1112 - Elfenrache
ich.« Ron schaute zu Boden und räusperte sich, bevor er sagte: »Ihr habt sie nicht gesehen - oder?«
Rudy drehte an seiner Mütze, so daß der Schirm zur Seite zeigte. »Was sollen wir denn gesehen haben?«
»Die… ähm… die…« Ron suchte nach einer Erklärung, aber er sagte kein Wort mehr, denn er wußte sehr gut, daß es keinen Sinn hatte. Rudy würde ihm nicht glauben. Weitere Erklärungen hätten ihn nur lächerlich gemacht.
»Was war denn, Ron? Sag es doch!«
Aldrich winkte ab. »Nichts, es ist eigentlich nichts gewesen. Ich war nur schlecht drauf.«
Rudy warf ihm einen Blick zu, der besagte, daß er ihm kein Wort glaubte. Mehr tat er nicht. Er wollte nur wissen, ob er mit den Vorbereitungen für das nächste Shooting beginnen sollte.
»Shooting?« murmelte Aldrich. »Ich denke nicht, Rudy.«
»Was?«
»Ja, du hast richtig gehört. Wir schießen keine Aufnahmen mehr.«
»Dann machen wir eine Pause?«
Aldrich schaut an Rudy vorbei hinein in das Land, das ihm wie eine von der Natur gedeckte Tafel vorkam. Alles überragt von einem Vulkanberg, dessen Spitze von einem Bart aus Eis umgeben wurde. Ein Berg, der Geheimnisse enthielt, die durch Menschen nicht entdeckt werden sollten. Aber nicht nur ihn ihm zogen sich die Rätsel zusammen. Auch auf dem Boden selbst hatten sie ihre Wiege gefunden. Jeder Stein, jeder Strauch, jeder der krummen Bäume hielt diese uralten Geheimnisse mit starken Händen fest.
Caroline Sheldon hatte ihn gewarnt. Er hatte sie jedoch ausgelacht, und es war ein Fehler gewesen, das gab er jetzt zu. Er fühlte sich wie ein Eindringling in eine Welt, die für Menschen nicht geschaffen worden war. Es sei denn, sie brachten den Wesen, die hier lebten, den entsprechenden Respekt mit.
Das hatte er nicht getan. Er hatte sich darüber amüsiert und war nun vom Gegenteil überzeugt worden. Er glaubte auch nicht daran, eine Halluzination wahrgenommen zu haben. Diese tanzenden Funken und die anschließenden Geister waren nicht in seiner Phantasie entsprungen und waren auch keine Luftspiegelung gewesen.
»Ron, ich brauche eine Antwort!« drängte Rudy.
»Die bekommst du auch!« Aldrich atmete tief durch. »Wir werden keine Pause einlegen. Wir machen Schluß.«
»Hä?« Rudy konnte nicht anders. Er mußte lachen, um seine Überraschung zu verbergen. »Schluß?«
»Genau.«
Der Assistent schaute Ron ungläubig an. »Das glaube ich dir nicht. Das kann nicht dein Ernst sein. Du machst Witze. Wir haben erst die Hälfte der Aufnahmen im Kasten und…«
»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«
»Doch.«
»Dann pack zusammen, Junge!«
Rudy starrte ihn entgeistert an. »Ich werde noch irre, aber du bist der Chef.«
»Du sagst es. In einer Stunde sind wir weg. Sag das auch den anderen. Kümmere dich um den Abmarsch. Ihr könnt zusammenpacken, und dann werden wir den Ort verlassen.«
Rudy sagte nichts mehr. Achselzuckend entfernte er sich von Aldrich. Er kannte ihn lange genug, um zu wissen, daß sein Chef jetzt keinen Widerspruch duldete. Aber begreifen konnte er nichts. Fast jeder in diesem Job hatte seine Allüren. Das war wie beim Film, wo sich jeder als der große Star fühlte und der Beste überhaupt war. Auch Ron hatte seine besonderen Eigenschaften. Es gab Zeiten, in denen er getobt hatte und bald durchgedreht war.
Aber jetzt…
Aldrich kümmerte sich nicht um ihn. Er schob seine Sonnenbrille wieder vor die Augen und drehte sich langsam um, weil er mit Caroline Sheldon sprechen wollte.
Sie war nicht gegangen und hatte sich nur im Hintergrund gehalten. Von dort aus hatte sie alles beobachten können. Lässig lehnt sie an der Kühlerhaube ihres Jeeps und wartete darauf, daß Ron zu ihr kam. Ihr Gesicht zeigte ein wissendes Lächeln, was Ron ziemlich sauer machte. Doch er riß sich zusammen.
Vor ihr blieb er stehen. »Sie wissen Bescheid?«
»Ja. Sie packen und fahren weg!«
»Freuen Sie sich darüber?«
»Ehrlich gesagt, ich kann nicht behaupten, daß ich darüber traurig bin. Dieses Land gehört uns nicht, das habe ich Ihnen gesagt. Man kann es wohl mieten, aber nicht in Besitz nehmen. Es sei denn, man schließt mit ihnen einen Pakt und nimmt sie für sich ein.«
»Ja«, sagte er, »das befürchte ich auch.« Seine Augen verengten sich. »Was wissen Sie?«
»Zuwenig.«
»Was haben Sie gesehen?«
Caro lehnte sich noch weiter zurück. »Was haben Sie gesehen, Ron?«
»Das wissen Sie!« erwiderte er spröde. »Sie wissen es ganz genau, verdammt noch mal, und sie
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