1176 - Die Nichtwelt
dann aber musterte Bull ihn mit gekrauster Stirn und sagte: „Ich freue mich natürlich mit jedem Menschen über die Heimkehr, aber ich weiß beim besten Willen nicht, wie du heißt. Entschuldige also, wenn..."
„Irgendwie kommt sein Gesicht mir bekannt vor", meinte Tifflor nachdenklich zu Bull, dann wandte er sich an Ellert. „Bist du ein Terraner, mein Freund? Der Blauschimmer deiner Haut..."
Erst da begriff Ellert, daß ihn niemand wiedererkennen konnte, der nicht von seiner „Verwandlung" wußte. Zwar besaß das neue Gesicht annähernd seine ursprünglichen Züge, aber damit war die Ähnlichkeit auch schon vorbei.
„Entschuldigt, bitte!" sagte er ernüchtert. „Natürlich konntet ihr mich nicht wiedererkennen, denn ein Bewußtsein ist ja nicht sichtbar, und von meinem neuen Körper wußtet ihr nichts. Taurec und Vishna schenkten ihn mir. Der alte Körper war wirklich nicht mehr zu gebrauchen, ganz abgesehen von seinem scheußlichen Aussehen."
Bulls Augen weiteten sich.
„Du ... du ... bist...?"
Ellert nickte.
„Mein Gott, Ernst!" entfuhr es Bull.
Der untersetzte Terraner stürzte sich auf Ellert und umarmte ihn. Dann ließ er ihn los, boxte ihm spielerisch in die Rippen und ließ einen temperamentvollen Redeschwall auf ihn los.
Tifflor stieß ihn schließlich freundschaftlich zur Seite und ergriff Ellerts Hände.
„Ich freue mich sehr, dich in bester körperlicher Verfassung wiederzusehen, Ernst", erklärte er. „Du siehst phantastisch aus, aber auch ein wenig exotisch. Wir konnten dich wirklich nicht erkennen."
„Natürlich nicht", erwiderte Ellert. „Ich bin schließlich nicht nur Ernst Ellert, sondern zugleich etwas völlig anderes, das man vielleicht am treffendsten den Metamorpher nennen könnte."
„Das klingt ein wenig bitter", meinte Bull. „Aber du bist unter Freunden. Wir werden deiner Verwandlung schon den bitteren Beigeschmack nehmen." Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. „Herrjeh! Wir stehen hier herum und plaudern. Dabei haben wir nur zwei Stunden Zeit bis zum Rücksturz ins Solsystem. Und wer weiß, was uns dort erwartet. Wir müssen sofort ins Hauptquartier!"
„Immer ruhig Blut, Dicker!" mahnte Tifflor und deutete schräg nach oben, von wo ein großer Gleiter langsam herabsank. „Damit werden wir bedeutend schneller im Zentrum sein, als wenn wir vorhin blindlings losgestürmt wären."
Der Gleiter landete neben ihnen. Durch die transparente Kanzel war Demeter zu sehen.
Sie deutete auffordernd in Richtung der Tür, die sich automatisch geöffnet hatte.
„Nichts wie los!" schrie Bull und stürmte mit gesenktem Kopf in die Öffnung.
Tifflor lachte, winkte Demeter zu und deutete dann auf Deighton, Waringer und Adams, die aus drei verschiedenen Richtungen aufgetaucht waren.
Er rief auch noch etwas, aber seine Worte gingen im Dröhnen der Lautsprecher unter, über die Roi Danton eine Botschaft an die heimgekehrten Menschen verkündete...
*
Wieder war der Zentrale Kommunikationsraum im Mittelpunkt des HQ-Hanse zum Treffpunkt der Verantwortlichen geworden: Roi Danton und Demeter, die aus der virotronischen Vernetzung „entlassenen" fünf führenden Hanse-Sprecher, Ernst Ellert sowie Taurec und Vishna.
„Wir haben keine Zeit, um große Worte zu machen", stellte Roi fest. „Das ist wahrscheinlich gut so, denn das, was sich innerhalb des Grauen Korridors abgespielt hat, ist so ungeheuerlich, daß jeder Versuch, es mit Worten zu analysieren, zum Scheitern verurteilt wäre. Jetzt kommt es in erster Linie darauf an, daß die zurückgekehrten Menschen mit aller Entschlossenheit darangehen, das Leben auf der Erde nach einer beispiellosen Odyssee halbwegs zu normalisieren und sich auf die Rückkehr von Terra und Luna ins Solsystem vorzubereiten."
Er richtete seine Augen auf Vishna.
„Ich habe übrigens vor ein paar Minuten etwas erfahren, wofür ich dir danken muß. Es beweist mir, daß du trotz all deines Hasses auf die Menschheit auch in deiner dunkelsten Zeit so etwas wie Menschlichkeit bewahrt hattest."
Er bemerkte die fragenden Blicke der Freunde und kam zur Sache.
„Als alle Menschen aus der Vernetzung entlassen waren, stellte sich heraus, daß die vielen Millionen Hilfsbedürftigen wie Kleinkinder, Alte und Kranke auf ihren Minierden nicht zum Dienst als Sturmreiter gezwungen wurden. Das hätten sie auch kaum überlebt. Statt dessen sind sie während der ganzen Zeit von Robotern behütet und versorgt worden, wie das auf der richtigen Erde und unter
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