1118 - Zwischen Himmel und Hölle
Sarah sich dort oben versteckt hielt, dann war sie stumm wie ein Fisch.
Jane hatte sich schräg zwischen uns gedrängt. Die Waffen bedachte sie mit widerwilligen Blicken. »Bitte«, hauchte sie, »wenn eben möglich, tut ihr nichts.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, flüsterte ich.
Nachdem weitere Sekunden vergangen waren und wir nichts gehört hatten, machten wir uns an den Aufstieg. Wir gingen sehr leise hoch. Der Teppich war ein guter Schallschutz.
Suko blieb immer eine Stufe hinter mir. Ob Jane uns auch folgte, konnte ich nicht sehen. Mir kam alles so schrecklich vor. Ich bewegte mich in einem Haus, in dem ich mich auskannte, und trotzdem fühlte ich mich wie in der Fremde. Dieses Haus hatte seine Atmosphäre verloren. Da war die menschliche Wärme geflüchtet und hatte einer dämonischen Kälte Platz geschaffen.
Es passierte nichts. Ich erreichte das Ende der Treppe und blieb im Flur der ersten Etage stehen. Genügend Licht war vorhanden. Es fiel durch das kleine Fenster an der linken Seite und übergoss nicht nur den Boden, sondern auch mich.
Suko kam zu mir. Er schaute mich fragend an, und ich zuckte die Achseln.
»Du hast nichts gehört, John?«
»Nein.«
Er nickte und schaute sich um. Die Zimmertüren waren geschlossen. Eine Tür führte zu Janes kleiner Wohnung. Sie bewohnte dort zwei Räume, zu denen auch ein Bad gehörte. Es war nicht vom Flur aus zu erreichen, sondern von einem der Zimmer her. Eine weitere Tür führte in das Badezimmer, das Sarah benutzte. Dort hinein konnte man vom Flur aus gelangen, wie auch zu ihrem Schlafzimmer.
Die Treppe führte dann noch weiter bis zum Dach hoch, wo das Archiv eingerichtet worden war. Auch über diese Stufen fiel Licht.
Nur nicht so stark wie im unteren Bereich, denn das Flurfenster oben war wesentlich kleiner. Die Tür zum Archiv stand offen.
»Wo zuerst?« fragte Suko.
»Sarahs Schlafzimmer.«
»Okay.«
Beide wussten wir, welch schwere Aufgabe vor uns lag. Wenn wir die Tür öffneten, mussten wir durchaus damit rechnen, dass Sarah Goldwyn auf uns schoss. Bei Jane hatte sie bewiesen, dass sie dazu in der Lage war. Und ich fragte mich schon jetzt, wie ich dann reagieren würde. Ob ich zurück schoss oder nicht.
Es war schwer. Jane merkte mir an, welchen Kampf ich durchlitt.
»John, ich möchte nicht in deiner Haut stecken. Aber was immer du auch tust, denk daran, dass es nicht die Sarah ist, die wir alle kennen.«
»Ich weiß.«
Auch Suko hatte mitbekommen, welchen Kampf, ich innerlich ausfocht. Er übernahm die Initiative. »Bitte, John, wenn es dir nichts ausmacht, gehe ich als erster.«
Ich überlegte nicht lange und stimmte ihm zu. Es war keine Feigheit. Wäre ich allein gewesen, dann wäre mir nichts anderes übrig geblieben. So aber war jemand bei mir, der innerlich nicht an einer schweren persönlichen Last trug. Auf Lady Sarah zu feuern, wäre für mich fast das gleiche gewesen, als hätte ich auf meine Mutter geschossen.
Der Inspektor drückte die Klinke nach unten und öffnete langsam die Tür. Augenblicklich drang Licht in den Flur. Es war ein kalter, heller Streifen, der sich schnell verbreiterte, so dass wir in das Schlafzimmer schauen konnten.
Dort sahen wir das Bett. Darauf lag Lady Sarah!
Suko drückte die Tür nicht weiter auf, als er sie gesehen hatte. Er drehte sich nur etwas zur Seite, damit auch wir eine gute Sicht erhielten. Jane Collins gab als erste einen Kommentar ab, »0 Gott«, flüsterte sie. Was sie und wir sahen, war beim ersten Betrachten gar nicht mal so schlimm. Wir schauten auf Sarah Goldwyn, die rücklings auf dem Bett lag und sich nicht regte. Die Beretta hatte sie mitgenommen, sie war ihr jedoch aus der Hand gerutscht und lag neben ihr.
Eine Frau, die sich zum Schlafen niedergelegt hatte, so zumindest sah sie aus.
Wir mussten das Bild zunächst einmal verkraften, denn so hatten wir sie noch nie gesehen. Besonders nicht so bewegungslos, und auch keiner von uns gab einen weiteren Kommentar ab. Wir behielten unsere schlimmen Gedanken für uns, die sich durchaus mit dem Begriff Tod beschäftigten.
Diesmal ließ Suko mir den Vortritt. Auch Jane schlüpfte schnell durch die Tür in das Zimmer. Sie ging sofort auf das Bett zu und nahm die Pistole an sich.
Ich blieb links neben dem Bett stehen und senkte den Blick. Sarah lag dort wie eine Tote. Und sie sah auch so bleich und wächsern aus, so dass ich tief erschrak. Das war doch alles nicht wahr. Ich konnte und wollte nicht akzeptieren, hier eine Tote
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