1171 - Emilys Engelszauber
was geschah. Es war schon außergewöhnlich für mich. Ich brauchte dir ja nicht zu helfen. Das hast du alles selbst getan. Oder vielmehr das Licht.«
Kaum hatte Glenda das Thema angesprochen, da begannen die Augen der anderen zu leuchten. »Genau, das Licht. Es ist so wunderschön. Es ist so warm…«
»Und woher kam es?«
Emily schloss den Mund. Sie überlegte. Sie gab auch Glenda Zeit, um nachzudenken und sich umzuschauen. Die beiden waren noch immer allein. Vom Supermarkt her dachte niemand daran, sich ihnen zu nähern. Da waren die Menschen mit anderen Dingen beschäftigt, die zum alltäglichen Leben gehörten.
Bevor Emily die Antwort gab, bewegte sie noch den Kopf und schaute in zwei verschiedene Richtungen. »Es waren eben die Erscheinungen, die mir halfen…«
»Welche?«
»Das Licht.«
»Das habe ich gesehen. Aber ich weiß nicht, woher es kam.«
»Aus dem Himmel, Glenda«, erklärte Emily mit einer schon tieferen Stimme. »Es ist aus dem Himmel gekommen.«
Glenda Perkins war nicht einmal zu stark überrascht. An so etwas hatte sie schon gedacht, und die folgende Frage drang fast wie von allein aus ihrem Mund. »Sind es die Erscheinungen von Engeln gewesen, die dir halfen?«
Emily White breitete die Arme aus. »Es ist alles möglich. Man muss nur daran glauben. Die meisten Menschen tun dies nicht, und genau das ist ihr Fehler. Sie glauben nicht daran. Sie ignorieren es. Es gibt für sie keine übersinnlichen Phänomene. Sie sprechen zwar davon, auch von Engeln, aber wenn es darauf ankommt, dann stehen sie nicht dazu, weil sie Angst davor haben, sich zu schämen. So musst du das alles sehen, meine Liebe. So und nicht anders.«
Glenda nickte. »Ja, ich glaube schon, dass du Recht hast. Es war eine himmlische Erscheinung, die ich sah. Zumindest hatte ich das Gefühl. Und sie hat getötet. Sie nahm den beiden Männern das Leben. Ich frage mich, ob das sein musste.«
»Ich hatte sie gewarnt, aber sie haben nicht auf mich gehört. So sind sie an ihrem Schicksal selbst Schuld. Sie hätten gehen können. Es wäre ihnen nichts passiert, aber sie wollten mich vergewaltigen. Das haben sie nun davon.«
»Ja, das sehe ich«, murmelte Glenda. »Hier in der Nähe liegen zwei Tote.« Sie hob die Schultern. »Aber wir sind weder im Himmel noch in der Hölle. Wir befinden uns auf der Erde, und hier gibt es Gesetze, die eingehalten werden müssen. Man kann die Toten nicht einfach so liegen lassen wie Müll. Die Polizei wird sich mit ihnen beschäftigen müssen. Man wird Fragen stellen und…«
»Entschuldige, Glenda. Doch nicht an mich?«
»Ja, du musst…«
Emily schüttelte den Kopf. »Nein, nein, Glenda, ich muss gar nichts. Denk immer daran, dass ich anders bin. Ich lebe zwar hier unter den Menschen, aber ich habe nicht viel mit ihnen zu tun. Ich komme ihnen nur so nahe, wie ich es für richtig halte. Alles andere musst du beiseite schieben.«
»Das kann ich nicht. Es gibt Regeln, an die ich mich halten muss. Tut mir leid.«
»Das ist eben der Unterschied zwischen uns.« Emily zuckte mit den Schultern. »Man kann eben nicht aus seiner Haut.«
Glenda wollte das Gespräch weiter offen halten. »Aber du lebst doch hier«, sagte sie. »In dieser Stadt. In diesem Land Das weiß ich. Deshalb kann ich nicht begreifen, dass du dich gegen die Regeln stellst. Oder wohnst du nicht in London?«
»Ja und nein…«
Glenda begriff die Antwort nicht. Sie schüttelte den Kopf. »Was meinst du denn damit?«
»Ich lebe überall. Ich habe keinen bestimmten Fixpunkt, verstehst du?«
»Nein, nicht direkt. Du bist irgendwo hergekommen, und du wirst irgendwo hingehen, denke ich. Oder irre ich mich?«
»Bestimmt nicht.«
»Da dachte ich, dass ich dich auf diesem deinem Weg ein Stück begleiten könnte.«
»Bist du so neugierig?«, erkundigte sich Emily lächelnd.
»Ja«, gab Glenda zu.
»Wie schön, dass du ehrlich bist. Aber lass es gut sein, Glenda. Ich komme allein zurecht, und ich werde jetzt wieder gehen.«
»Wohin?«
»Zu den anderen.«
Glenda bekam große Augen. »Es gibt also noch mehr von deiner Art, nehme ich an?«
»Nein«, murmelte Emily. »Oder auch ja? Ich kann es dir nicht so genau sagen. Es ist eben alles möglich. Ich fühle mich bei den anderen auch nicht unbedingt wohl. Ich muss etwas an mir haben, das bestimmten Menschen nicht gefällt, doch ich kann darauf keine Rücksicht nehmen. Ich werde meinen Weg auch in der Zukunft gehen, und daran wird mich niemand hindern können. Und ich muss vorsichtig
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