1167 - Die Tochter des Dämons
Kopf. Es würde mich nicht wundern, wenn er nicht mehr so aussieht wie eine Leiche, die sich im Stadium der Verwesung befindet. Irgendwie ist er anders und als Toter in mein Leben hineingetreten.«
»Das würde bedeuten, dass er nicht richtig tot ist«, sagte ich. »Das ist zwar nicht eben intelligent ausgedrückt, aber es trifft wohl den Nagel auf den Kopf.«
»Ja, irgendwo schon. Er ist nicht normal. Er wurde umgebracht. Man hat ihn noch grausam gekennzeichnet, und trotzdem hat man ihn nicht vernichten können. Ist das nicht der absolute Wahnsinn?«
Sie war nicht mehr weitergegangen. Wir beide standen nahe der beiden Laternen, deren runde Monde auf den Stangen über unseren Köpfen standen. Ich konnte Alina Wade gut sehen. Ob es am Licht lag, dass ihr Gesicht so bleich geworden war, wusste ich nicht zu sagen. Jedenfalls hatte sie die gesunde Farbe verloren, und auch die Augen hatten sich dieser fahlen Blässe angeglichen. Die Pupillen waren nicht mehr zu sehen. Ich hütete mich davor, sie anzureden, denn ich merkte, dass mit ihr eine Verwandlung vorging. Das begann in ihrem Innern, aber es zeigte sich auch äußerlich.
Es war nicht unbedingt die Gänsehaut auf ihrem Gesicht, die mich beunruhigte, nein, bei Alina war es etwas ganz anderes, denn plötzlich bewegten sich ihre Haare, obwohl kein Windstoß über den Parkplatz wehte.
Sie wellten zuerst hin und her und dann - es war kaum zu glauben - stellten sie sich aufrecht. Alina Wade sah plötzlich aus wie eine krau, durch deren Körper ein Stromstoß schoss und deshalb die Haare aufgerichtet hatte.
Ich wollte sie ansprechen, aber sie trat einen Schritt zurück, bis sie mit dem Rücken gegen den Laternenpfosten stieß. »Nein, nein, John, nein. Sie sind da. Sie sind…« Sie schüttelte den Kopf, und ich konnte mir vorstellen, dass sie plötzlich von einem starken Magnetfeld umgeben war, das sich zudem noch ausbreitete, bis zu einem Finale, das uns beide überraschte.
Das Knirschen in der Höhe warnte mich. Mein Blick ruckte in die Höhe. Genau in diesem Moment zersprang die helle Laternenkugel in zahlreiche Stücke.
Die Scheiben fielen wie Messerstücke nach unten. Sie waren gefährlich und konnten sogar tödlich sein, wenn sie unglücklich trafen. Ich wuchtete mich zurück, weil ich auf keinen Fall von einem dieser scharfen Reste getroffen werden wollte, hatte auch Glück, denn mich erreichten nur Splitter.
Die größeren Stücke waren weiter geschleudert worden und zerbrachen in kleinere, als sie mit dem harten Untergrund in Berührung kamen.
Es war plötzlich still geworden, nachdem auch die letzte Scherbe zersplittert war.
Die andere Lampe gab noch ihr Licht ab, in dessen Schein ich mich aufhielt. Alina stand vor mir.
Sie bewegte sich nicht und berührte mit dem Rücken den Laternenpfosten. Die Arme hatte sie vom Körper abgespreizt und die Haare standen noch immer hoch.
Einige Sekunden verstrichen. Ich trat einen Schritt auf Alina zu und hörte unter meiner rechten Schuhsohle das Knirschen, als ein großer Splitter zerbrach.
»Fragen Sie mich nicht, John. Bitte, fragen Sie mich nicht. Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Es ist alles so anders geworden. Ich stehe hier und kann nichts erklären, aber ich habe das Gefühl, einen großen Schritt in mein zweites Leben getan zu haben. Ja, das habe ich.«
»Wollen Sie trotzdem ins Haus gehen?«
Heftig nickte sie mir zu. »Klar, das will ich. Hier fühle ich mich unsicher. Hier muss ich mich gegen Kräfte wehren, die ich nicht kenne. Aber sie sind da, John, das verstehen Sie doch. Sie haben sie ja auch gesehen oder gespürt.«
»Alles klar, Alina. Sie müssen nur die Ruhe bewahren. Hört sich etwas blöde an, ist aber so.«
»Danke, das weiß ich.«
Meine rechte Hand war in die Tasche gerutscht, um nach meinem Kreuz zu fassen. Es war noch da.
Ich ließ meine Finger über das Metall gleiten und merkte auch die leichte Erwärmung, die sich wie ein Kribbeln auf meine Haut legte.
»Wollen Sie meinen Arm halten oder…«
Alina schüttelte den Kopf. »Nein, ich möchte schon allein gehen. Das ist besser.«
»Okay, wie Sie wollen.« Ich wollte sie aufmuntern und lächelte ihr zu. »Es ist ja nicht so weit.«
»Nein, stimmt. Aber es kann viel passieren.« Alina drehte sich leicht. »Sie sind noch nicht weg.«
»Von wem reden Sie?«
»Von den Geistern, John. Das sage ich mal so. Von den anderen Kräften, die mal im Verborgenen blühten, aber nun an die Oberfläche gekommen sind. Ich habe
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