113 - Gebeine aus der Hexengruft
dann dem
Wochenende nichts mehr im Weg.
„Dann können wir essen, trinken, schlafen,
und kein Mensch wird uns stören“, freute er sich, während sie dem Eingang zusteuerten. Der Tag war herrlich und paßte zu
ihrer Stimmung. Es war ausgesprochen warm und der Himmel blau, als hätte ihn
jemand mit frischer Farbe angepinselt.
„Das kommt ganz darauf an, ob du dahin
mitkommst, wohin ich möchte.“ Larrys Augen wurden groß. „Was hast du jetzt
wieder ausgeheckt?“ Er wußte, bei seiner Kollegin aus Schweden mußte man mit
Überraschungen rechnen. Er kannte sich in den Gedanken, die dieser hübsche Kopf
produzierte, nicht immer aus.
„Ich habe die Absicht, eine Freundin zu
besuchen.“
„Wie nett. Da komm’ ich natürlich mit. Hast
du mich schon bei ihr angemeldet?“
„Sie weiß noch nichts von ihrem Glück. Ich
habe erst heute erfahren, daß sie nicht mehr in London ist. Sie war hier
Lehrerin. Vor ein paar Wochen hat sie sich versetzen lassen und eine Stelle auf
dem Land angenommen.“
„Zwischen Hühnern und Hühnereiern“, frotzelte
X-RAY-3. „Wie romantisch! Zurück zur Natur! Das Mädchen hat recht. Da kann man
sich wenigstens noch erholen. Und du hast die Absicht, sie zu überraschen?“
„Gewissermaßen, ja. Ich habe ihre neue
Adresse. Gut hundertzwanzig Meilen von hier. Das ist ein Katzensprung. Ich
fahr’ noch heute mittag nach Brimsley ab, Sohnemann. Mein Zug geht um vierzehn
Uhr siebenundfünfzig. “
„Aber ich dachte . ..“
„Hier in London wird das keine reine
Erholung. Ich fahr’ aufs Land. Wenn du
willst, kannst du mitkommen. Platz wird dort genug sein, wie ich erfahren habe.
Es steht ein ganzes Schulhaus zur Verfügung. Wenn Peggy kein Bett mehr übrig
hat, ist noch genügend Platz auf den Bänken. Du siehst, es läßt sich alles
einrichten. Mit ein wenig gutem Willen ..
●
„Besuch? Für mich?“ Peggy Langdon starrte
Schwester Daisy an wie einen Geist. Die Gemeindeschwester, war nach ihrer
ersten Visite von heute morgen nun bereits zum dritten Mal . hier. .Sie hatte die kranke Lehrerin mit Essen versorgt und sah nun am späten
Nachmittag noch mal nach ihr, bevor Dr. Kilroy kam.
„Wer ist es, Schwester?“ fragte sie matt.
Peggy Langdons Gesicht war wächsern wie eine
Maske, und die Augen in ihren Höhlen blickten matt und glanzlos.
Es konnte sich eigentlich nur um eine
Persönlichkeit aus Brimsley handeln oder um einen Besucher ihrer vorgesetzen
Dienststelle, die telefonisch von ihrer plötzlichen Erkrankung verständigt
worden war.
Keines von beiden stimmte.
Eine junge, langbeinige Frau trat ein und
näherte sich ihrem Bett.
Peggy Langdon konnte sie im ersten Moment
nicht richtig erkennen, Dann verklärte sich ihr Gesicht.
„Morna?“ fragte sie ungläubig, und X-GIRL-C
erschrak, wie schwach und leise ihre Stimme klang. „Morna Ulbrandson! Das kann
nicht wahr sein. Ich träume.“
Peggy Langdons Wangen röteten sich. Sie
wollte sich auf richten, der Besucherin die Hand geben. Die Hand fiel ihr
zurück.
Mornas Lippen wurden zu einem schmalen
Strich. Was. war nur mit Peggy Langdon los? Als sie hier eingetroffen war,
hatte Daisy ihr geöffnet und sie darauf hingewiesen, daß die Freundin erkrankt
war. Aber daß es so ernst aussah...
Die Schwedin ließ sich nichts anmerken. „Ich
hatte dir immer schon mal versprochen, dich unverhofft zu besuchen, wenn ich in
deiner Nähe bin und Zeit habe. Und nun ist es wahr geworden.“
Peggy Langdon lächelte schmerzlich. „Aber
unter welchen Umständen!“ Sie schüttelte vorsichtig den Kopf, als hätte sie bei
jeder Bewegung Schmerzen, was jedoch nicht der Fall war. Ihr fehlte einfach die
Kraft, die Bewegung anders auszuführen.
„Die Umstände stören mich nicht. Ich hoffe,
daß sie auch dich nicht stören“, entgegnete Morna Ulbrandson. „Da habe ich
wenigstens Zeit und Gelegenheit, meine überschüssigen Kräfte nutzbringend
anzuwenden. Ich werde dir zur Hand gehen.“
„Das mußt du nicht tun, Morna, wenn du schon
hierher kommst, dann .. “
„Unsinn, Peg! Wer sagt, daß ich muß. Ich
möchte! Und jetzt keinen Ton mehr darüber. Jetzt unterhalten wir uns über alle
möglichen Dinge, die wir auf die lange Bank geschoben haben. Wir haben uns ’ne
ganze Menge zu erzählen.“
●
Das stimmte, aber es führte kein Weg daran
vorbei, auch über die plötzliche schwere Erkrankung Peggys zu sprechen.
Unvorstellbar blieb, daß sie erst heute mit
der Ohnmacht ausgebrochen war. Peggy Langdon
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