115 - Die Höhle des Chakra
Sollte nicht die Weisheit der großen Religionen die Lösung für die Probleme Indiens und der Welt bringen?"
Unga konnte sich gut vorstellen, wie Manjushri gedacht und geforscht hatte. Es war etwas Rührendes in den Bemühungen dieses schönen jungen Mädchen. Die Schönheit von Manjushris Geist stand der ihres Körpers nicht nach.
„Eines Tages stieß ich bei meinen Forschungen auf eine neue und erhabene Sekte, auf die des Chakravartin. Zuerst versprach ich mir nicht viel davon. Ich ging mehr aus Neugierde zu einer Versammlung. Ein Mann sprach von Chakravartin. Ich spürte die Begeisterung der Chakra-Anhänger, ihren wahren Glauben. Diese Begeisterung griff auf mich über. Der Guru der Chakras berührte meine Stirn mit einem seltsamen Amulett, wie ich noch nie zuvor eines gesehen hatte, und ich begriff, daß in Chakra allein das Heil zu finden ist. Dann erschien der Bote des Chakravartin. Seine großen Augen sahen mich an und schauten bis auf den Grund meiner Seele. Die letzten Zweifel wichen von mir. Seitdem bin ich eine Chakra. Ich lebte eine Weile in Bombay, dann bekam ich den Auftrag, mich in deine Nähe zu begeben."
Jetzt wußte Unga alles; nur nicht, wie er Manjushri von Chakravartins Einfluß befreien konnte.
Unga empfand viel für Manjushri, vielleicht liebte er sie sogar. Der Chakravartin aber war sein Rivale.
„Du wirst mit mir in den Tempel gehen", sagte Unga. „Gemeinsam werden wir die Wahrheit suchen. Wenn du erkennst, daß der Chakravartin ein böses Ungeheuer ist, eine schlimme, dämonische Macht, wirst du dich dann von ihm abwenden?"
Manjushri lächelte. „Kann denn die Sonne die Nacht sein? Ist das Meer der Wind? Ich gehe mit dir, Unga, denn es hat keine Bedeutung. Ich werde bald im Paradies des Chakra sein. Komm jetzt zu mir! Ich hoffe, daß auch du bald zu den Erleuchteten gehören wirst."
Unga küßte Manjushri, und gemeinsam sanken sie aufs Bett. Die schöne Inderin wurde leidenschaftlicher, und Unga wollte, daß sie zumindest für eine Weile den Chakravartin vergaß.
Es wurde eine schöne Liebesnacht. Unga schlief erst gegen Morgen ein. Manjushri sah auf den Cro Magnon nieder, der neben ihr im Schlummer lag, und strich ihm sanft das Haar aus der Stirn.
„Ich liebe dich", flüsterte sie, „aber ich gehöre dem Chakravartin. Vielleicht werden wir uns eines Tages in seinem Paradies wiedersehen und unsere Seelen verschmelzen lassen."
Hanuman hatte den Tod seines Irrwischs Candra noch nicht verwunden. Er sann auf Rache. Zudem hatte er den strikten Befehl Luguris, endlich herauszufinden, wer sich hinter dem Chakravartin verbarg, und ihm das Handwerk zu legen. Der Erzdämon selbst konnte nicht nach Indien kommen; er hatte an anderen Orten der Welt genug zu tun. Es gab seltsame Phänomene, die nichts mit dämonischem Wirken zu tun hatten und denen er begegnen mußte; zudem arbeitete er noch daran, seine Macht über die Schwarze Familie absolut zu festigen.
Hanuman begab sich aus seiner finsteren Höhle im Hochland von Dhekan nahe dem Godawarifluß zu der alten Tempelstadt im Vindjagebirge, die sein Hauptstützpunkt war. Ein primitiver Bergstamm, der in panischer Angst vor Hanuman und seinen Dämonen und Affenscharen lebte, bewachte diese Stadt. Der Dschungel hatte sie überwuchert. Hier führte Hanuman bei Vollmond grausige Sabbate auf und feierte blutrünstige Rituale. Wie ein Komet jagte er über den Himmel, materialisierte in der riesigen Halle des Schwarzen Tempels und setzte sich auf den Affenthron.
Der Dämon zeigte sich seinen Untertanen in der Gestalt eines riesigen neunarmigen Affen. Die Verletzung, die Unga ihm beigebracht hatte, war dank seiner dämonischen Natur bereits geheilt. Hanumans große Eckzähne blitzten. Er trug eine Kette aus menschlichen Schrumpfköpfen um den Hals und hielt in seinen neun Händen Totenköpfe und andere makabre Gegenstände. Dampf stieg aus seinen Nüstern auf. Seine Augen glühten.
Affen schlugen außerhalb des Tempels die großen Baumtrommeln.
Hanuman ruft,
verkündete ihr Klang allen Dämonen und auch den anderen Lebewesen in der Umgebung.
Kommt zu dem großen Hanuman, ihr, die ihr zu seiner Schar gehört!
Und sie kamen. Die Dschungelgeister, die Nachtdämonen und Nebelwesen, die Wertiger und die schwarzen Elefanten, die Leopardenmenschen, die im Wasser hausenden Dämonen, der schreckliche Schneemensch der Vindjaberge und viele andere.
Sie alle versammelten sich in der alten Dschungelstadt. Hanumans Affenscharen hockten auf den
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