113 - Bote der Nacht
innerlich versteifte.
Sie konnte den Blick nicht von Davenport nehmen.
»Nein«, stöhnte sie. »Nein, das kann es nicht geben…«
»Zurück!« schrie Dale Robbins. »Verdammt, Pippa, mach schnell! Er hat Estelle Lumsden umgebracht, und nun will er dich. Lauf, so schnell du kannst!«
Aber Pippa Guard rührte sich nicht von der Stelle. Sie konnte sich nicht bewegen, stand wie angewurzelt da und starrte das Monster an.
»Lauf!« brülle sich Robbins die Seele aus dem Leib, während Rick Davenport dem Mädchen immer näher kam. »So lauf doch endlich, Pippa!«
Gern hätte das Mädchen seiner Aufforderung Folge geleistet, aber ihre Beine gehorchten nicht. Sie wunderte sich, daß sie überhaupt noch die Kraft hatte, hier auf einer der letzten Stufen zu stehen.
Davenport stürzte sich auf sie.
Und sie nahm es hin, wie es kam. Sie wehrte sich nicht einmal.
Dale Robbins eilte ihr zu Hilfe. Er hoffte, daß die Polizei bald eintraf.
Es war seine Schuld, daß es soweit gekommen war. Es ist nicht immer gut, wenn man zu viel Eigeninitiative entwickelt. Wenn er zu Pippa in die Wohnung zurückgekehrt wäre, nachdem er in Davenports Wohnung die Leiche entdeckt hatte, und die Polizei angerufen hätte, wäre ihnen all das erspart geblieben.
Obwohl er Angst hatte, warf er sich auf Rick Davenport und versuchte ihn zurückzureißen. Doch das Totenkopf-Monster schüttelte ihn beinahe mühelos ab. Robbins stürzte und schlug mit dem Kopf gegen die Ziegelmauer. Benommen blieb er liegen…
***
Sie war zufrieden gewesen, war es immer noch. Senira räkelte sich neben Frank Esslin. Sie dehnte die Glieder und wälzte ihren schlanken, nackten Körper herum. Auf dem Bauch liegend, stützte sie ihren Kopf mit den Händen.
»Du hast nicht zuviel versprochen«, sagte die Hexe.
Er grinste. »Ich kenne meine Qualitäten. Sie stehen dir von nun an immer zur Verfügung. Ich habe keine Lust mehr, zur Erde zurückzukehren. Wenn du möchtest, bleibe ich bei dir.«
Das war gelogen. Esslin wollte nicht in diesem Urwald verkümmern. Wenn Rheccman ihn erst mal tätowiert hatte, würde er hier nicht mehr zu halten sein.
Da ihn Senira dann aber nicht freiwillig gehen lassen würde, würde er sie töten, damit sie ihm nicht den ganzen Stamm hinterherhetzen konnte.
Er hatte von ihr erfahren, daß Kayba und Ledagh schon längst getötet worden wären, wenn er sie nicht um die Gunst gebeten hätte, seinen Begleitern selbst das Herz rauben zu dürfen.
Deshalb verbrachten Kayba und Ledagh die Nacht in einem leeren Zombie-Käfig.
»Du hast versprochen, mich zum Schlangentempel zu begleiten«, erinnerte Frank Esslin die Hexe.
»Ich weiß, was ich versprochen habe«, gab sie zurück.
»Wann brechen wir auf?« fragte der Söldner der Hölle ungeduldig.
»Bald.«
»Ich möchte vorher noch meine Begleiter sehen«, sagte Esslin.
»Manyd wird dich zu ihnen führen«, sagte die Hexe und klatschte in die Hände.
Der alte Amuca trat ein. Frank Esslin spürte die Abneigung und das Mißtrauen, das Manyd gegen ihn hegte.
Sobald ich tätowiert bin, dachte er, gehst du mir besser aus dem Weg, sonst töte ich dich.
»Bring Frank Esslin zu Kayba und Ledagh!« trug die Hexe dem Alten auf.
Manyd nickte. Es gab keinen Befehl, den ihm Senira nicht geben durfte. Er hätte sich für sie jederzeit vierteilen lassen.
Wenn ich mich nicht vorsehe, durchschaut er mich, dachte Frank Esslin. Er haßt mich, weil ich die Nacht mit Senira zusammen verbracht habe.
Esslin zog sich rasch an.
Manyd führte ihn nach draußen. Auch die anderen Amucas trauten dem Söldner der Hölle nicht über den Weg. Es schien ihnen allen zu mißfallen, daß es ihm gelungen war, ihre Herrscherin umzustimmen. Sie gingen ihm tunlichst aus dem Weg, und er begegnete vielen feindseligen Blicken.
Manch einer umschloß mit den Händen sein Blasrohr etwas fester, wenn er Frank Esslin erblickte.
Er lachte in sich hinein. Solange er Seniras Schutz genoß, konnten ihm die Amucas nichts tun. Das war ihnen zuwider, doch sie konnten es nicht ändern.
Die ›herzlosen‹ Zombies rüttelten an den dicken Gitterstäben, als Esslin an den Käfigen vorbeiging. Sie knurrten aggressiv, und einige streckten die Arme heraus, weil sie ihn packen wollten, aber er hielt genug Abstand.
Und dann stand er vor dem Käfig, in dem sich der Mumienkönig und der Lava-Dämon befanden.
Kayba war überrascht, ihn zu sehen. Ledagh wandte sich von ihm ab.
»Ich möchte mit ihnen allein sein«, sagte Frank Esslin zu
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