1154 - Flucht aus dem Grauen Korridor
andere Lösung zu finden - oder die Menschheit hätte sich selbst vernichten müssen, als letzten verrückten Ausweg.
Im Augenblick jedoch hatte Ellert andere Sorgen, als philosophische Betrachtungen anzustellen. Er mußte den Nachfolger des vor langer Zeit vernichteten Kunstplaneten „Wanderer" finden - EDEN II. Denn nur über EDEN II konnte er vielleicht Kontakt mit ES aufnehmen.
Immerhin gab es einen schwachen Trost. Er wußte, daß er die Gedankenimpulse der in ES aufgegangenen Mutanten über große Entfernungen hinweg empfangen konnte, wenn diese zu einer bewußten Abstrahlung mit höchster Konzentration zusammenfanden. Und wenn ES sie bei ihrem Versuch unterstützte.
In einer der Galaxien, die er durchstreifte, geriet er in die gefährliche Nähe eines riesigen Schwarzen Loches, dessen ungeheuere Anziehungskraft selbst ihn, der auch nur pure Energie war, von seinem Kurs abbog, so daß er diesen mit aller geistigen Kraft, die ihm zur Verfügung stand, korrigieren mußte.
Ein anderes Mal wich er einer gigantischen Sternexplosion aus und wurde im Vorbeiflug Zeuge der Geburt einer Supernova.
Aber noch immer keine Spur von EDEN II...
Schon lange richtete er sich nicht mehr nach stellaren Konstellationen, das war nur innerhalb der eigenen Milchstraße möglich gewesen, sondern nach den imaginären Bildern, die von den Galaxien in das Nichts gezeichnet wurden. Viele von ihnen kannte er, denn sie hatten in der Vergangenheit oft genug seinen Kurs bestimmt.
Als er die verschwommenen Grenzen der Mächtigkeitsballung erreichte, kehrte er um und begann seine Suche erneut in der umgekehrten Richtung.
Er hatte jedes Zeitgefühl verloren, was für ihn in dieser Situation nicht ungewöhnlich war und ihn daher auch nicht beunruhigte. Sorgen machte er sich in erster Linie wegen der nächsten Plage, die Vishna ohne jeden Zweifel schicken würde, aber noch schlimmer war der Gedanke daran, was am Ende des Grauen Korridors auf die Erde und ihre Bewohner wartete.
*
Er befand sich auf dem Weg von einer ihm fremden Galaxis zu der nächsten, als plötzlich etwas völlig Unerwartetes geschah.
Mitten in seinem rasenden Flug wurde er gestoppt.
Es war so, als wäre er gegen ein unsichtbares Hindernis mitten im Nichts gestoßen, ohne allerdings auch nur das geringste „gespürt" zu haben.
Er überwand die sofort aufsteigende Panik und blickte sich um, nach allen Seiten zugleich, wie immer im körperlosen Zustand. Die Galaxien, nach denen er sich gerichtet hatte, standen unbeweglich in der dunklen Leere des Weltalls, winzige Lichtflecke, wie ferne Sterne von der Erde aus gesehen. Dazwischen lagen die sternenlosen Abgründe, die nun auf einmal unüberwindlich schienen.
Das Gefühl der Hilflosigkeit wurde erneut zur Panik. Ellert fand keine Erklärung für das unbegreifliche Phänomen. Vorsichtig versuchte er, den unterbrochenen Flug fortzusetzen, aber er verharrte unverändert auf der Stelle, soweit er das beurteilen konnte. Selbst mit Lichtgeschwindigkeit hätten sich diese Positionen der sichtbaren Galaxien nicht merklich verändert, und wenn schon, dann erst in vielen Hunderten von Jahren.
Er gab seine fruchtlosen Bemühungen auf, unterdrückte abermals die ihn fast lähmende Panik und versuchte angestrengt, eine Erklärung zu finden. Die Zwischenzonen in der Wand des Grauen Korridors hatten Grenzen gehabt, die er nicht überwinden konnte - das war zur Not noch zu begreifen, denn dort überschnitten sich Dimensionen. Aber hier befand er sich - im Augenblick wenigstens - in der für ihn normalen dritten Dimension, im Einstein-Universum.
Welche Macht verfügte über die Fähigkeit, ihn aus der fünften in die dritte Dimension zurückzuholen und seinen Flug anzuhalten?
Die halb unterdrückte Panik wich plötzlicher Hoffnung und Zuversicht, denn auf seine Frage konnte es eigentlich nur eine Antwort geben: ES!
Genau in dieser Sekunde, in der er es dachte, „pochte" etwas gegen sein Bewußtsein.
Er wußte sofort, was das zu bedeuten hatte. Jemand, oder Etwas, versuchte, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
Das war nicht der Unsterbliche, wußte er auch.
Aber wer oder was, hier, in dieser schier grenzenlosen Leere?
Vorsichtig und auf den heimtückischen Angriff einer vielleicht aggressiven fremden Lebensform gefaßt, öffnete er sich behutsam den ziemlich schwachen Impulsen, die eindeutig versuchten, zu ihm vorzudringen. Er war bereit, sich sofort abzuschirmen, wenn sich das als notwendig erweisen sollte.
Das Fremde und
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