1167 - Die Tochter des Dämons
nicht unbedingt Angst, aber ich fühle mich auch nicht wohl. Man will mich haben. Man will mich ebenso haben wie meinen Vater damals. Man muss mich beobachtet haben. Etwas Anderes kommt für mich nicht in Frage.«
Ich maß die Strecke mit den Augen ab. Es waren vielleicht fünfzig Meter bis zum Haus. Eine kleine Strecke, die allerdings auch eine gefährliche werden konnte.
Alina machte den Anfang. Sie drehte sich mit einer scharfen Bewegung herum, schritt noch über eine große Scherbe hinweg und blieb auf dem viereckigen Plattenweg. Es hatte sich noch kein Gras durch die Ritzen zwischen den Platten gedrückt. In der Dunkelheit schimmerten sie blank, und natürlich glitt mein Blick zum Haus hin. Da lag der Eingang im Licht, aber rechts und links von mir war es dunkel.
Alina ging sehr zögernd, als müsste sie über eine schwankende Brücke laufen. Sie hatte davon gesprochen, dass die Feinde da waren. So sehr ich mich auch bemühte, ich bekam sie nicht zu Gesicht, wollte jedoch nicht glauben, dass sich Alina geirrt hatte.
Die rechte Hand steckte in meiner Tasche. Ich streichelte über das leicht erwärmte Metall des Kreuzes hinweg. Der Grund lag möglicherweise an Alina, denn sie konnte ich nicht mehr als eine normale Frau ansehen, sondern als eine gezeichnete. Sie stand schon zum Teil auf der anderen Seite, und trotzdem hatte das Kreuz sie nicht vernichtet, sondern nur seinen Abdruck hinterlassen.
Das war auch für mich neu. Immer öfter stellte ich mir die Frage, mit wem ich es eigentlich bei Alina zu tun hatte. Was würde passieren, wenn ich das Kreuz aktivierte?
Plötzlich blieb sie stehen. Ich entdeckte keinen Grund, ging aber auch nicht weiter. Ich schaute auf ihren Rücken und hütete mich davor, sie zu stören. Alina hatte die Hände zur Seite gestreckt und gespreizt, als sollten die Finger Sensoren sein, die irgendwelche Strömungen aufnahmen.
»Sie sind da!«, flüsterte sie. »Ich spüre es. Sie sind in der Nähe. Ich kann sie hören. Bestien…«
Ich hörte sie nicht, aber es stimmte, davon war ich überzeugt. Es waren höchstens vier, fünf Sekunden vergangen, als ich die fremden Geräusche wahrnahm.
Ein Pochen auf dem Boden, der die Echos bis zu uns herantrug. Die dumpfen Geräusche waren nicht nur an einer Stelle zu hören, sie klangen praktisch von allen Seiten auf. Sie strömten aus der Dunkelheit hervor und nahmen Gestalt an.
Vier, nein, fünf Schatten huschten springend über den Rasen hinweg und liefen von verschiedenen Seiten auf uns zu.
Hunde!
Nicht nur das.
Es waren Kampfhunde - Pittbulls, die darauf dressiert waren, Menschen zu zerreißen…
***
Jane Collins war so etwas wie eine Fachfrau, was ihren Beruf als Detektivin anging. Sie hatte Routine darin, jemand zu verfolgen, ohne selbst gesehen zu werden, und das bewies sie auch in diesem Fall. Jane hatte sich an den Fiat gehängt, aber sie fuhr ihm nicht sehr nahe hinterher. Sie ließ einen genügend großen Abstand, sodass sie einfach nicht auffallen konnte.
Die Heckleuchten des Fiats ließ sie nicht aus dem Blick. Es herrschte um diese Zeit selbst in London nicht viel Verkehr, denn hier war die Szene ruhig.
Jane Collins hatte viel erlebt. Sie war sogar einmal eine Hexe gewesen und hatte die Seite zwangsläufig gewechselt. Da hatte es nur den Teufel als ihren Herrn gegeben. Sie hatte gegen Vampire, Zombies, Werwölfe, Ghouls und gegen alle möglichen Abarten von Dämonen gekämpft, und sie hatte erlebt, wie dieses verfluchte Schattenreich immer wieder brutal und vernichtend in das Leben der Menschen eingegriffen hatten. Viele Menschen hatten versucht, sich mit den Mächten der Finsternis zu verbünden, was auch zu Beginn meist super ablief, doch das böse Erwachen kam später, wenn sie einsehen mussten, dass sie nicht mehr als Spielbälle gewesen waren, die man zur Seite schoss, wenn sie nicht mehr gebraucht wurden.
Genau das gönnte Jane Alina Wade nicht, obwohl sie schon auf dem direkten Weg dazu war.
Etwas stimmte nicht mit ihr. Etwas hatte auch nicht mit ihrer Familie gestimmt. Mit ihrem Vater, der ihr sein Erbe übermittelt hatte. Je intensiver Jane Collins darüber nachdachte, um so mehr kam sie zu dem Ergebnis, dass Alinas Vater durchaus zum Kreis der Dämonen gehörte und trotzdem eine Tochter gezeugt hatte.
Die Fahrt führte in Richtung Süden. Hin und wieder erschien wie ein Dia aus der Dunkelheit die Beleuchtung nahe am Flussufer. Laternen, die einen Weg flankierten, oder Bogenleuchten, die einen gelblichen Schein
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