1155 - Luzifers große Stunde
Wagen erreicht und blieben stehen. Dort stellte der Konstabler noch eine letzte Frage, die ihm schon lange auf der Seele gebrannt hatte. »Sei ehrlich, Ben.«
»Das bin ich immer.«
»So meine ich das nicht. Kannst du dir ungefähr vorstellen, wie viele noch kommen werden?«
»Nein.«
»Dann müssen wir auf den Friedhof und die Grabsteine zählen. Daran können wir uns halten. Wenn wir das getan haben, werden wir ungefähr wissen, was noch auf uns zukommt. Bisher haben nur zwei den Friedhof verlassen, aber das können so viele sein und…«
»Fahr nach Hause.«
»Ja, Ben, das mache ich. Aber ich rufe keinen Vorgesetzten an. Das habe ich mir überlegt. Die Leute denken doch, ich wäre nicht mehr richtig im Kopf. Die würden mich glatt in die Klapsmühle stecken.«
»Steig ein!«
Callum tat es. Er hatte gemerkt, dass Adams nicht über das Thema sprechen konnte. Der Konstabler sagte jetzt nichts mehr. Er ließ es zu, dass Adams die Wagentür zuschlug, zurücktrat und ihm noch einmal zunickte.
Jack Callum startete sein Fahrzeug. Er fuhr an und schaltete erst nach einigen Metern die Scheinwerfer an. Die helle Flut ergoss sich über den Boden, wo alles normal war und sich keine kniende Trauergestalt mehr abhob.
Dort, wo die Straße endete und in weiches Gelände überging, wendete Callum. Er rollte auf dem gleichen Weg zurück, auf dem er gekommen war.
Als er an Ben Adams vorbeifuhr, hob dieser den Arm und winkte noch einmal. Mehr tat er nicht.
Mehr konnte er auch nicht tun. Er drehte sich um und ging wieder zurück ins Haus. Nichts mehr bewegte sich in seinem Gesicht. Es schien wie in Stein gehauen zu sein. Dieser Ausdruck änderte sich auch nicht, als er das Haus betrat und langsam die Tür hinter sich schloss.
Er hatte sich lange genug zusammengerissen. Jetzt merkte er schon, wie seine Knie zitterten.
Schließlich war er ein Mensch und keine Maschine. Sehr leise durchschritt er das Wohnzimmer und blieb vor dem großen Fenster stehen.
Nach wenigen Sekunden überlegte er es sich anders, ging zur Terrassentür und öffnete sie. Er drückte sich durch die recht enge Öffnung und betrat die mit Steinen belegte Terrasse, wo er zunächst stehen blieb und sich umschaute.
Feindschaft war nicht zu spüren. Auch nichts Verdächtiges zu sehen. Aus dem leeren Garten gähnte ihm die Stille entgegen. Auch der Himmel gab ihm keine Antwort. Er lag über dem Land wie ein dickes und leicht bedrohlich wirkendes Gebilde, als wollte es den Menschen Schutz geben und zugleich Angst einjagen.
Ben Adams ging dorthin, wo die Gestalt von der Schwärze verschluckt worden war. Er suchte die Stelle genau ab und holte sogar ein Feuerzeug hervor, um Licht zu haben.
Es war nichts zu sehen, was auf diesen Vorfall hingedeutet hätte. Kein Rest, der ölig schimmerte, auch kein Staub, der am Boden festklebte, einfach nichts.
Genau an dieser Stelle blieb Ben Adams stehen und drehte sich langsam herum. Er konnte sich mittlerweile als Kenner der Nacht bezeichnen, und seinem Unterbewusstsein war schon etwas aufgefallen. Er war nur noch nicht in der Lage, es zu erklären.
Etwa eine halbe Stunde später kam ihm die Erleuchtung. Die Umgebung war zwar, gleich geblieben, doch das nur auf den ersten Blick. Tatsächlich aber hatte sich etwas verändert. Möglicherweise bildete er sich alles auch ein, vielleicht aber auch nicht. Er hob den Arm und fuhr mit der Hand durch die Luft wie jemand, der Spinnenweben zur Seite wischen oder sie zerstören wollte.
Nichts berührte ihn. Aber das Fremde blieb bestehen. Er hatte Mühe, nach einer Erklärung zu suchen, und erst als er noch einmal nachgedacht hatte, fiel es ihm auf.
Die Nacht hatte sich verändert. Mit ihr die Dunkelheit. Sie war zwar noch vorhanden, aber es hatte sich etwas in die Dunkelheit hineingeschoben.
Ein graues Licht, ein grauer Schimmer. Nicht unbedingt schwarz, doch es konnte durchaus sein, dass die schwarze Kraft, die über den Boden gekrochen war, sich noch gehalten hatte. Nicht so intensiv, nicht so dicht, aber in Lauerstellung.
Ben Adams steckte voller Zweifel, weil er nicht wusste, was es damit auf sich hatte.
Er ging zurück ins Haus. Er rammte die Terrassentür zu. Er hatte Angst vor der Zukunft…
***
Eine verdammt unruhige Nacht lag hinter uns. Raniel hatte sich nicht weiter zu einem Helfer entwickelt. Er war verschwunden, was mir nichts ausmachte. Ich wusste, dass er wiederkommen würde, wenn es so weit war.
Ich hatte nicht einmal mein Schwert einsetzen müssen. Man
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