1146 - Zombie 2000
Kommen Sie mit!«
»Ich denke gar nicht daran. Ich werde einen Anwalt anrufen.«
»Kommen Sie.« Suko fasste Fenton in Höhe des linken Ellbogens an. Sein Griff war hart, und er zerrte den Mann einfach weiter, bis sie den Ort erreicht hatten, an dem die Leiche lag. In den Regalen zu beiden Seiten suchten die Beamten in den Kisten. Über Leitern waren sie hochgeklettert. Das Lager war zum Glück nicht so voll. So hatten sie auch in den Regalen Platz genug.
Der Tote war zum Teil verbrannt. Auch im Gesicht. Das Stemmeisen war ihm aus der Stirn gerutscht und lag daneben. Eine Gesichtshälfte sah noch normal aus. Wer den Mann kannte, der würde ihn auch identifizieren können.
»Schauen Sie ihn sich an, Mr. Fenton.« Suko ließ den Spediteur los und beobachtete ihn von der Seite. »Ist Ihnen der Tote bekannt?«
»Nein!«, lautete die barsche Antwort.
»Sind Sie sicher?«
»Verflucht, ja, ich bin mir sicher. Ich kenne den Typen nicht. Er gehört nicht zu meinen Arbeitern. Was soll das überhaupt? Wie sieht der Kerl denn aus?«
»Teile an ihm sind leider verbrannt.«
»Das sehe ich. Und warum ist das passiert? Hat er nicht aufgepasst? Ist er ans Feuer herangekommen? Hier ist eine offene Flamme verboten, und ich sehe auch keine anderen Spuren. Also lassen Sie mich mit dem Mist in Ruhe.«
»Er ist nicht durch Feuer gestorben«, erklärte Suko.
»Wie schön. Woran dann?«
»Dieser Mann starb auf eine besondere Art und Weise. Als er gefunden wurde, war er schon tot, aber er lebte trotzdem noch auf seine Art. Er hatte sich nur in der Kiste versteckt oder ist dort versteckt worden. Begreifen Sie das?«
»Nein!«
»Dann will ich deutlicher werden. Er ist oder er war ein Zombie, eine lebende Leiche.«
Ronald Fenton glotzte Suko an wie jemand, der ihm etwas Unwahrscheinliches erzählt hatte und an dessen Geisteszustand man echte Zweifel haben konnte. Dann schluckte er, senkte seine Stimme und flüsterte: »Wollen Sie mich verarschen?«
»Nein, Mr. Fenton. Alles was ich Ihnen hier gesagt habe, entspricht den Tatsachen. Ich habe es hier mit einem lebenden Toten zu tun gehabt, ob Sie es nun wollen oder nicht. Deshalb durchsuchen die Männer auch Ihr Lager. Es könnte ja sein, dass es nicht der einzige Zombie ist, der sich hier versteckt hält.«
Im Gesicht des Spediteurs zuckte es. Er sah aus, als wüsste er nicht, ob er lachen oder einen Wutausbruch bekommen sollte. Fenton entschied sich für eine andere Möglichkeit. Er öffnete den Mund und stieß einen gurgelnden Schrei aus. Dann ging er zurück. »Das ist doch alles Wahnsinn!«, brüllte er los. »Wollen Sie mich zum Narren machen?«
»Ich habe Ihnen gesagt, wie es tatsächlich ist.«
»Und ich soll Ihnen den Scheiß glauben, wie? Nein«, flüsterte er, »nein, da sind Sie auf dem falschen Dampfer. Ich glaube Ihnen nichts, gar nichts. Ich glaube nur, dass Sie nicht mehr richtig im Kopf sind. Das ist alles. Und jetzt lecken Sie mich kreuzweise. Ich verschwinde von hier. Ich habe heute eine Feier. Aber ich werde Schritte gegen Sie einleiten, darauf können Sie sich verlassen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und lief durch die Halle nach draußen. Noch auf dem Hof hörte Suko ihn toben.
Suko blies die Luft aus. Er hatte es schon öfter mit Cholerikern zu tun bekommen. Dieser Fenton gehörte zu den schlimmsten. Er raste vom Hof und hätte beinahe noch einen der Einsatzwagen gerammt.
Wahnsinnig hatte sich dieser Typ aufgeregt. Und genau da setzten Sukos Zweifel ein, denn er fragte sich, ob diese Aufregung echt oder nur gespielt war.
Es gab unter den Menschen Choleriker, doch Ronald Fenton setzte allem die Krone auf.
Er würde noch etwas von ihm hören, das stand fest, denn Fenton würde sich beschweren.
Suko schaute auf die halb verbrannte Leiche nieder. Es war wirklich ein schlimmer Anblick. Jeder, der die Leiche sah, hätte wohl geschluckt, aber bei Fenton war das nicht der Fall gewesen. Er hatte sich von seiner Stimmung nicht ablenken lassen, und die Leiche hatte er wie nebenbei betrachtet. So als hätte ihn das nicht weiter gestört.
Er hatte keine Fragen nach dem Wieso und dem Warum gestellt. Sollte er damit gerechnet haben, dass der Zombie sich befreien würde oder befreit worden war? Wenn ja, dann hätte Ronald Fenton auch eingeweiht sein müssen.
Es gab da einige Fragen, die Suko beschäftigten und auch noch beschäftigen würden. Aber er hatte nicht vor, sich weiterhin darüber den Kopf zu zerbrechen. Zumindest nicht in diesem Augenblick.
Aus
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