1138 - Zurück aus der Hölle
Ich war schneller als sie.
Plötzlich tauchte ich in ihrem Rücken und vor ihrem Gesicht auf. Mit der linken Hand packte ich das dichte schwarze Haar. Ich hielt es so hart fest, dass ich die Frau selbst zu mir heranziehen konnte und genau dorthin, wo sich mein Kreuz befand.
Kugeln hatten ihr nicht schaden können. Bei meinem Kreuz war es etwas anderes. Diesmal kam es zu einer direkten Konfrontation. Das, was in ihr steckte, war einfach so schlimm, dass es nicht mehr weiter existieren durfte.
Nein, ihr Gesicht ging nicht in Flammen auf. Es strahlte auch kein Licht ab, es gab wieder eine andere Reaktion, die von Zingara selbst nicht kontrolliert werden konnte.
Plötzlich bewegte sich ihr Kopf, als hätte er einen Stoss erhalten. Er drehte sich wie ein Kreisel blitzschnell um die eigene Achse. Ich trat etwas zurück, um mir das Schauspiel aus einer gewissen Entfernung anzuschauen.
Ändern konnte ich nichts mehr. Ihr Verderben war durch mich gestartet worden, und es ließ sich auch nicht aufhalten. Der Kopf drehte sich wie irrsinnig auf dem Hals, und er veränderte sich dabei.
Er wurde zu einer grauen schlammigen, an Knete erinnernden Masse, die allmählich in die Länge glitt und auch den Körper erfasste. Der Kopf drehte sich noch immer, während er sich drehte, verfaulte die Gestalt vor meinen Augen.
Von Madame Tarock blieb noch etwas zurück. Aber dieser Rest hatte nichts mehr mit der Person zu tun, die noch vor drei Minuten wie ein normaler Mensch vor mir gestanden hatte. Es war ein auf dem Boden liegendes, nässendes und auch völlig verfaultes, stinkendes Etwas, das selbst der Teufel persönlich nicht mehr zurückgeschickt hätte.
Und gewisse Menschen in der Hauptstadt würden sich eine andere Wahrsagerin suchen müssen…
***
Ich drehte mich nach rechts, um das Zimmer zu verlassen und lief in den Klang des Beifalls hinein, den Dagmar Hansen spendete. Überrascht blieb ich stehen. »Du bist hier?«
»Schon eine Weile.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist ja ein Hammer! Und du hast nicht eingegriffen?«
Sie zwinkerte mir zu. »Musste ich das denn?«
»Nein, diesmal nicht. Aber eine andere Frage. Wo finde ich denn Harry?«
»Im Flur.«
»Ist er etwa…«
»Nein, ist er nicht, John. Er ist nur etwas angeschlagen, denn er hat leider keinen Schädel aus Eisen.«
Das stimmte. Doch was sie damit genau gemeint hatte, wusste ich auch nicht. Ich sah es, als ich den Flur entlangging, wo Harry am Boden hockte, nicht weit von der Tür entfernt, die neben ihm lag.
»Wird mir Madame Tarock noch einmal die Karten legen können?« fragte er leise.
»Nein, das wird sie nicht, denn deine Lebensretterin gibt es nicht mehr. Die wollte selbst der Teufel nicht haben.«
»Ja, denn«, sagte Harry und ließ sich von mir auf die Beine helfen…
ENDE des Zweiteilers
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