1173 - Computerwelten
alle zögerten keinen Moment, ihren Beitrag zur Störung des Virenimperiums zu leisten. Die befreiten Chips würden miteinander Kontakt aufnehmen und die Aktion abstimmen.
Machtvoll, aber kontrolliert würden die Informationsströme wie gewaltige Sturmfronten über die winzigen Erden rasen...
Während die Vorbereitungen dazu anliefen, machte sich Ernst Ellert auf den Rückweg zu Stein Nachtlichts Zeitturm. Jetzt konnte er nichts mehr tun - nur noch warten, welche Auswirkungen der Computersturm auf das Virenimperium haben würde, ob er tatsächlich eine Chance für die Menschheit bedeutete.
Wie lange er fort gewesen war, wußte Ellert nicht, lange genug jedenfalls, um das Mißtrauen des Ordensmanns zu wecken. Im Grunde hatte er das gutmütige Entgegenkommen dieses fremden Wesens schamlos ausgenutzt, doch in dieser verzweifelten Situation durfte ihn das nicht kümmern. Was ihm hingegen Sorgen bereitete, war die Frage, wie Stein Nachtlicht auf seine Intrigen reagieren würde. Der Fremde mußte bemerkt haben, daß seine Lenkimpulse nicht mehr überall befolgt wurden, und es gehörte nicht viel Phantasie dazu, den Zusammenhang mit Ellerts Ausbleiben zu erkennen.
Der ehemalige Teletemporarier hatte eine unbestimmte Ahnung, daß er eine fürchterliche Strafe würde erdulden müssen.
Er empfand keine Angst vor dem, was der Ordensmann mit ihm anstellen würde.
Entschlossen näherte er sich dem Turm, der wie viele andere einen farbigen Kontrast in düsterem Virennebel setzte. Die Mentalprojektion drang durch das glasartige Material und bewegte sich entlang der spiralförmigen Galerie nach unten. Dann tauchte es in den Schacht, durchmaß Zeiten und Räume und gelangte schließlich zur Nullsohle hinab.
Ellerts Mentalprojektion war zurückgekehrt.
Zu voller Größe gereckt, stand Stein Nachtlicht vor ihm und blickte auf ihn herab. Er nahm es zumindest an, denn die schwarze Öffnung der Staubkapuze zeigte in seine Richtung. Winzige weiße Funken glühten in ihr.
„Du hast mich lange warten lassen", bemerkte der Ordensmann in seinem typisch heiseren Flüstern. „War das nötig?"
Dann trat er geräuschlos einige Schritte zurück, als ahnte er, daß seine Nähe dem Gefangenen Unbehagen bereitete.
Ernst Ellert hatte mit vielem gerechnet, nur nicht mit einer solchen Gelassenheit. Was steckte dahinter? Trieb Stein Nachtlicht ein Spiel mit ihm, bevor er grausam zuschlug?
Hatte er die befreiten Virochips womöglich wieder unter Kontrolle gebracht? Übte er nur deshalb Nachsicht, um seinen Gesprächspartner nicht zu verlieren?
Ellert zog es vor, nicht zu antworten. Solange er nicht wußte, wie er das Verhalten des Ordensmanns einstufen sollte, konnte ihn jedes Wort ins Verderben stürzen.
„Du sagst nichts", tadelte Stein Nachtlicht. „Sehr unhöflich, mein Freund. Haben dir deine Aktionen auf den Virochips am Ende die Sprache verschlagen?"
Ellert starrte ihn nur an. Er begriff überhaupt nichts mehr. Ganz eindeutig war im Wesen des Ordensmanns eine Wandlung eingetreten. Er wirkte fast fröhlich, ein bißchen verschroben vielleicht. Oder machte er ihm nur etwas vor, um später um so härter mit ihm umzuspringen?
„Nun, ich kann leider nicht warten, bis du dich bequemst, wieder mit mir zu reden. Der Virus-Orden hat nämlich inzwischen Gäste bekommen, die Vishna zu gerne in eine Falle locken möchte. Ich hoffe, du hast Verständnis dafür, wenn ich dich deshalb eine Weile alleine lasse. Die Zeit ist knapp. Ich werde dir später alles erklären. Jetzt muß ich hinaus und die drei warnen."
Noch immer brachte Ernst Ellert keine Silbe hervor. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, während der Ordensmann mit wallendem Staubgewand den Schacht empor schwebte.
Was hatte sein seltsames Verhalten zu bedeuten?
Was war geschehen?
*
Ein interaktiver Prozeß?
Bis jetzt hast du dir darunter bestenfalls in grauer Theorie etwas vorstellen können. Nun erfährst du ihn am eigenen Leib.
So schnell kann es passieren, Stein Nachtlicht.
So schnell wird aus einem Handlanger Vishnas ein Verbündeter der Terraner. Es heißt, du seist ein hochspezialisiertes Virenkonglomerat mit einem selbständigen Bewußtsein.
Das ist wohl richtig, und doch erweist sich jetzt, daß zumindest deine Empfindungen nicht frei sind. In deiner Einstellung und deiner Weltanschauung, in deinen Sympathien und Antipathien bist du abhängig. Die Verhältnisse sind dir bekannt, aber tun kannst du gegen sie nichts.
Du steuerst Tausende Sturmreiter auf den
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