113 - Bote der Nacht
Herzen?« wollte Esslin wissen.
»Sie opfern sie Jeneod«, sagte Kayba.
»Wer ist das?«
»Jeneod ist ihr Lebensquell, eine Kraft, die nie versiegt, solange sie mit Herzen genährt wird. Aus diesem Quell schöpft Senira, die Herrscherin der Amucas – eine schöne, gefährliche Hexe – ihre magischen Kräfte. Ihr Wille geschieht. Wer ihr nicht gehorcht, den vernichtet sie. Die Magie, derer sich die Amucas bedienen, kommt von ihr, und sie bekommt sie von Jeneod.«
»Diesmal wird Jeneod leer ausgehen«, sagte Frank Esslin.
Über ihnen kreischte ein Vogel.
Der Söldner der Hölle blieb stehen und riß abwehrend die Hände hoch. Ledagh verzog sein häßliches Mumiengesicht zu einem spöttischen Grinsen.
»Du hast Angst vor den Amucas«, behauptete er.
Kayba wollte ihn dafür schlagen. »Mein Herr hat vor niemandem Angst!« knurrte er.
Esslin hielt ihn zurück. »Laß den dürren Narren. Er ist so unwichtig, daß man sich über ihn nicht zu ärgern braucht.«
Der Urwald war dicht verfilzt. Kaybas Hände verwandelten sich in glühende Lava. Er brannte sich damit durch die Vegetation.
Frank Esslin wünschte sich, daß sie das Gebiet der Amucas kampflos zurücklegen konnten. Er war nicht erpicht darauf, von diesen Blasrohrteufeln angegriffen zu werden und sich mit ihnen herumschlagen zu müssen. Wenn sie Glück hatten, trieben sich die Amucas zur Zeit in einer anderen Gegend herum.
Doch die Amucas waren ein aufmerksames Volk.
Sie wußten schon längst, daß jemand in ihren Lebensbereich eingedrungen war, und sie würden dafür sorgen, daß Frank Esslin, Kayba und Ledagh nicht lebend aus dem Dschungel kamen.
Die drei überkletterten moosbewachsene Felsen und durchwateten einen seichten Fluß. Die Strömung war schwach. Dennoch zog sie Ledagh die dürren Beine unter dem Körper weg.
Der Mumienkönig fiel um, und da er nicht schwimmen konnte, ging er sofort unter, doch Frank Esslin faßte mit beiden Händen nach und schaufelte Ledagh wieder an die Wasseroberfläche.
»Kayba, trage ihn!« befahl Esslin dem Lava-Dämon, und der bärtige Riese setzte sich den Mumienkönig auf die Schultern.
Als sie die Mitte des Flusses erreicht hatten, machte Kayba den Söldner der Hölle auf eine Gefahr aufmerksam: Krokodile!
***
Dale Robbins merkte, daß er seine Nerven überforderte. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht, und er hatte vor Augen, was Rick Davenport mit Estelle Lumsden gemacht hatte.
Es war auf jeden Fall vernünftiger, sich zurückzuziehen und der Polizei die Arbeit zu überlassen. Sein Wunsch, zu Pippa zurückzukehren, wurde immer größer.
Er hatte sich noch nie so unbehaglich gefühlt wie in diesen Augenblicken. Robbins schluckte trocken. Im Krebsgang zog er sich zurück.
Wichtig war ihm nur noch, daß Rick Davenport nicht ungeschoren davonkam. Wer ihn überwältigte, damit er nicht noch mehr anstellte, war von sekundärer Bedeutung.
Er glaubte, ein schabendes Geräusch zu vernehmen, konnte es nicht orten, machte einen rascheren Schritt zurück… und stieß gegen jemanden.
Beunruhigt fuhr er herum – und hatte Rick Davenport vor sich.
Rick Davenport, das Monster.
Fassungslos starrte Dale Robbins in die bleiche Totenvisage. Trug der Mann eine Maske? Natürlich trug Davenport eine Maske. Niemand kann mit einem Totenschädel auf den Schultern leben.
Oder… doch?
Robbins hoffte, Davenport verwirren zu können, wenn er ihm die Maske vom Gesicht riß. Sie mußte für den Verrückten eine Art Schutz sein. Wenn man ihm den nahm, wurde er womöglich wieder normal.
Robbins versuchte es wenigstens.
Er packte mit beiden Händen zu. Die Maske war nirgendwo zu Ende. Robbins’ Finger spürten auch am Hinterkopf den blanken Knochen. Da begriff er, daß er einen echten Totenschädel zwischen seinen Händen hielt.
Erklären konnte er sich diesen Irrsinn nicht, und Rick Davenport ließ ihm auch nicht die Zeit, auf die entsetzliche Wahrnehmung zu reagieren.
Er griff mit harten Fäusten an und trieb Dale Robbins weit in die Dunkelheit hinein, bis er den jungen Mann da hatte, wo eine Flucht nicht mehr möglich war.
***
Kayba riß sich den Mumienkönig von den Schultern. »Breite die Flügel aus!« befahl er dem Dürren.
Ledagh gehorchte, und Kayba schleuderte ihn Richtung Ufer. Der Mumienkönig landete zwischen Schilf und Bambusstangen. »Versuch nicht zu fliehen!« schrie Frank Esslin. »Du würdest nicht weit kommen, und in keinem Versteck wärst du sicher!«
Ledagh lag auf dem Boden. Er faltete die
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