1159 - Seth-Apophis
ewigen Gehorsam. All dies glaubten sie, aus freiem Willen und eigener Erkenntnis zu tun.
Denn sie wußten nicht, daß der Botschaft eine kräftige hypnosuggestive Komponente beigemischt war.
Als Seth-Apophis geendet hatte, wollte sie nach Aitheran zurückkehren. Sie war neugierig zu erfahren, wie sich der Transportprozeß abspielen würde, und empfand Enttäuschung, als sie plötzlich und ohne Übergang die vertraute Umgebung des Thronsaals wieder vor sich sah. Sie saß auf dem mit kostbaren Polstern belegten Sitz.
Niemand hatte den Saal während ihrer Abwesenheit betreten. Sanfte, einschmeichelnde Musik erfüllte die Weite des verschwenderisch ausgestatteten Raumes. Wiederum hatte es nur ihres Wunsches bedurft, sie von einer weit entfernten Welt zurück nach Aitheran zu versetzen.
Eine Zeitlang spielte sie mit dem Gedanken, sofort einen weiteren Versuch zu unternehmen. Sie mußte in Erfahrung bringen, ob der erstaunliche Effekt reproduzierbar war. Außerdem galt es zu ermitteln, welche Rolle der Mentalsender bei dem Transportvorgang spielte. War er unerläßlich, oder konnte sie den mentaltelekinetischen Vorgang auch ohne sein Zutun aktivieren? Aus dem Experiment wurde jedoch nichts. Sie spürte eine unerklärliche Schwäche, ganz so, als hätte die Reise durch das All von ihren körperlichen Kräften gezehrt. Oder als wäre auf der Welt, deren Bewohnern ihre Strafpredigt gegolten hatte, ein Teil ihrer energetischen Substanz zurückgeblieben. Sie würde nachforschen müssen, wie es zu dieser eigenartigen Schwächung gekommen war - aber nicht jetzt.
Am Abend suchte Simsin sie auf, um ihr über die Ereignisse des Tages zu berichten.
„Eines ist besonders bemerkenswert, Ipotherape", erklärte er. „Das Volk der Unquitor, das sich gestern noch wie eine Bande hirnverbrannter Rebellen benahm, sendet dir durch seine Gesandten eine Ergebenheitsbotschaft und versichert dich seiner unablässigen Treue. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll..."
„Ich weiß davon", fiel ihm Seth-Apophis ins Wort. „Du brauchst deinen Verstand damit nicht zu belasten."
WANDLUNG
„Jetstrahl" hatte Seth-Apophis das Phänomen genannt, das es ihr erlaubte, körperlos durch das Universum zu reisen und ihren Einfluß überall da wirksam werden zu lassen, wo es ihr angebracht schien. Im Lauf der Jahre stellte sie Hunderte von Experimenten an, um das Prinzip des Jetstrahls bis in die letzte Kleinigkeit zu erfassen und seine Anwendung immer weiter zu verfeinern.
Der psionische Energiegehalt der von ihm ausgestrahlten Botschaft diente dem Jetstrahl als „Zünder", der den Transportprozeß in Gang setzte. Seth-Apophis ermittelte frühzeitig, daß die Psienergie der Botschaft nicht etwa einmalig oder unabdingbar war. Es konnte jedes beliebige psionische Potential, solange es genügend Energie zum Inhalt hatte, für die Aktivierung des Jetstrahls verwendet werden. Die für den eigentlichen Transportprozeß erforderliche Leistung wurde dem mentalen Reservoir des Bewußtseinskonglomerats entnommen. Damit erklärte sich Seth-Apophis die Müdigkeit, die sie stets nach der Rückkehr von einer Jetstrahl-Reise empfand. Daß sie sich darin täuschte, erkannte sie erst später.
Der Jetstrahl ließ sich auf zweierlei Weise einsetzen: gebündelt oder gefächert. Mit Hilfe des gebündelten Strahls erreichte Seth-Apophis ein bestimmtes Ziel, zum Beispiel einen Planeten, einen bestimmten Punkt des Planeten oder sogar ein einzelnes Individuum. Der gebündelte Jetstrahl entwickelte sich bald zu ihrem wirkungsvollsten Instrument bei der Rekrutierung von Helfern, die sie gewann, indem sie ihnen einen Teil des Bewußtseins entzog. Der gefächerte Jetstrahl gab ihr die Möglichkeit, die Mentalsensoren ihres Vielfachbewußtseins über große Raumvolumina auszubreiten. Auf diese Weise war sie in der Lage, ganze Raumsektoren nach sensorischen Eindrücken aller Art abzugrasen - so zum Beispiel aufrührerische Tendenzen der Satellitenvölker frühzeitig zu erkennen oder den Kurs intragalaktischer Schockfronten zu bestimmen.
Im großen und ganzen war also der Einsatz des gebündelten Jetstrahls ein Vorgang, bei dem Seth-Apophis Aktivität entwickelte: Sie übte Einfluß aus, brachte Einzelwesen oder ganze Völker unter ihre Botmäßigkeit, bewirkte Verschiebungen der Machtkonstellation und dergleichen mehr. Bei der Anwendung des gefächerten Strahls dagegen verhielt sie sich passiv: Sie lauschte. Der Lauschprozeß spielte sich überlichtschnell ab;
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