1152 - Prinzessin Blutleer
einmal durch den Mittelgang und vergewisserte sich, dass jeder Passagier auch angeschnallt war. Sie schenkte den Leuten ein Lächeln, sprach hin und wieder ein paar Worte und blieb auch bei mir stehen.
»Wieder wach, Sir?«
»Ja. Es war ein wunderbarer Flug.«
»Danke.«
Ich reckte mich so gut wie möglich und warf einen Blick aus dem Fenster. Ich hätte London unter mir sehen müssen, leider war es zu stark bewölkt. So war mir der Blick auf die Riesenstadt mit der langen Zunge darin verwehrt; die Themse sah von oben wirklich aus wie ein Band oder eine Zunge.
Ich hatte natürlich mit London telefoniert. Man würde mich abholen. Wahrscheinlich stand Suko am Airport, um mich - obwohl er sich bestimmt freute - mit Vorwürfen zu überhäufen, weil ich ihn nicht mit nach Russland genommen hatte.
Es war eben anders gelaufen, und wenn ich ehrlich war, so hatte ich keine Lust auf eine Begegnung mit irgendwelchen Dämonen. Ich wollte für ein paar Tage einfach meine Ruhe haben und spielte auch mit dem Gedanken, einfach Urlaub zu nehmen. Nach dieser harten Sache in Russland stand er mir zu.
Die Maschine flog in die dichten Wolken ein. Dabei wurde sie geschüttelt. Als relativer Vielflieger achtete ich nicht darauf. Das ging vorbei, sobald wir die Wolkendecke hinter uns gelassen hatten.
Ein Lächeln umspielte meine Lippen, als ich das Gelände des Flughafens unter mir sah.
Es war eine Stadt für sich. Gewaltig in den Ausmaßen und eine der größten Drehscheiben der Welt für den Flugverkehr. Obwohl die Fenster geschlossen waren, hatte ich das Gefühl, die Heimat riechen zu können. Hier sah ich nichts mehr von der schier endlosen und schneebedeckten Weite Russlands. Über London lag ein sehr grauer und trüber Märztag.
Wir sanken sehr schnell. Graue Schatten huschten außen am Fenster vorbei, und dann bekamen die gewaltigen Räder den ersten Kontakt mit der Rollbahn. Ein kurzes Schütteln, die Maschine setzte auf und rollte aus.
Geschafft!
Ich war wieder daheim, und das grauenhafte Abenteuer in Russland kam mir jetzt vor wie ein längst weit zurückliegender Traum. Entspannt wartete ich ab, bis die Maschine ausgerollt war und löste erst dann den Gurt. Wie so oft konnten es die Passagiere kaum erwarten, den Flieger zu verlassen. Ich ließ alle vorangehen und ging als zweitletzter dem Ausgang entgegen, wo sich die Stewardessen aufhielten und jeden Gast nett verabschiedeten.
Ich konnte noch einen Blick in das Cockpit werfen, in dem der Flugkapitän saß und seine Arme zu den Seiten hin gereckt hatte. Auch er war froh, sich endlich bewegen zu können.
Ich hatte meine Waffe nicht bei ihm abzugeben brauchen und hatte auch nicht durch die normalen Kontrollen gehen müssen. Da war mein Sonderausweis schon so etwas wie ein Sesam, öffne dich! gewesen. Nur am Gepäckband musste ich warten wie die anderen Passagiere auch.
Ich hatte nur eine Reisetasche, die sogar als eines der ersten Gepäckstücke über das Band rollten. Ein Griff, ich hatte sie und ging mit schnellen Schritten zum Ausgang hin, aus dessen Richtung mir ein Gewirr von Stimmen entgegenbrummte.
Ich wurde abgeholt. Das war mir versprochen worden. Nur nicht von Suko. Ich bekam große Augen, als ich plötzlich meinen alten Freund Bill Conolly sah, der mir zuwinkte und dabei breit grinste.
»Bist du eine Fata Morgana?« fragte ich, noch bevor wir uns begrüßt hatten.
»Sehe ich so aus?«
»Für mich schon.«
Wir umarmten uns. »Toll, dass du wieder da bist«, sagte Bill. »Wir haben dich vermisst.«
»Ach, sag nur.«
»Ja. Als ich von Suko hörte, wo du dich herumgetrieben hast, ist mir ganz anders geworden.«
»Es war auch nicht eben eine Erholung.«
»Kann ich mir denken.«
»Ach ja«, sagte ich, »das ist nicht gegen dich gerichtet, Bill, aber warum bist du und nicht Suko gekommen?«
»Er war verhindert.«
Ich trat einen Schritt zurück und schaute den Reporter fast strafend an. »Tatsächlich? Oder hast du ihn bekniet?«
»Nun ja, auch das ein wenig. Aber wie ich hörte, soll Suko euren Chef Sir James heute begleiten. Wohin, das weiß ich nicht, aber jetzt bin ich da, und du brauchst dich nicht in eine U-Bahn oder in einen Bus zu quetschen.«
»Ich weiß deine Großzügigkeit zu schätzen. Gehen wir noch auf einen Drink irgendwohin?«
»Der Vorschlag hätte von mir sein können.«
»Wunderbar, komm.« Wir gingen nebeneinander her, und ich fragte: »Hat sich denn hier während meiner Abwesenheit etwas verändert?«
»Nein, das waren nur
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