1128 - Weltraumtitanen
eine endlose Reihe glühender Planeten - als hätte man das Urbild zwischen zwei Spiegel gestellt, so daß eine endlose Reihe von Reflexionen entstand. Noch war das Fahrzeug nicht in ernsthafter Gefahr. Aber es befand sich in einer Lage, aus der es sich durch eigene Kraft nicht befreien konnte: Und wer war da noch, der der T-82 in diesem Augenblick hätte helfen können. Es war nur noch eine Frage der Zeit. Vishnas Angriff hatte soeben begonnen - just in demselben Augenblick, in dem die beiden Tsunamis ihre ATG-Felder anlegten. Gib ihr noch ein paar Minuten, dachte Rido, und sie wird den richtigen Zielwinkel finden.
Er versuchte, Verbindung mit der T-80 zu bekommen. Später, als das Unerträgliche längst überstanden war, grübelte er oft darüber nach, ob er gerade durch diesen Schritt die entsetzlichen Vorgänge der nächsten Minuten ausgelöst haben mochte.
Wer konnte wissen, wie in diesem umgestülpten, verzerrten Raum-Zeit-Gefüge selbst die harmlosesten Kräfte zu vernichtenden Einflüssen wurden und Wirkungen erzielten, die ihrer eigentlichen Natur widersprachen? Wer mochte sagen, daß es nicht eben sein Versuch, die T-80 zu erreichen, gewesen war, der das Fahrzeug ins Verderben schleuderte? Eine Rückkopplung der Hyperwellen mit den mörderischen Kräften, die Vishna auf den Raumsektor innerhalb des Zeitdamms einwirken ließ - eine ungewollte Wechselwirkung, die das Schwesterfahrzeug in den Brennpunkt fremdartiger, unvorstellbarer Gewalten rückte. Wer mochte es wissen?
Das Schicksal der T-80 vollzog sich vor schreckgeweiteten Augen, die mit starrem, brennendem Blick das unglaubliche Geschehen auf dem Bildschirm verfolgten, bis es nichts mehr zu sehen gab. Aus einer rot leuchtenden Wolke löste sich der Umriß der Tsunami, ins Unglaubliche vergrößert. Während das Fahrzeug mit irrsinniger Fahrt auf die T-82 zustrebte, erschien auf der Hülle Nigel Davis' Gesicht, von Schmerz verzerrt und mit hilflos geöffnetem Mund. Eine donnernde Stimme war zu hören: „Wir treiben ab! Rido, sag du denen zu Hause ..."
Die Stimme riß ab. Die T-80 stand wie eine drohende, riesige Wand vor dem Schwesterfahrzeug. Sassja schrie vor Entsetzen. Die Wand löste sich auf, verwandelte sich in eine Schar feuriger Leuchterscheinungen, die nach allen Richtungen davonsprühten. Ein schmetternder Schlag traf die T-82. Rido fühlte sich in seinen Sessel gestaucht.
„Freie Fahrt!" meldete der Autopilot „ATG ... jetzt!"
Als Rido zu sich kam und zu begreifen begann, daß er mehr als nur einen entsetzlichen Alptraum erlebt hatte, stand die T-82 weitab vom turbulenten Geschehen, das durch die von Vishna entfesselten Energien verursacht wurde. Vor der Tsunami im All glühte der Zeitwall, der von Natur aus hätte unsichtbar sein sollen. Hin und wieder bildeten sich Risse in der Wand des Damms, und das Versteck der Erde wurde sichtbar, erfüllt von Hunderten von Abbildern der Erde und des Mondes.
Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sich die T-82 nach dem Verschwinden des Schwesterschiffs in einem von energetischen Einflüssen freien Bereich befunden. Diese winzige Zeitspanne hatte der Autopilot genützt, das ATG-Feld zu aktivieren und das Fahrzeug in Sicherheit zu bringen. Rido aktivierte den Hyperkom.
„Achtnull, Nigel Davis ... laßt von euch hören!"
Zehnmal wiederholte er den Ruf. Dann fiel ihm auf, daß Sassja Yin ihn seit geraumer Zeit ansah. Er wandte den Kopf und begegnete ihrem traurigen, mitfühlenden Blick.
„Sie sind nicht mehr da", sagte sie. „Du weißt, was du gesehen hast. Du kennst die Phänomenologie. Sie sind in einer Raum-Zeit-Falte verschwunden."
Rido Narbonne wehrte sich mit der Hartnäckigkeit der Verzweiflung gegen das Unvermeidliche, das Unbegreifbare. Er fuhr fort, zu rufen, aber die T-80 meldete sich nicht. Stunden vergingen. Vishnas Angriff erlahmte. Das Geflacker übergeordneter Energien im Sektor Zeitdamm erlosch. Sassja Yin unternahm einen neuen Vorstoß. Die T-80 mitsamt ihrer wertvollen Ladung war verloren. Um so wichtiger war es, daß die Tsunami-82 unbeschadet ans Ziel gelangte.
Diesmal gelang es. Die T-82 durchstieß den Zeitdamm ohne Zwischenfall. Sie meldete die bevorstehende Ankunft nach Terrania. Rido stellte Nachforschungen nach dem Schwesterschiff an, aber niemand auf Terra wußte etwas über den Verbleib der T-80.
*
„Kommandant und Pilot der Tsunamiachtzwo", meldete die Robotstimme.
Julian Tifflor sah auf. Durch einen knappen Blick verständigte er sich mit Reginald
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