1138 - Zurück aus der Hölle
schnellen Schritten vor und stellte mich den beiden in den Weg.
Ich musste ihnen wie ein Geist erschienen sein, denn beide schrieen unterschiedlich laut auf. Die Mutter zerrte sofort ihre Tochter an sich und hielt sie fest.
»Bitte, Sie müssen entschuldigen«, sagte ich lächelnd. »Wir möchten Ihnen nichts, aber…«
Die Frau hatte sich wieder schnell gefangen. Ihre Augen blitzten, als sie sagte: »Warum traten Sie mir dann in den Weg? Sie sollten wissen, dass diese Tiefgarage überwacht wird und…«
»Wir möchten Ihnen nichts tun. Wir sind von der Polizei.« Ich wusste, dass dieses eine Wort manchmal Wunder wirkte, und auch die Frau vor mir entspannte sich.
»Ach ja.«
»Mein Name ist Harry Stahl«, stellte sich mein Freund vor. »Es ist reiner Zufall, dass wir hörten, was Ihre Tochter sagte, aber wir interessieren uns dafür.«
Die Frau musste lachen. Sie war Mitte Dreißig und hatte ihr Haar rötlichbraun gefärbt. »Sie glauben diesen Unsinn tatsächlich, den meine Tochter erzählt hat? Das ist doch haarsträubend.«
»Nein, ist es nicht« beschwerte sich Eva. »Was ich gesehen habe, das habe ich gesehen.«
»Komm jetzt weiter, wir haben nicht viel Zeit.«
»Bitte«, sagte ich. »Bitte, einen Augenblick noch. Es ist sehr wichtig. Sie können sich vorstellen, dass wir hier nicht grundlos durch die Tiefgarage laufen.«
»Ja, schon.«
»Darf ich dann fragen, was Eva gesehen hat?«
»Wie Sie wollen. Aber viel Zeit habe ich nicht.«
»Es dauert auch nicht lange.« Ich ging in die Hocke, um der Kleinen ins Gesicht schauen zu können.
»Bist du wirklich von der Polizei?« fragte sie.
»Ja, Eva.«
»So wie die aus dem Fernsehen?«
»Das ist es!« beschwerte sich die Mutter. »Eva hockt zuviel vor der Glotze.«
»Nein, tue ich nicht.«
Ich kümmerte mich nicht um den Streit der beiden und wollte von Eva wissen, was passiert war.
Kinder besitzen ein gutes Gedächtnis. Sie erkennen oft Einzelheiten, die uns Erwachsenen verborgen bleiben. Ich hoffte, dass es auch bei Eva der Fall sein würde.
Sie zog noch einmal die Nase hoch und nickte dann. Es sprudelte aus ihr heraus. Ich musste aufpassen, damit ich alles mitbekam. Als sie den Höhepunkt erreicht hatte, begann sie fast zu weinen.
»Dann… dann… ist es passiert. Die hat ihren Kopf gepackt und ihn gedreht. Einfach so. Von vorn auf den Rücken. Ich bin dann weggelaufen.«
»Gut, sehr gut. Weißt du denn noch, wie die Frau ausgesehen hat, Eva?«
»Ja. So alt wie meine Mutter war sie nicht, jünger. So komisch angezogen.«
»Wie denn?«
Eva zuckte die Achseln und schaute von mir weg. »Die hatte einen Mantel an, der aussah wie das Fell von einem Tiger. Und Stiefel. Sehr hohe Stiefel. Die… die… gingen bis zu den Knien. Richtig komisch sahen die aus.«
»Toll, Eva, an was du dich erinnerst. Hast du denn gesehen, wohin die Frau gegangen ist, nachdem sie ihren Kopf gedreht hatte?«
»Nein, habe ich nicht. Ich war ja zu… zu… ich bin weggelaufen zu meiner Mutter.«
»Danke, Eva«, sagte ich, streichelte ihre Wange und stand wieder auf.
Dabei hörte ich den heftigen Atemzug der Frau. »Sie glauben doch meiner Tochter nicht etwa?«
»Warum nicht?«
Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Die Höflichkeit verbietet es mir, Ihnen die richtige Antwort zu geben. Aber das, was meine Tochter angeblich gesehen hat, kann es einfach nicht geben. Dabei bleibe ich auch. So und jetzt…«
»Eine Frage noch«, sagte Harry.
Die Frau verdrehte die Augen. »Aber wirklich die letzte. Wir müssen nach Hause.«
»Ich verspreche es Ihnen. Haben Sie vielleicht gesehen, wohin die Person gegangen ist?«
»Sie gehen davon aus, dass ich sie gesehen habe?«
»In der Tat.«
»Sie haben Glück. Ich sah jemand wegrennen. Und zwar zu den Aufzügen. Es war die Person, aber ich habe nicht gesehen, dass sie ihr Gesicht nach hinten gedreht hatte. So ein Unsinn. Reicht das?«
»Ja.«
»Dann können wir gehen?«
»Bitte.«
Mutter und Tochter verschwanden. Eva wurde wieder fest an die Hand genommen und regelrecht weitergeschleift.
Harry tippte mich an. »Hast du gehört, John? Sie ist zum Aufzug gelaufen. Das lässt tief blicken. Dann muss sie hier unten sein. Es war ihre Stimme, die wir gehört haben.«
Er erntete keinen Widerspruch. Ich wusste auch, wo die kleine Eva die Person gesehen hatte. Sicherlich in der Einkaufspassage im Parterre. Dort gab es einige Geschäfte, auch zwei Bistros, Autosalons und Modeläden. Alles natürlich auf höchstem und teuerstem
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