115 - Die Höhle des Chakra
Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten, begab sich der Cro Magnon ins Nebenzimmer, wo Don Chapman bereits auf ihn wartete.
Unga suchte das Etagenbad auf. Während das kalte Wasser aus der Dusche über seinen Körper floß, dachte er darüber nach, wie schön es mit Manjushri hätte sein können, wenn der Chakravartin und die dämonischen Mächte nicht gewesen wären. Um so länger er nachdachte, um so wahrscheinlicher erschien es Unga, daß der Chakravartin ein Januskopf war. Er mußte Manjushri aus seiner Macht befreien.
Unga überlegte, was die Zweigesichtigen im Kailasanath-Tempel wohl vorhatten. Das Totenkopfmonster mit dem Vogelschnabel war ihr Diener und ihre Kreatur, nahm Unga an.
Er rasierte sich und putzte sich die Zähne. Diese Verrichtungen, die zur Zivilisation gehörten, hatte er sich angewöhnt; sie waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Vieles hatte auf Unga abgefärbt. Aber immer noch besaß er seine geschärften Sinne und seinen wachen Instinkt; und er hatte eine völlig andere Denkweise als die Menschen des 20. Jahrhunderts.
Unga war ein Jäger, dem die Unruhe im Blut steckte. In der Steinzeit hatte er Säbelzahntiger und Mammute gejagt und war mit seinem Stamm von einem Ort an den nächsten gezogen. Auch damals schon hatte er Dämonen bekämpfen müssen. Jetzt jagte er nur noch Dämonen, stritt gegen böse und übernatürliche Einflüsse. Er tat es ohne Gnade und ohne Schonung seiner selbst und der Gegner. Unga hatte etwas von einem mystischen Helden der Vorzeit. Er war ein Barbar, den es ins 20. Jahrhundert verschlagen hatte, und die Tünche der Zivilisation war dünn.
Er kleidete sich an und suchte Don auf. Manjushri hatte das einzige Zimmer mit Bad und Toilette auf der Etage bekommen. Sie kam, als Unga gerade nach ihr sehen wollte. Manjushri trug einen bunten Seidensari - ein sechs Meter langes Wickelgewand, das kunstvoll um den Körper geschlungen wurde. Sie erschien Unga schöner denn je; wie eine Lotosblüte, auf der noch der Morgentau schimmerte.
Der rauhe Cro Magnon lächelte.
Unga nahm Don Chapman unter seiner Jacke ins Gastzimmer, wo wieder Touristen abgefüttert wurden. Es gab in Ellora zwei Hotels und einen weiteren Gasthof. Auch beim Tempelgelände, nicht sehr weit vom Kailasanath-Tempel entfernt, gab es einen großen Gasthof.
Unga und Manjushri setzten sich wieder in die Nische, wo Sri Mahadev schon ungeduldig wartete. Colonel Bixby saß bei ihm. Er trug sein gelbes Mönchsgewand und war ein ruhender Pol in der Unruhe rundherum.
Der Vorhang wurde zugezogen, nachdem Unga und Manjushri bestellt hatten. Jetzt begrüßte der Colonel auch Don Chapman.
„Wir werden heute eine Großaktion starten, um den bösen Einfluß der unheimlichen Macht im Tempel zurückzutreiben", sagte der Colonel. „Die Hälfte der Gurus und Sadhus sowie auch Adepten werden kommen. Die anderen halten sich bereit, um eingreifen zu können, falls das notwendig werden sollte."
„Gut", sagte Unga. „Dann werde ich mit Don und Manjushri den Tempel aufsuchen."
Colonel Bixbys dunkle Augen fixierten mit zwingendem Ausdruck Manjushri.
„Auch die schönste Blume welkt, wenn sie mit einem giftigen Pesthauch in Berührung gerät", sagte er. „Kehre um, liebliche Schöne, bevor dein Weg in den Abgrund führt!"
Unga überlief es kalt. Er legte einen Arm um Manjushri. „Was wollen Sie damit sagen, Colonel?" „Nichts. Ich habe meditiert, und dabei sind mir ein paar Eingebungen gekommen. Jeder Mensch hat sein Karma. Ich will nicht weiter reden."
Unga nahm diese dunkle Prophezeiung als eine Warnung. Aber Manjushri blieb unbeeindruckt. Unga überlegte, ob er sie mitnehmen sollte in den Tempel. Er wollte Manjushri nicht verlieren.
Aber wie sollte sie sich je von Chakravartin lösen, wenn sie die Wahrheit nicht erkannte? Und was würde sie tun, wohin sich wenden, wenn er sie unbeaufsichtigt ließ? Eben war der Cro Magnon noch fröhlich und heiter gewesen, jetzt überschattete alles eine dunkle Wolke.
Das Essen kam. Unga hatte sich wieder für Wild mit Curryreis entschieden, von dem er eine gewaltige Menge verzehrte. Dazu trank er Fruchtsaft und geeisten Tee, denn er wollte einen klaren Kopf behalten.
Auch Don Chapman und Sri Mahadev ließen es sich schmecken. Colonel Bixby ernährte sich rein vegetarisch, genau wie Manjushri.
„Wie kommt es, daß Sri Mahadev Fleisch ißt und Sie nicht, Colonel?" fragte Unga. „Sie gehören doch der gleichen Sekte an."
„Ich bin ein Sadhu, ein Erleuchteter", antwortete
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