1146 - Zombie 2000
Zahlenmensch, aber er konnte trotzdem gesellig sein, auch ohne viel Alkohol getrunken zu haben.«
»War er verheiratet?«, fragte ich.
»Nein.«
»Familie?«
Sir Ernest dachte einen Augenblick nach. »Ja - schon, aber nicht hier in London. Er war Ire. Er stammte aus der Republik Irland. Deshalb sahen ihn die Terroristen auch als einen Verräter an. Aber mehr weiß ich auch nicht über ihn.«
»Das ist dünn«, murmelte ich. »Leider.«
»Trotzdem muss es etwas gegeben haben, das für seinen neuen Zustand gesorgt hat. Man wird nicht über Nacht zu einem Zombie, das wäre lächerlich, und es müssen Gründe gewesen sein, die tief in seinem privaten Bereich lagen, von dem Sie eben so wenig wissen. Das braucht nicht einmal etwas mit der Familie zu tun haben. Es muss da einen anderen Weg gegeben haben.«
Durch sein Nicken stimmte mir Sir Ernest zu und fragte: »Aber welchen, Mr. Sinclair?«
»Sie kennen ihn besser.«
»Ich war nicht sein Freund.«
»Hatte er überhaupt Freunde?«, fragte Sir James.
Sir Ernest lächelte. »Da fragst du mich etwas, das mich fast in Verlegenheit bringt. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der nur Feinde hat. Ich weiß nicht, ob Stuart Gray auf der privaten Seite Freundschaften gepflegt hat, er war auch nicht Mitglied in unserem Club, aber er hat sich schon einer Gruppe angeschlossen, wie ich erfuhr.«
»Das ist doch was«, sagte der Superintendent.
Sir Ernest winkte ab. »Bewerte das bitte nicht zu hoch. Er hat sich hin und wieder mit ein paar Bekannten getroffen. Sie bildeten so etwas wie eine exklusive Gruppe. Sie trafen sich, um zu diskutieren und über die wirtschaftlichen Verhältnisse zu sprechen. Sowohl in der Zukunft als auch in der Gegenwart. Ich gehörte dem Zirkel nicht an, aber Gray war Mitglied.«
»Wo traf man sich denn?«
»Das weiß ich nicht, James. Irgendwo hier in London. Die Gruppe hatte nicht einmal ein Stammlokal. Aber man blieb unter sich.«
»Wie viele Mitglieder waren es?«
»Kann ich auch nicht sagen.«
»Du hast nicht nachgeforscht?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich sah auch keine Veranlassung, wenn ich ehrlich sein soll…«
Ich mischte mich wieder ein. »Können Sie mir denn sagen, wann sich die Gruppe zum letzten Mal getroffen hat? Womöglich kennen Sie auch andere Mitglieder aus dem Kreis.«
Manfield geriet wieder ins Schwitzen und musste seine Stirn abtupfen. »Wenn Sie mich schon direkt fragen, muss ich es zugeben. Ja, ich kenne einige.«
»Wie viele sind es?«
»Fünf gehören dem Club an.«
»Hat er einen Namen?«
»Nein oder ja. Nicht offiziell. Er nannte sich der Zirkel. Das war alles.«
Ich räusperte mich. Etwas Licht sah ich schon am Ende des Tunnels. »Dann müssten wir die anderen befragen, ob sie etwas von der Veränderung ihres Freundes bemerkt haben.«
»Hat er sich denn verändert?«, fragte Sir Ernest. »Ich glaube nicht. Sonst hätte er nicht so wirken und sein normales Leben weiterführen können. Ich denke, da kommen Sie nicht weiter.«
»Aber die Namen haben Sie?«
»Ja.« Etwas widerwillig hatte er die Antwort gegeben. Für ihn zwar verständlich, aber ich wollte weiterkommen. Vom Schreibtisch holte ich mir einen Zettel und schrieb die Namen auf, die mir Sir Ernest diktierte. Danach bedankte ich mich und sah, wie er den Kopf schüttelte.
»Das ist mir alles sehr peinlich«, sagte er. »Ich komme mir vor wie jemand, der unschuldige Menschen verdächtigt.«
Sir James beruhigte ihn. »Keine Sorge, Ernest. Wenn wir recherchieren, dann wird es die Presse nicht erfahren. Das bleibt unter der Decke. Wenn du morgen in den Schlagzeilen über den Überfall liest, dann wirst du höchstens Spekulationen erfahren, aber nichts über die wahren Hintergründe.«
»Das wäre mir auch sehr lieb. Irgendwie fühle ich mich Stuart Gray gegenüber doch verpflichtet.«
Sir James nickte mir zu. »Dann wird es Ihre Aufgabe sein, John, dort nachzuforschen. Fragen Sie die vier Männer. Vielleicht gibt es eine Spur. An das andere wage ich gar nicht erst zu denken.«
Sir Ernest hob den Kopf an. »Was meinst du damit, James?«
»Das liegt auf der Hand. Wer sagt uns denn, dass es nur bei diesem einen Zombie bleiben muss?«
Genau das hatte ich auch gedacht, es jedoch für mich behalten. Nachdem die Worte ausgesprochen waren, wurde unser Besucher noch blasser. Er schloss sogar für einen Moment die Augen und schüttelte den Kopf. »Unvorstellbar, James. Die Männer sind in leitenden Positionen in der Wirtschaft tätig. Ich will es nicht
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