1154 - Dämonen-Trauer
Blick in einen dunklen Flur, der nur das Licht mitbekam, das über die Schwelle fiel.
Suko betrat die Wohnung. Er drückte die Tür hinter sich zu und machte selbst Licht.
»John?«, rief er mit halblauter Stimme. »John, bist du da?« Er ging weiter. Die Tür zum Wohnzimmer war nicht geschlossen, und Suko hätte das Zimmer locker betreten können, was er jedoch nicht tat. Dicht davor blieb er stehen.
Für ihn war dieser Stopp die Folge einer Warnung gewesen, die ihm sein Unterbewusstsein geschickt hatte. Er sah die Welt zwar nicht mit anderen Augen - er sah überhaupt nicht viel im Wohnzimmer, da dort kein Licht brannte -, aber er ging von einer Veränderung aus, die sich irgendwo vor ihm verborgen hielt.
Suko achtete auf seine Gefühle. Etwas strömte den Rücken hinab. Es war wie flüssiges Eis, das sich mit Wasser vermischte hatte. Woran es lag, konnte er nicht sagen. Wahrscheinlich an der Stille, die ihm vorkam wie eine starke Belastung.
Sein Inneres sagte ihm, dass er einen Fehler begangen hatte. Er hatte nämlich die Beretta nicht mitgenommen. Auch der Stab befand sich noch in der Wohnung nebenan. Wenn er sich jetzt verteidigte, dann mit Händen und Füßen, doch auch darin war Suko ein wahrer Meister.
Es passierte nichts. Es war und blieb ruhig. Genau das störte ihn. Es war auch nicht so finster. Zwar brannte kein Licht, und draußen hatte die Dunkelheit längst die Kontrolle übernommen, aber die Umrisse der Möbel waren schon zu erkennen. Zudem kannte sich Suko so gut in der Wohnung aus, dass er auch im Finstern nirgendwo anstoßen würde.
Er kam sich zwar etwas lächerlich dabei vor, aber er rief den Namen seines Freundes noch einmal.
Und diesmal mit etwas lauterer Stimme, so dass der Ruf auch im Schlafzimmer zu hören sein musste. John war kein Mensch, der einen tiefen Schlaf hatte. Erst recht nicht um diese recht frühe Zeit.
Das war vergebens. Man blieb ihm die Antwort schuldig. Suko presste die Lippen zusammen. Es war eigentlich lächerlich, was er tat. Er hätte umdrehen und wieder zurück in seine Wohnung gehen sollen.
Die Energie brachte er nicht auf, weil er einfach das Gefühl hatte, einen zu großen Widerstand überbrücken zu müssen. Etwas hielt ihn in dieser menschenleeren Wohnung fest.
Für den Inspektor war es ein Zwang, über den er sich ärgerte. Er wusste auch, dass dieser Zwang nicht von außen an ihn herangetragen wurde, sondern aus seinem Innern in die Höhe drang. Er selbst war derjenige, der nicht gehen wollte.
Eine Wohnung kann unterschiedlich leer sein. Das war Suko auch bekannt. Diese hier war leer, und trotzdem wollte der Inspektor nicht so recht daran glauben.
Zwischen den Wänden hielt sich etwas auf. War etwas zurückgelassen worden oder etwas herangeschlichen, das sich nun ausbreitete und sich verborgen hielt.
Suko wusste nicht, wie oft er seinen Blick schon durch das Wohnzimmer hatte schweifen lassen, ohne auch nur einen verdammten Hinweis zu entdecken.
Er hätte noch die Küche, das Schlafzimmer und auch das Bad untersuchen können. Dazu musste er durch das Wohnzimmer, das für ihn mit vergehender Zeit immer mehr zu einem fremden Terrain wurde.
Er sah nichts und konnte trotzdem nicht an die Normalität glauben. Irgendwo hielt sich etwas versteckt, das nicht in diese Wohnung hineingehörte.
Licht war wichtig.
Suko bewegte sich etwas nach vorn, um den Schalter mit einem Griff erreichen zu können. Eine knappe Bewegung mit der Hand. Die Lampe unter der Decke würde hell werden.
Sie wurde nicht hell!
***
Suko tat nichts!
Dass hinter ihm das Licht im Flur brannte, war für ihn völlig unwichtig geworden. Es zählte nur, dass es vor ihm dunkel geblieben war. Das musste einen Grund haben. Einen normalen, denn jede Birne konnte durchbrennen, aber auch einen unnormalen. Das hieß, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte.
So etwas gefiel dem Inspektor überhaupt nicht, denn er tendierte eher zur zweiten Möglichkeit.
Er wusste noch nicht genau, wie er sich verhalten sollte. Es war nichts zu sehen. Es bewegte sich kein Schatten durch den Raum, aber der Inspektor war mittlerweile davon überzeugt, nicht mehr allein in dieser Stille zu stehen.
An einen normalen Einbrecher dachte er nicht. Das wäre auch Unsinn gewesen, denn bei John Sinclair war nichts zu holen. Außerdem hatte er am Schloss keine Spuren gesehen.
Einige Vorstellungen wirbelten durch seinen Kopf. Er dachte daran, dass John sich trotz allem noch in der Wohnung aufhielt. Im Schlafzimmer
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