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1173 - Computerwelten

Titel: 1173 - Computerwelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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an den Kristallwänden, aber sie sind getreue Wiedergaben dessen, was sich tatsächlich zugetragen hat. Der Urknall ist ein besonders beeindruckendes Erlebnis. Es fasziniert mich immer wieder."
    Die Kapuze der Staubkutte neigte sich leicht nach hinten, als der Ordensmann seine Aufmerksamkeit wieder der leuchtenden Darstellung zuwandte. Abermals vermochte Ellert nichts darunter zu erkennen - nur die glitzernden Pünktchen in einem düsteren Oval.
    Obwohl die Nerven seines Körpers taub und jegliche physische Empfindungen erloschen waren, meinte er, eine unbeschreibliche Kälte kröche in ihn hinein.
    „Alle Materie dieser Welt", flüsterte Stein Nachtlicht ergriffen, ohne den Blick von dem Schauspiel abzuwenden, „zusammengepackt auf einen einzigen Punkt, komprimiert zu unendlicher Dichte - und dann in einer gewaltigen Explosion hinausgeschleudert ins Nichts; der Anfang des Universums. Es bilden sich neue Schwerkraftzentren, Sonnen entstehen, Galaxien, die heute noch voneinander fort streben, immer noch der Kraft jenes Urknalls folgend ... Ist es nicht so, Ernst Ellert?"
    Der ehemalige Teletemporarier hatte nicht damit gerechnet, daß der Ordensmann ihn in seine philosophischen Gedanken einbeziehen würde. Er nickte wie in Trance, und er antwortete fast automatisch.
    „Es ist so. Schon vor mehr als zweitausend Jahren konnte man anhand der Rotverschiebung in den Spektren entfernter Objekte nachweisen, daß das Universum sich beständig ausdehnt..."
    Zu einer Zeit, dachte er bitter, als mein Körper noch funktionierte, als ich jung war und noch niemand an Raumfahrt dachte!
    „Modernere astronomische Methoden werden es bestätigt haben", sagte Stein Nachtlicht. „Aber weißt du auch, wie die Entwicklung weitergeht? Irgendwann, in einer fernen Zukunft, hat der Ausdehnungsprozeß ein Ende. Die Sterne sind tot, und alle Materie wird sich so gleichmäßig verteilt haben, daß sich die Schwerkraft untereinander neutralisiert. Dann steht die Zeit still, Ernst Ellert, und die Entwicklung kehrt sich um. Alles strebt wieder auf einen Punkt zu - und weitere Jahrmilliarden später verdichtet es sich zum nächsten Urknall. Ein neues Universum entsteht aus dem Konzentrat des alten - wie auch dieses Universum aus einem früheren entstanden ist..."
    Ellert kam nicht dagegen an. Etwas von der Faszination des Ordensmanns sprang auf ihn über.
    „Ein endloser Kreislauf ...", murmelte er.
    „Wahrlich! Und dennoch bleibt die Frage nach dem eigentlichen Anfang. Gab es einen ersten Urknall? Was war davor? Woher kam die Materie, wie entstand der Ur-Wasserstoff?"
    „Das sind Fragen nach der Schöpfung. Sie werden sich nie logisch erklären lassen."
    Das Staubgewand des Ordensmanns warf zitternde Falten. Stein Nachtlicht senkte den Kopf und bewegte sich unruhig; als sei er in Gedanken an die Grenzen seiner eigenen Existenz gestoßen ...
    „Selbst das Virenimperium dürfte darauf keine Antwort finden ..."
    „Gewiß nicht", pflichtete Ellert ihm bei. „Es ist ebenfalls nur das Produkt einer unbegreiflichen Genesis."
    Stein Nachtlicht stand eine Weile starr und schwieg. Nur seine Kutte wellte sich und schwang wie in einer sanften Brise. Sie bestand aus Viren: Wurden sie unruhig angesichts einer Perspektive, die sie nicht zu fassen vermochten?
    Tausend Gedanken schossen Ellert dazu in den Sinn, aber es gelang ihm nicht, auch nur einen davon festzuhalten.
    „Ich muß mich um die Virochips kümmern", sagte der Ordensmann schließlich in seiner flüsternden Sprechweise. „Aber ich werde wiederkommen. Der Dialog mit dir ist interessant. Wir können ihn später fortsetzen."
    Ernst Ellert sah ihm nach, als er den Schacht hinaufstieg - vorbei an dem Urknall, der ihn so sehr beeindruckte, durch Zeiten und Räume, in die Realität einer entvölkerten Erde, von der aus er die Vernetzung der Menschen mit einem Riesencomputer steuerte.
    Ellert war wieder allein. Noch lange dachte er über den Ordensmann und das seltsame Gespräch nach. Stein Nachtlicht hatte jemanden gefunden, mit dem er über seine individuellen Phantasien reden konnte ...
    Würde es von Nutzen sein?
    Ellert wußte es nicht.
     
    *
     
    Ein schloßähnliches Bauwerk schimmerte in rötlichem Licht durch den Nebel. Hätte es noch Menschen auf der Erde gegeben, sie wären voller unterschwelliger Ängste zurückgeschreckt und geflohen. Das Gebiet des ehemaligen HQ-Hanse hatte sich in einen düsteren Alptraum verwandelt.
    Vishna nannte ihr Schloß den Virenhorst. Sein Material war kalt

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