113 - Bote der Nacht
spannte sich. Er hatte das Gefühl, Dutzende von Blasrohren wären in diesem Moment auf ihn gerichtet. Er sah keinen einzigen Herzjäger, aber er spürte ihre gefährliche Nähe.
Verdammt, mein Herz sollen sie nicht kriegen! schrie es in ihm, und er wollte Fersengeld geben.
Er wirbelte herum.
Pffft! machte es.
Esslin spürte einen Stich im Nacken, und beim nächsten Herzschlag brach er zusammen. Das magische Gift der Herzjäger wirkte unglaublich schnell.
***
Pippa Guard hatte die Polizei verständigt, wie es Dale Robbins von ihr verlangt hatte, doch nun wurde ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt.
Immer wieder lief sie nervös zum Fenster und schaute hinaus.
»Wir kommen sofort«, hatte der Beamte gesagt.
Was hieß bei der Polizei sofort ? Pippa nagte an ihrer Unterlippe.
Sie trat vor den Wandspiegel, der in der Diele hing, und brachte ihre rotblonde Frisur in Ordnung.
Plötzlich hielt sie es nicht länger allein in der fremden Wohnung aus. Sie trat auf den Flur, und ohne es eigentlich richtig zu wollen, lenkte sie ihre Schritte zur offenen Tür der Nachbarwohnung.
Ihr Herz klopfte laut. Sie hielt sich am Türrahmen fest.
Geh nicht hinein, raunte eine Stimme in ihr, aber sie setzte ihren Fuß in Rick Davenports Wohnung – und die Strafe darauf folgte sehr schnell.
Als Pippa die Leiche sah, drehte es ihr den Magen um. Gekrümmt wandte sie sich ab und taumelte aus der Wohnung. Die Panik trieb sie zur Treppe. Sie schleppte sich kraftlos darauf zu, klammerte sich an das Geländer und stolperte die Stufen hinunter, immer wieder nach Luft japsend.
Im Erdgeschoß angekommen, fiel ihr die offene Kellertür auf, und obwohl es keinen Beweis dafür gab, bildete sie sich ein, Dale Robbins wäre dort unten.
Brauchte er Hilfe?
»Dale!« krächzte sie.
Da drang plötzlich ein Schrei an ihr Ohr, der ihr durch Mark und Bein ging. Sie faßte sich ans Herz und lehnte sich an die Wand.
»O mein Gott«, entfuhr es ihr.
***
Auch Frank Esslin wurde von diesen Krämpfen befallen, doch sie schüttelten ihn nicht so lange wie Ledagh. Der dürre Mumienkönig hatte an der Wirkung des magischen Pfeilgifts besonders lange zu leiden.
Am schnellsten erholte sich Kayba davon, aber er merkte sofort, daß mit ihm nicht mehr alles stimmte. Er vermochte seine dämonischen Fähigkeiten nicht mehr zu aktivieren. Sie schienen überhaupt nicht mehr vorhanden zu sein. Das Pfeilgift schien sie paralysiert zu haben.
Auch Frank Esslin fiel die Veränderung in seinem Inneren auf: die Mord-Magie war lahmgelegt. Außerdem fühlte er sich so schwach, daß ihn sogar Ledagh hätte umpusten können.
Kayba erhob sich. Er schwankte wie ein Grashalm im Wind.
Die Amucas waren vorsichtig. Sie kannten zwar die Wirkung ihres magischen Pfeilgifts, aber sie wollten nichts riskieren.
Kayba ächzte und legte die riesigen Hände auf sein bärtiges Gesicht. »Herr, ich fühle mich so… schwach«, knirschte er.
Frank Esslin stand noch mühsamer auf als der Lava-Dämon.
Ledagh wollte sich gleichfalls erheben, fiel aber immer wieder um. Seine Flügel klatschten auf den Boden. Er drehte sich auf die Seite und stemmte sich mit seinen dünnen Armen hoch. Diesmal schaffte er es, aber er mußte sich sofort an einen Baum lehnen.
Esslin tastete nach dem Pfeil und zog ihn sich aus dem Fleisch. Er betrachtete ihn wütend und ließ ihn auf den Boden fallen.
»Was können wir tun, Kayba?« fragte er mit belegter Stimme.
»Wie lange hält die Wirkung dieses magischen Pfeilgifts an?«
»Bestimmt so lange, bis die Amucas uns dort haben, wo sie uns haben wollen«, antwortete der Lava-Dämon.
»Warum kommen sie nicht endlich zum Vorschein?« fragte Esslin zornig.
»Sie haben Zeit. Sie haben es nicht eilig, Herr.«
»Wir sind verloren«, sagte der Mumienkönig.
Trotz des Ernstes der Lage grinste Frank Esslin. »Darüber müß- test du dich doch eigentlich freuen. Du willst doch immerzu sterben. Die Amucas werden dir diesen Gefallen erweisen. Sie werden dich töten.«
»Sie werden mir mein Herz rauben«, sagte der Mumienkönig.
»Das schon, aber ich werde danach nicht tot sein.«
Frank Esslin warf Kayba einen raschen Blick zu. »Nicht tot sein?«
fragte er dann den Dürren. »Was willst du damit sagen? Weißt du mehr als Kayba über die Amucas? Was steht uns bevor? Rede! Rede – und ich verspreche dir, dich bei der erstbesten Gelegenheit von Honks Fluch zu befreien.«
»Senira wird jedem von uns das Herz rauben. Gleichzeitig wird die Hexe aber eine
Weitere Kostenlose Bücher