1173 - Computerwelten
Vorgänge. Unversehens wurde sie gestört.
Beinahe ärgerlich kehrte sie von ihrer geistigen Reise zurück. Etliche jener orangefarbenen Meta-Agenten hatten sich in ihrer Nähe massiert und rasten auf sie zu.
Dann verteilten sie sich und flatterten in monströsen Bewegungen unruhig um sie herum.
Sie waren so verstört, daß sie einige der hauchdünnen Fäden zerrissen, die sich durch den Saal spannten. Vishna beobachtete, wie die getrennten Viren selbsttätig die Regeneration einleiteten: Die gekappten Stränge schwangen durch die Luft und koppelten wieder aneinander. Nur für Sekundenbruchteile blieb ihre Funktion unterbrochen.
„Was wollt ihr?" rief Vishna ungehalten. „Was ist geschehen?"
Die Nachricht, die sie von den blattförmigen Fluggebilden erhielt, ließ ihren Zorn augenblicklich verrauchen. Ein dämonisches Lachen scholl durch den Netzsaal, brach sich an kristallinen Wänden und sickerte durch filigranes Virengewebe. Mit einer Handbewegung verscheuchte sie die Meta-Agenten. Böse Freude erfüllte sie.
Ein fremdes Flugobjekt war in den Grauen Korridor eingedrungen und in der Zwischenzone hängengeblieben!
Sie wußte, wer dieses Objekt steuerte - der, den Chthon den anderen nannte.
Abermals lachte sie triumphierend auf. Damit war auch der letzte, kaum noch beachtenswerte Unsicherheitsfaktor endgültig ausgeschaltet.
Sie erhob sich von ihrem Thronsessel und verließ den Netzsaal mit hastigen Schritten.
Die Zeit war reif. Sie würde Qual Kreuzauges Zeitturm aufsuchen und den Ordensmann bitten, sie nochmals auf die Nullsohle des Datenschachts zu begleiten. Und nochmals würde sie dem Schatten gegenübertreten - oder dem, was davon noch existent war.
„Die Entscheidung ist gefallen", würde sie rufen und sich an seiner Verzweiflung laben.
„Du wirst vergehen, Chthon, denn der andere kann die Erde nicht mehr erreichen. Nie wird er sich erinnern. Du und er, ihr seid am Ende!"
Und sie würde in Chthons Nähe bleiben und zusehen, wie sich der Schatten allmählich auflöste.
5.
Nach wenigen Minuten stellte Taurec seine Bemühungen ein. Zornig hieb er mit der flachen Hand auf die Außenfläche der Steuerpyramide. Als er von dem Kommandosattel stieg, erweckte er den Eindruck eines Mannes, der vor innerer Spannung förmlich platzte, ohne ein Objekt zu finden, an dem er sich abreagieren konnte.
So hilflos und zugleich verbittert hatte Demeter ihn noch nicht erlebt. Nervös stand er da und fingerte an den Köchern und Futteralen seines breiten Gürtels, die allerlei technische Utensilien enthielten - ein Sammelsurium von Verteidigungs- und Angriffssystemen, die normalerweise geeignet waren, jeden Feind schnellstens das Fürchten zu lehren.
Aber entweder bediente er die Mechanismen zu unkonzentriert, oder sie waren in dieser unwirklichen Umgebung nicht einsatzfähig. Taurec ließ von ihnen ab und ballte die Fäuste.
Sein sommersprossiges Gesicht verzerrte sich.
„Das ist unmöglich!" stieß er hervor. „Nichts funktioniert mehr!"
Demeter bemerkte das Flackern, das über der Steuerplattform der SYZZEL entstand.
Das Fenster nach draußen hatte sich längst vollständig verdunkelt, doch auch an anderen Stellen zeigten sich jetzt düstere Flecken im Rot des Schutzfelds. Sie gewannen schnell an Umfang und verdrängten die energetische Schicht mehr und mehr. Ringsum zuckten winzige Blitze auf.
„Der Schirm wird instabil", sagte Roi Danton unnatürlich ruhig. „Er löst sich auf."
„Wenn ich davon rede, daß nichts mehr funktioniert", fuhr Taurec ihn an, „dann meine ich auch nichts!"
„Mein Gott!" zischte Demeter. „Behalte doch wenigstens du die Nerven! Denk daran, wer du bist!"
„Wie einfach!" höhnte der Einäugige. „Wer, glaubst du, bin ich denn?"
Demeter schüttelte mißbilligend den Kopf.
„Ein Gesandter der Kosmokraten, denke ich, von dem man Übersicht oder zumindest Besonnenheit erwarten könnte. Statt dessen gibst du dich geschlagen und fängst an durchzudrehen."
Taurec lachte zynisch auf. Er beruhigte sich nicht.
„Du meinst, wer durch tausend Höllen gegangen ist, dürfte keine Gefühle mehr zeigen.
Wann begreifst du endlich, daß ich ohne den anderen auf Dauer keine Existenzberechtigung habe? Daß meine Zukunft von einem abhängt, den ich jetzt nicht mehr erreichen kann?"
„Und wir?" entgegnete Roi Danton. „Welche Perspektiven haben wir angesichts der Versklavung unseres Volkes?"
„Ihr versteht mich nicht!" sagte Taurec barsch. „Es geht um
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