1116 - Projekt Zweiterde
klang geistesabwesend.
„Ist etwas materialisiert?" erkundigte sich Marge.
„Ich habe nichts gesehen, und ich nehme auch nicht an, daß die Speicherplatte meiner Kamera etwas aufzeichnen konnte. Dennoch für einen Moment hatte ich das Gefühl, nicht mehr allein im Transmitterraum zu sein. Etwas war außer mir da, etwas Undefinierbares und rasch Vergängliches."
„Menschen sollten nicht mit Kräften spielen, von denen sie nichts verstehen", sagte Matthew. „Unsere mentalen Energien sind vergleichsweise schwach, aber wenn die mentalen Energien von Millionen Menschen außer Kontrolle gerieten, welches unvorstellbare Unheil könnte dadurch heraufbeschworen werden!"
„Du meinst, wir sollten eine Durchführung des Großversuchs verhindern?" fragte Earl ungläubig.
„Ja."
„Du bist ja verrückt!" brauste Earl auf. „Nachdem es uns gelungen ist, diesen wunderbaren Mentalmaterialisator zu konstruieren, sollen wir uns gegen seine Verwendung stellen?"
„Ich habe Angst", bekannte Matthew.
„Ich fühle mich auch nicht besonders gut bei dem Gedanken, einen Versuch mit den Mentalkräften von Millionen Menschen zu riskieren", sagte Kimba Wogallah. „Aber ich halte uns, nachdem ihr den Test unbeschadet überstanden habt, nicht für berechtigt, den Großversuch zu hintertreiben. Allerdings werde ich in meinem Bericht an Geoffry unsere Bedenken ausdrücken, damit er sie in seine Entscheidung einbeziehen kann."
„Es sind völlig unbegründete Bedenken!" protestierte Earl. „Sie würden Waringer unnötig verunsichern. Ich denke, wenn wir dieses Wunderwerk geschaffen haben, sollten wir auch für seine Verwendung sein."
„Ja, natürlich!" rief Duty. „Ich möchte nicht darauf verzichten, berühmt zu werden."
„Überlassen wir die Entscheidung Geoffry!" sagte Kimba. „Ich weiß, daß er sehr verantwortungsbewußt ist."
„Wenn das Großexperiment durchgeführt wird, bestehe ich darauf, bei den Transmittern im Sektor Projektionserde zu sein!" erklärte Matthew Creek entschlossen. „Es wird eine Simultanschaltstation für die Transmitter und ihre Mentamats geben müssen. Dort will ich sein, um notfalls eingreifen zu können."
„Beantrage das für uns alle, Kimba!" sagte Earl Hartog. „Wir alle haben das Recht, vor Ort zu sein."
7.
Merg Coolafes Bewußtsein war wieder hellwach. Doch es unternahm keinen Versuch, die Herrschaft über den Körper zurückzugewinnen.
Seitdem Merg „mitgehört" hatte, was wirklich gespielt wurde, verhielt er sich passiv. Er wußte, daß er seinen Feind in Sicherheit wiegen mußte, wenn er überhaupt noch eine Chance bekommen sollte, ihn zu besiegen.
Und sein Wille zu siegen war stärker als je, denn nur wenn er seinen Körper wieder beherrschte - und wenn es ihm dann gelang, die Rolle von Ernst Ellert zu spielen -, konnte er mit einiger Aussicht auf Erfolg versuchen, das Projekt Zweiterde zu sabotieren.
Er malte sich aus, wie es sein würde, wenn es Vishna gelänge, Terra und Luna in Stücke zu schneiden, irgendwo anders wieder zusammenzusetzen und die Menschen zu versklaven. Ohne die Menschen der Erde und ohne ihre lunare Inpotronik würde die Kosmische Hanse zusammenbrechen, die Springer wären ihre stärkste Konkurrenz los, und niemand mehr würde sich auf Lepso einmischen. Dann könnten er und Yamisch den größten Reibach ihres bisherigen Lebens machen - und das würde erst der Anfang sein.
Aber vielleicht sollte er darauf verzichten, Yamisch weiter mitzuschleppen. Er mit seinen moralischen Skrupeln war doch immer nur ein Klotz am Bein gewesen. Am besten bootete er ihn endgültig aus.
Plötzlich kam Merg ein ganz neuer Gedanke - und der erregte ihn so stark, daß er sich dazu zwang, für eine Weile an etwas anderes zu denken, um sich gegenüber Ellert nicht zu verraten.
Doch dieser Gedanke war zu verlockend, als daß er ihn für längere Zeit unterdrücken konnte.
Wenn er schon Projekt Zweiterde sabotierte und dadurch Vishna half, ihr Mütchen an der Menschheit zu kühlen und Terra und Luna zu entführen, warum sollte er dann nicht eine fette Belohnung dafür kassieren? Er arbeitete dann doch praktisch als Vishnas Agent.
Merg vermochte sich zwar nicht vorzustellen, wie Vishna aussah, aber da Ellert von ihr als von einer Kosmokratin gesprochen hatte, mußte sie weiblicher Natur sein. Vielleicht sogar humanoid - eine betörend schöne und mächtige Frau.
Wenn es ihm gelänge, sie zu seiner Geliebten zu machen, würde sie dann nicht ihre Macht mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher