollte man ihr die Haut von den Knochen lösen. Sie kam nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen, der Schmerz überstrahlte mit seiner Heftigkeit alles. Hinzu kam noch der Schock, der sie in seinen Fesseln hielt, und plötzlich strömte das Blut aus ihrer Wunde und genau in das offene Maul der Mutation…
***
Ich war unter einem zuckenden, zappelnden und auch um sich schlagenden Berg von Fledermäusen begraben. Die Tiere an sich besaßen kaum ein Gewicht. In der Masse jedoch waren sie schwer, und sie drückten wie eine Last gegen mich.
Ich hätte mich trotz allem vielleicht freischaufeln können, aber ich brauchte die Hände, um mein Gesicht zu schützen. Die Fledermäuse suchten ja nach Stellen, um an mein Blut zu gelangen, schließlich war das Blut ihre Nahrung.
An den Händen hatten sie mich schon gebissen und auch im Nacken, aber mein Gesicht hatte ich geschützt. Sie waren in meine Haare hineingeglitten, und immer wieder bewegten sie ihre Schwingen, mit denen sie ebenfalls zuschlügen.
Ich wußte nicht, wie lange ich unter diesem flatternden Wall schon hockte. Es konnten nur Sekunden gewesen sein. In einer solchen Lage erlebte man die Zeit nicht objektiv. Oft genug hatte ich gegen die Abarten der Fledermäuse gekämpft, hatte echten Vampiren gegenübergestanden, denen es nicht gelungen war, mich zu besiegen. Und ich wollte mich auch nicht von dieser Masse beißen oder blutleer saugen lassen.
Der Wille puschte in mir hoch. Er verwandelte sich ein einen wahren Energiestrom. Ich schob meinen rechten Arm zur Seite, so daß die schützende Hand mein Gesicht verließ. Mit den Fingern stemmte ich mich ab und gab mir Schwung.
Mit einer wilden Bewegung kam ich wieder auf die Beine und schlug zugleich mit den Armen um mich. Ich wollte die verdammten Sauger vertreiben und sah plötzlich eine Gestalt dicht in meiner Nähe. Zuerst glaubte ich an einen Traum, so kam mir mein Freund Suko zumindest vor. Ich blickte ihn etwas zu lange an, denn vor meinen Augen flatterten wieder die Tiere wie kleine, dunkle Lappen.
»Weg, John!«
Ich sprang zur Seite.
Suko griff die Fledermäuse an, und sie ließen sich nichts gefallen. Er war ungemein schnell. Er kämpfte mit den Händen. Er schlug nicht nur nach ihnen, er schaffte es auch, sie immer wieder zwischen seine Hände zu bekommen und sie zu erdrücken. Oder zu zerquetschen, wenn er seine Hände zusammenschlug.
Nur so ging es.
Ich machte mit.
Der Schock des Überfalls war vergessen. Jetzt ging es darum, den Weg freizuräumen, denn diese dunklen Flatterwesen waren nur noch die Vorhut.
Suko hatte es mir vorgemacht. Es war nicht leicht für uns, weil sich die Fledermäuse einfach zu schnell bewegten, aber wir kämpften uns allmählich vor.
Unter unseren zupackenden Händen wurden die Tiere allmählich zu einer klebrigen Masse. Sie bissen nicht mehr, sie waren durcheinander, sie flatterten auch von uns weg, und so wurden es immer weniger, gegen die wir uns verteidigen mußten.
Der Boden um uns herum war mit zerquetschten und toten Fledermäusen bedeckt. Alle konnten wir in der kurzen Zeit nicht schaffen, aber die Angriffswellen flachten ab. Die Tiere zogen sich zurück.
Das Gewächshaus war hoch genug, um ihnen die entsprechenden Verstecke zu bieten. Auch wenn es unter der Decke nicht so finster wie in einer Höhle war, flogen sie dorthin und klammerten sich fest.
Wir atmeten auf.
Ich wischte mir die Hände an den Hosenbeinen einigermaßen sauber und fuhr dann durch mein Gesicht.
Suko grinste mich an. »Gut siehst du aus.«
»Danke, dito.«
»Verletzt?«
»Nur ein paar Bisse. Ich habe Glück gehabt.«
»Hast du ihn gesehen?«
»Cusack?«
»Ja.« Suko lachte. »Kann sein, daß er noch Cusack heißt, aber er sieht nicht so aus.« Mit knappen Worten berichtete mir Suko, wer da aus dem Keller gestiegen war. »Es ist eine Mutation, John, es hat da zwischen ihm und den Fledermäusen einen Austausch gegeben, und ich weiß, daß er sich hier aufhält.« An mir vorbei deutete er in die Tiefe des Gewächshauses hinein.
Ich wandte dieser Richtung den Rücken zu und mußte mich erst herumdrehen. Die Lichtverhältnisse hatten sich nicht verbessert. Deshalb war es für mich nicht einfach, etwas zu erkennen. Weiter vorn war schon eine Bewegung zu sehen, die allerdings mehr durch Schatten überwog.
Es griff uns keine Fledermaus an. Die Tiere hingen unter der Decke oder hatten sich andere Orte ausgesucht. Gern hätte ich etwas für einen Schwall frischer Luft gegeben.
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