1155 - Luzifers große Stunde
hatte sich kaum gebessert. Ich hatte zwar im Bett gelegen, jedoch kaum ein Auge zugetan. Noch immer fühlte ich mich recht bleiern, was Suko mir angesehen hatte. Deshalb war es für ihn keine Frage, dass er das Lenkrad übernahm und mich auf dem Beifahrersitz hocken ließ. Er wurde mit gewissen Vorgängen eben besser fertig. Das lag an seiner Natur. Er hatte sich auch nicht in einer so prekären Lage befunden wie ich.
»Ich an deiner Stelle würde versuchen, eine Mütze voll Schlaf zu nehmen.«
»Das mache ich auch. Oder versuche es. Aber du weißt ja, wie das ist. Da wollen die Gedanken nicht aus dem Kopf. Da fehlt einem einfach die Ruhe.«
»Kann ich nachvollziehen.«
Ich hatte ihm von Lady Sarahs Aufklärung berichtet. Auch Suko war der Meinung, dass wir uns auf der richtigen Spur befanden. Wenn alles klappte, würden wir am frühen Nachmittag in Uplees eintreffen.
Bei mir forderte die Natur schließlich ihr Recht. Mir fielen tatsächlich die Augen zu, und es war kaum zu fassen, dass ich nicht träumte. Ich schlief wunderbar ruhig durch, obwohl ich zwischendurch mal erwachte. Aber es war nicht das richtige Erwachen, sondern ein Gefühl wie eingeklemmt zu sein. Der Wille war zwar vorhanden, nur war es mir nicht möglich, ihn zu mobilisieren. Deshalb konnte ich auch nicht unbedingt wach bleiben und sackte wieder weg. Das passierte mir noch zwei Mal, beim dritten Mal war ich dann voll da.
»Willkommen in der Welt der Lebenden!«, hörte ich Sukos Kommentar. »Alles paletti?«
Ich rieb mir die Augen. »Ja - schon.«
»Das hörte sich nicht so an.«
Diesmal musste ich lachen. »Ich bin irgendwie noch etwas kaputt. Es wird dauern, bis es in meinem Gehirn wieder arbeitet. Warte ab, das klappt schon. Wo sind wir eigentlich?«
»Ashford liegt schon hinter uns.«
»Ho, das ist gut.«
»Du warst wirklich Stunden weggetreten. Über das Wetter brauchen wir uns auch nicht zu beschweren.«
Da musste ich Suko zustimmen. Optimisten hätten sicherlich von einem Frühlingshimmel gesprochen, der hoch über dem Land lag. Ein sanftes Blau, auf dem sich weiße Wolken verteilten, und auch die Scheibe der Sonne zeigte sich hin und wieder.
Der Winter war vorbei. Nur noch im Gebirge lag er in den letzten Zügen. Jetzt kam der Frühling.
Eine Jahreszeit, die die Menschen wieder aufblühen ließ. Weg mit dem Muff des Winters und hinein in die herrliche Sonne.
Die Sonne würde zwar scheinen, doch unsere Probleme blieben die gleichen. Daran änderte auch die hügelige Provinz Kent nichts, die in hellem Licht gebadet wurde. Es war ein Genuss für mich, hinzuschauen und die Blüte zu erleben, die bereits in vollem Gang war. Auch das Gras sah wieder heller aus, und die kleinen Orte wirkten im hellen Licht wie frisch geputzt.
Wir fuhren nach Norden. Suko wolle nicht, dass ich ihn ablöste. So konnte ich mich den Gedanken hingeben. Wie ich es auch drehte und wendete, ich war nicht in der Lage, einen normalen Plan zu entwickeln, weil ich einfach zu wenig wusste.
Es lag noch ein Ort vor unserem Ziel.
Eine Stadt. Sie hieß Faversham. Sie lag schon nahe der Küste, und von Norden her führten kleine Fjorde in die Stadt hinein. Auf der Karte hatten wir gesehen, dass eine Straße bis Uplees führte.
Das Wetter blieb uns treu, und bei Faversham veränderte sich bereits der Geruch der Luft. Man nahm die Nähe des Meeres wahr. Durch das offene Fenster an meiner Seite atmete ich die salz- und sauerstoffhaltige Luft tief ein, und meine Lethargie lag längst hinter mir. Jetzt konnte ich mich auch gedanklich wieder auf die Dinge konzentrieren, die vor uns lagen. Ich wollte, dass dieser Fall beendet wurde. Die eine verdammte Gestalt auf der Insel hatte mir gereicht. Zu wissen, dass noch weitere erscheinen würden, um dann Menschen anzugreifen, machte mich nervös.
Es waren nur noch drei bis vier Kilometer, dann hatten wir Uplees endlich erreicht.
Die klare Luft und der Himmel spannten sich über unseren Köpfen. Wolken sahen aus wie aus heller Watte geschaffen. Das Blau leuchtete wie Samt, und eigentlich hätte ich gern für ein paar Tage in dieser frischen Luft Urlaub gemacht. Wir fuhren bereits durch ein Dünengelände, auf dem allerdings auch Büsche und an einigen Stellen sogar lichter Wald wuchsen. Das Meer war noch nicht zu sehen. Da mussten wir näher heran an die Küste, die recht steil war und keine Strandfreuden bot.
Die gab es weiter östlich.
Auch Uplees lag nicht direkt an den Klippen. Wir sahen den Ort aus den Hügeln
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