1154 - Flucht aus dem Grauen Korridor
verzweifelt aufgeben wollte, war die ganze Erinnerung von einer Sekunde zur anderen da, und zwar so klar und deutlich, als erlebe er jetzt in diesem Augenblick alles noch einmal...
*
Bei einem seiner ersten und unfreiwilligen körperlosen Stürze in die Vergangenheit vor mehr als zweitausend Erdjahren war es ihm, als er die Kontrolle über sein Bewußtsein zurückerlangte, endlich gelungen, das Hinabtauchen in die Zeit aufzuhalten. Er befand sich noch immer in der Milchstraße, wenn auch in einem ihm damals noch unbekannten Sektor.
Er beendete also den Zeitsturz, der ihn noch weiter in die Vergangenheit geführt hätte.
Gewisse kosmische Merkmale ließen ihn vermuten, daß er sich in einer Zeitepoche aufhielt, die etwa hunderttausend Jahre in der Vergangenheit lag.
Eine Orientierung fiel schwer, und Sol hatte er längst aus dem Blickfeld verloren. Aber es gab genügend andere und nahezu unveränderliche Merkmale, nach denen er sich unter Berücksichtigung der jeweiligen Fortbewegungsgeschwindigkeit richten konnte.
Eine blaue Riesensonne mit zwei grünen Begleitern, die er entdeckte, war ein solches fast einmaliges Merkmal. Er kannte es. Die Sonne besaß keine Planeten, aber sie verriet ihm ungefähr, wo er sich nun befand. Aber nicht das WO, sondern das WANN war das Problem.
In einiger Entfernung, die er nur abschätzen konnte, fiel ihm ein rötlicher Schimmer auf.
Eine kosmische Staubwolke vielleicht?
Er hatte alle Zeit der Welt, im wahrsten Sinne des Wortes, also hatte er auch die Zeit, die aufsteigende Neugier zu befriedigen. Damals wußte er noch nicht, ob er jemals wieder in seinen Körper zurückkehren konnte, aus dem ihn der Elektroschock geschleudert hatte.
Er lenkte seinen körperlosen Flug in die Richtung des rötlichen Schimmers, und je mehr er sich der seltsamen Erscheinung näherte, desto intensiver wurde die Farbe, und das Ganze nahm schließlich die Ausmaße einer riesigen Wolke aus glühenden und radioaktiv strahlenden Gasen an.
Er hielt sich in sicherer Entfernung, denn er wußte nicht, ob ihm die Strahlung oder die gewaltigen Energieausbrüche etwas anhaben konnten.
In relativer Nähe konnte er einige Sonnen ausmachen. Eine von ihnen wurde von Planeten umlaufen, und Ellerts Forscherdrang begann sich zu fragen, ob sich in der Umgebung der gefährlich strahlenden Wolke auch das Leben entwickeln konnte.
Er bekam sich immer besser unter Kontrolle, so daß es ihm nicht schwerfiel, das fremde Sonnensystem in Sekundenschnelle zu erreichen, wo er sofort mit der Suche begann. Der vierte Planet erregte seine Aufmerksamkeit, obwohl der größte Teil seiner Oberfläche aus Wasser bestand. Im Wasser, so wußte er, entstand am leichtesten organisches Leben.
Der vierte Planet war keine Ausnahme.
Die wenigen Landflächen waren mit dichter Vegetation bedeckt, die reichlich Nahrung geboten hätte, aber er fand keine Tiere oder gar Spuren einer intelligenten Lebensform.
Noch gehörte das Land den Pflanzen.
Dann tauchte er hinab in den weltumspannenden Ozean, und hier entdeckte er das, was er vermutet und gesucht hatte. Es wimmelte von Leben in den unterschiedlichsten Formen, aber erst eine einzige Art hatte bereits das Gehirn entwickelt und vermochte logisch zu denken.
Eine Lebensform, die an eine irdische Qualle erinnerte - eben an eine Meduse.
Um mehr in Erfahrung zu bringen, übernahm er eine von ihnen und stellte die Verbindung zu dem schwach ausgebildeten Bewußtsein her, das keinen Widerstand verriet und sofort zur Zusammenarbeit bereit war. Nach und nach erfuhr Ellert, was er wissen wollte.
Die meisten Medusen betrachteten mit Recht ihre Sonne als Ursprung des Lebens und Quelle ihrer weiteren Entwicklung. Die Sonne spendete Licht und Wärme, und die Pflanzen ernährten sich von ihr. Aber auch die Medusen nahmen die energetische Abstrahlung in sich auf und verwandelten sie in die benötigten Nährstoffe.
Es gab allerdings einige weiter entwickelte Arten von Medusen, die nicht ihre Sonne, um die der Planet kreiste, als das wichtigste Lebenselement ansahen, sondern den großen roten und diffusen Fleck, der nachts über dem Ozean zwischen den Sternen am Himmel glühte.
Diese Theorie erschien Ellert zunächst weit hergeholt und zudem unsinnig, aber bald mußte er erkennen, daß dem keineswegs so war. Die rote Wolke, die er ja aus nächster Nähe gesehen - und auch gespürt - hatte, schickte ungeheure Mengen ndimensionaler Energie nach allen Seiten in den Raum.
Das System der Medusen
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