115 - Die Herrin des Sumpfes
alles in Ordnung. Das glaubte er, aber es stimmte nicht.
Nichts war in Ordnung, denn sein Mörder stand hinter ihm und starrte ihn haßerfüllt an.
»Vasco!« schrie Nelcina, so laut sie konnte. »Vorsicht! Hinter dir! Ian Wayne!«
Im gleichen Augenblick schlug der Amerikaner mit der Axt zu. Nelcina schloß entsetzt die Augen. Sie wollte nicht sehen, wenn die Axt traf.
Ihr Schrei ließ den Capo herumwirbeln, und er reagierte ohne Verzögerung. Das rettete ihm für den Augenblick das Leben. Er kippte gegen Wayne, hob den linken Arm und ließ den Hieb seitlich abgleiten.
Dann schlug er mit der Faust zu, doch er vermochte den Amerikaner nicht niederzustrecken. Wayne rammte ihm den Axtstiel in die Seite, schlug ihm das Holz gegen den Kopf, und Vasco da Volta fiel auf den Rücken.
»Ja!« brüllte Wayne begeistert, während er die Axt hochschwang. »So will ich dich haben!«
Die Axt sauste herab. Jetzt erst wollten die Garimpeiros ihrem Capo zu Hilfe eilen. Zu spät…
***
Nelcinas Schrei alarmierte uns. Ich sauste aus Manolo Pelos Hütte, und meine Kehle wurde eng, als ich sah, was passierte. Zwei Garimpeiros standen vor mir. Der Capo landete auf dem Rücken, und niemand schien ihm mehr helfen zu können.
Wayne hatte schon einmal gemordet, und er würde es immer wieder tun, denn er gehörte mit Haut und Haaren Kogora, war ein Hexendiener. Ich war davon überzeugt, daß er das auch bleiben würde, wenn es uns gelang, Kogora zu vernichten.
Dann würde er alles daransetzen, ihren Tod zu rächen. Dieser Mann war an die schwarze Macht verloren!
Und er war drauf und dran, vor aller Augen den zweiten grausamen Mord zu verüben. Ich brüllte die beiden Garimpeiros zur Seite, während ich den Colt Diamondback im Beidhandanschlag hielt.
Ich hatte nur eine Chance, Wenn die Kugel ihr Ziel verfehlte, war Vasco da Volta verloren!
Sobald die Männer aus der Schußlinie waren, krümmte ich den Finger. Der Revolver krachte, und mir stockte der Atem. Ging es sich noch aus?
Die Kugel traf, und Ian Wayne wurde mit der niederschwingenden Axt zurückgestoßen. Das blinkende Metall grub sich zwischen da Voltas Füßen in den Boden.
Ich hatte ihm das Leben gerettet, aber der Preis war noch. Der Preis war Ian Waynes Leben!
Und irgendwo lachte kreischend die verfluchte Hexe. »Auch so ist es mir recht!« schrie sie triumphierend. »Auch seine Lebenskraft nützt mir!«
Es machte ihr nichts aus, daß ihr Diener nicht mehr lebte. Sie war zufrieden mit seiner Energie, die auf sie überging. Eine heiße Wut brodelte in mir, Ich suchte Kogora, doch sie zeigte sich nicht. Mr. Silver lief an mir vorbei. Er hätte sie gestellt, wenn sie nicht sofort ausgerückt wäre.
Er beschimpfte sie, nannte sie eine feige Memme, doch sie ließ sich nicht provozieren. Sie wollte auch weiterhin diejenige sein, die das Geschehen diktierte. Sie wollte sich keinen Kampf aufzwingen lassen, und genau darauf hatte Mr. Silver abgezielt.
Man trug Ian Wayne in die Hütte der Amerikaner. Das geweihte Silber würde verhindern, daß er sich als Zombie erhob und seine üblen Taten fortsetzte.
Nelcina eilte weinend zu ihrem Geliebten, ließ sich neben ihm auf die Knie fallen und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. »Ich dachte, es wäre um dich geschehen«, schluchzte sie.
Ich begab mich zu den beiden. »Alles okay?« fragte ich.
»Mir zittern gehörig die Knie.« Der Capo streckte mir die Hand entgegen, und ich half ihm auf. »Danke, Tony Ballard. Sie haben mir das Leben gerettet. Das werde ich nie vergessen.«
»Danke«, sagte auch Nelcina, nachdem ich dem Capo kurz die Hand gedrückt hatte. Dann umarmte und küßte sie mich.
Jivi erschien - mit Pfeil und Bogen! Der Indio hatte die Sehne straff gespannt. Das Holz, das er verwendet hatte, kannte ich nicht. Es war auf jeden Fall sehr elastisch. Ich legte den Zauberpfeil versuchsweise auf die Sehne und zog durch, ohne den Pfeil abzischen zu lassen.
»Ein Meisterwerk«, lobte ich Jivis Arbeit, und der kleine Indio grinste mich glücklich an.
Mr. Silver kam zurück. »Nun fehlt dir nur noch das lohnende Ziel«, sagte er. »Kogora!«
Und plötzlich war sie da - in jener Gestalt, wie wir sie auf der Sandbank in der Mitte des Flusses gesehen hatten. Eine gefährliche, tödliche Schönheit.
Sie stand dort, wo sie als Skelett hochgeklettert war. »Tod den Garimpeiros!« schrie sie. »Tod allen Menschen, die sich in meinem Gebiet aufhalten!«
Sie war zu weit weg. Auf diese Entfernung hätte ich sie mit dem Pfeil
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