1155 - Luzifers große Stunde
Gut gegen den Durst. Der Ort Uplees war mir noch nie untergekommen. Ich wusste gar nicht, wie ich ihn einschätzen sollte. Ein kleines Kaff an der Küste. Das war nichts Neues für mich. Dass sich ausgerechnet dort Luzifer und der Spuk begegnen sollten, das musste schon einen bestimmten Grund haben.
Endlich rief Sarah zurück. Da war die Tasse noch nicht leer. »Ja, ja«, sagte sie, »wenn du mich nicht hättest…«
»Dann hast du was gefunden, Sarah?«
»Ich finde doch immer etwas. Das weißt du. Du hättest mich sonst nicht angerufen.«
»Stimmt. Und was ist es? Bitte, ich sitze hier und…«
Die Horror-Oma räusperte sich. »Immer mit der Ruhe, mein Junge. Halte dich zurück. Wie dir bekannt sein sollte, gibt es in jedem Dorf einen Friedhof. Das ist auch in Uplees der Fall. Ich habe das in einem alten Buch nachlesen können, dessen Inhalt sich mit verwunschenen und verfluchten Orten in Kent beschäftigt. Da wurde auch der Friedhof von Uplees erwähnt.«
»Weshalb?«
»Weil er auf einem verfluchten Gelände steht, das so seine Geschichte hat. Es ist eine böse Geschichte, John, das kann ich dir sagen. Dort sollen Dämonen gekämpft haben. Sie brachten sich gegenseitig um, und das geschah in grauer Vorzeit…«
Meine Gedanken irrten plötzlich weg. Dämonenkämpfe also. Mit vielen vernichteten Monstren, die allesamt Seelen hatten, die zu einer reichen Beute für den Spuk geworden waren. Das musste sein Ort gewesen sein. Da hatte er reiche Beute machen können und möglicherweise sogar den Grundstock für sein Reich gelegt. Ein Fixpunkt, eine sehr wichtige Stelle, in die Luzifer eingedrungen war.
»Man erzählt sich nichts mehr davon«, fuhr Lady Sarah fort, »aber ich bezweifle, dass dieses Buch lügt. Und ich glaube kaum, dass die Menschen in Uplees wissen, auf welch ein Gelände sie ihren Friedhof gebaut haben. Du weißt selbst, dass viele Dinge nicht tot sind, die wir als tot bezeichnen.«
»In der Tat.« Ich hatte leise gesprochen. »Dann werden wir uns zunächst den Friedhof von Uplees anschauen müssen.«
»Alles richtig, John, aber willst du einer alten Frau nicht erzählen, weshalb du plötzlich ein so großes Interesse an diesem Friedhof zeigst?«
»Ich kann es dir selbst nicht so genau sagen. Es ist mehr ein Verdacht, wenn ich ehrlich bin. Aber du solltest Suko und mir die Daumen drücken, denn so wie ich die Dinge sehe, kann es verdammt hart für uns werden.«
»Höre ich Besorgnis aus deiner Stimme?«
Ich lachte leise in den Hörer. »Du hast gute Ohren, Sarah. Es stimmt, diesmal geht es an die Grenzen. Jedenfalls danke für deine Hilfe.«
»Das war alles?«
»Ja, im Moment.«
»Nein, nein, John, so kommst du mir nicht davon. Was soll ich Jane Collins sagen, wenn sie Fragen stellt?«
»Sag ihr nur, dass sie uns die Daumen drücken soll. Und dir noch mal vielen Dank.«
Lady Sarah konnte hin und wieder ein fragender Quälgeist sein, sie wusste allerdings auch, wenn gewisse Dinge nicht mehr hinterfragt werden sollten. Das war bei mir der Fall. Da hielt sie lieber den Mund, und wünschte mir zum Schluss nur mit leiser Stimme viel Glück.
Ich war jetzt schlauer geworden, was die allgemeinen Information betraf. Wie sich die Dinge allerdings konkret entwickelten, das war mir unbekannt. Der Friedhof lag auf einem magischen, mystischen Gelände. Daran hatte wohl niemand gedacht, als er angelegt wurde. Wobei ich mich fragte, ob Luzifer und der Spuk sich nur auf den Friedhof konzentrierten oder sich auch noch näher mit dem Ort und mit den dort lebenden Menschen beschäftigen würden.
Es konnte auch sein, dass Raniel mehr über den Ort wusste, uns allerdings nichts gesagt hatte und noch immer sein eigenes Süppchen kochte. Momentan jedenfalls hielt er sich zurück, und das wiederum gefiel mir gar nicht.
Ich ging wieder ins Schlafzimmer. Es war noch dunkel draußen, das würde es in den nächsten beiden Stunden auch bleiben. Fit fühlte ich mich nicht, trotz des Gesprächs. Ich war zwar aufgekratzt, aber ich hatte das berühmte Blei in den Knochen. So lag ich auf dem Rücken, spürte den Druck des Kreuzes auf der Brust und ging davon aus, dass es für den nächsten Kampf sehr wichtig war.
Ein Mal war ich davongekommen.
Wie es beim zweiten Mal aussehen würde, stand in den Sternen…
***
Wir hatten Sir James nur eine kurze Nachricht hinterlassen und waren schon recht früh aufgebrochen. Das musste so sein, denn bis wir London hinter uns gelassen hatten, dauerte es eine Weile.
Mein Zustand
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